»Komm, verschwinden wir lieber, bevor jemand nachsieht warum hier ein Raumschiff gelandet ist«, sagte er zu Ulv und nahm gleichzeitig das Funkgerät auf.
»Was hast du vor?« erkundigte sich Ulv, als sie durch die Straßen auf die Wüste zugingen. »Was können wir in den wenigen Stunden, die uns noch bleiben, gegen unsere Feinde ausrichten?« Er wies auf die Sonne, die sich bereits dem Horizont näherte. Brion wechselte das Funkgerät von einer Hand in die andere, bevor er antwortete.
»Am besten suchen wir zuerst den Magterturm auf, den wir vergangene Nacht überfallen haben. Vielleicht sind die Bomben dort… Oder weißt du, wo sie gelagert werden?«
Ulv schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht, aber andere wissen es unter Umständen. Wir müssen einen Magter erwischen und ihn umbringen, damit alle den Umedvirk sehen können. Dann werden sie uns alles sagen, was sie wissen.«
»Gut, dann machen wir uns gleich auf den Weg zu dem Turm. Dort finden wir entweder die Bomben oder besorgen uns einen toten Magter.« Brion sah Ulv fragend an. »Wie kommen wir am schnellsten dorthin?«
Ulv runzelte nachdenklich die Stirn. »Weißt du, wie die Wagen bedient werden, mit denen die Fremden herumgefahren sind? Ich habe einige an verschiedenen Stellen der Stadt in Lagerhäusern stehen sehen. Meine Leute wissen nicht, wie man sie in Bewegung setzt.«
»Aber ich weiß es — los, gehen wir!«
Diesmal hatten sie ausgesprochenes Glück. In dem ersten Sandwagen, den sie fanden, steckte der Zündschlüssel noch im Schloß. Auch die Akkumulatoren waren noch voll aufgeladen. Der Wagen lief wesentlich leiser als die sonst üblichen, was ein weiterer Vorteil war. Sie durchquerten die Stadt und fuhren in die Wüste hinaus. Vor ihnen ging die Sonne blutrot unter. Brions Uhr zeigte sechs. Eine weitere Stunde verstrich, bevor sie den Turm erreicht hatten.
Der Angriff war ein selbstmörderisches Unternehmen, aber Brion fühlte sich trotzdem erleichtert, weil er auf diese Weise für kurze Zeit die drohenden Bomben vergessen konnte. Sie drangen durch den Haupteingang ein, ohne auf Widerstand zu stoßen. Erst als sie bis zu den unterirdischen Lagerräumen vorgedrungen waren, wurde ihnen klar, daß der Turm leer und verlassen war.
»Alle sind fort«, stellte Ulv fest und sog die Luft in jedem Raum ein, den sie betraten. »Hier müssen viele Magter gewesen sein, aber jetzt sind sie verschwunden.«
»Geben sie oft ihre Türme auf?« fragte Brion.
»Nie. Ich glaube nicht, daß sie das schon einmal getan haben, denn ich habe noch nie davon gehört. Ich kann mir nicht vorstellen, warum sie so plötzlich geflohen sind.«
»Ich weiß einen Grund dafür«, sagte Brion. »Vielleicht haben sie ihren Turm verlassen, um etwas anderes in Sicherheit zu bringen, das für sie sehr großen Wert besitzt. Die Bomben. Wenn die Bomben wirklich hier versteckt waren, haben die Magter sie wahrscheinlich nach dem Angriff verlagert.« Er empfand plötzlich Angst. »Oder sie haben sie abtransportiert, um sie zu der Abschußrampe zu schaffen! Wir müssen so schnell wie möglich wieder hinaus.«
»Ich rieche frische Luft, die nur von draußen kommen kann«, stellte Ulv fest. »Das kann aber nicht sein, denn die Magter bauen keine Eingänge zu ebener Erde in ihren Türmen.«
»Wir haben ein Loch in die Außenwand gesprengt — vielleicht ist es das. Kannst du uns hinführen?«
Sie tasteten sich durch einige dunkle Räume und einen gewundenen Gang vorwärts, bis sie das helle Mondlicht sahen, das durch ein Loch in der Mauer fiel.
»Es sieht größer aus, als ich es in Erinnerung hatte«, meinte Brion nachdenklich. »Vielleicht haben die Magter es erweitert.« Er sah hindurch und bemerkte die Wagenspuren. »Anscheinend haben sie etwas Sperriges herausgeholt und es auf einem Wagen fortgeschafft!«
Sie rannten zu dem Sandwagen zurück. Brion wendete und beleuchtete die Spuren mit den Scheinwerfern. Anscheinend war hier ein Sandwagen gefahren, der einen Anhänger gezogen hatte. Er schaltete die Scheinwerfer aus und folgte den Spuren, die im Mondschein deutlich zu erkennen waren. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, daß sie nur noch vier Stunden Zeit hatten. Brion steuerte mit einer Hand und schaltete mit der anderen das Funkgerät ein, um sich mit Krafft in Verbindung zu setzen.
