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Brion wollte schon erleichtert aufseufzen, als ihm plötzlich einfiel, wie tief er sich unter der Erdoberfläche befand. Schallwellen pflanzten sich in Felsen nur langsam fort, die Druckwelle würde sich hier unten kaum bemerkbar