Als die Gegenstelle sich meldete, berichtete Brion von seiner Entdeckung und den Schlußfolgerungen, die er daraus gezogen hatte. »Unterrichten Sie Kommandant Krafft davon«, schloß er. »Ich habe jetzt keine Zeit, um persönlich mit ihm zu sprechen — ich folge den Spuren.« Er schaltete das Gerät ab und trat das Gaspedal des Wagens durch.
»Sie führen in die Berge«, sagte Ulv einige Zeit später, als die Spuren weiter geradeaus führten. »Dort gibt es viele Höhlen, in denen sich die Magter von Zeit zu Zeit aufhalten sollen. Das habe ich jedenfalls gehört.«
Seine Vermutung erwies sich als richtig. Etwa um neun Uhr erreichten sie die ersten Ausläufer der dunklen Gebirgsmassen, die den Horizont begrenzten und die Sterne verdeckten.
»Wir müssen hier anhalten«, warnte Ulv. »Die ersten Höhlen befinden sich nicht sehr weit von hier. Die Magter haben wahrscheinlich Posten aufgestellt, deshalb müssen wir leise und vorsichtig weitergehen.«
Brion folgte den tiefen Wagenspuren und schleppte dabei das Funkgerät mit. Ulv schlich voraus und hielt nach Wachtposten Ausschau. Er entdeckte keinen.
Um neun Uhr dreißig wurde es Brion klar, daß sie den Sandwagen zu früh verlassen hatten. Die Spuren schienen kein Ende zu haben. Sie führten an einigen Höhlen vorüber, auf die Ulv Brion aufmerksam machte, und wandten sich dann weiter durch die Hügel. Die Zeit verging rasch, aber Brion stolperte noch immer durch die Dunkelheit.
»Leise, dort vorne sind wieder Höhlen«, flüsterte Ulv.
Sie erreichten den höchsten Punkt eines Hügels, wie sie es in dieser Nacht schon oft getan hatten, und sahen auf der anderen Seite in eine flache Senke hinunter. Aber diesmal bot sich ihnen ein anderes Bild. Die Wagenspuren, die in dem schräg einfallenden Mondlicht deutlich als Schatten hervortraten, führten geradewegs durch den Sand auf einen dunklen Höhleneingang zu und verschwanden dort.
Brion warf sich zu Boden, bedeckte die Skalenbeleuchtung mit einer Hand und schaltete das Funkgerät ein. Ulv lag neben ihm und starrte in die Senke hinunter.
»Ich habe einen wichtigen Spruch für Sie«, flüsterte Brion in das Mikrophon. »Bitte, auf Band aufnehmen.« Er wiederholte diesen Anruf dreißig Sekunden lang und sah dabei auf die Uhr, weil ihm in der Aufregung jede Sekunde endlos lang erschien. Dann sprach er so deutlich wie möglich, ohne dabei seine Stimme zu erheben, und berichtete von der Entdeckung der Höhle.
»… und die Bomben sind vielleicht doch nicht hier, aber wir werden in die Höhle eindringen, um uns Klarheit zu verschaffen. Ich lasse mein kleines Funkgerät hier und schalte es ein, damit es als Funkfeuer dient, wenn Sie die Höhle suchen. Das andere Gerät nehme ich mit, weil es eine höhere Sendeleistung besitzt. Wenn wir nicht mehr zum Eingang der Höhle zurückkommen, werte ich von drinnen aus mit Ihnen Verbindung aufzunehmen versuchen. Ich bezweifle, daß Sie mich von dort aus aufnehmen können, aber ich werde es trotzdem versuchen. Ende der Sendung. Antworten Sie nicht, ich habe den Empfänger nicht eingeschaltet. Das Gerät hat keinen Anschluß für Kopfhörer — und der Lautsprecher könnte gehört werden.«
Sie beschrieben einen weiten Bogen und erreichten endlich den steilen Felsabsturz, in dem sich der Eingang zu der Höhle befand. Dann krochen sie vorsichtig im Schatten der überhängenden Felsen weiter auf das dunkle Loch zu. Nirgends war eine Bewegung sichtbar, der Eingang lag still und verlassen da. Brion warf einen Blick auf seine Armbanduhr und erschrak.
Zehn Uhr dreißig.
Die letzte Deckung war etwa fünf Meter vom Eingang der Höhle entfernt. Sie bereiteten sich darauf vor, diese letzten Meter so schnell wie möglich zurückzulegen, als Ulv Brion plötzlich ein warnendes Zeichen gab. Er wies auf seine Nase und deutete dann auf die Höhle. Anscheinend hatte er dort Magter gerochen.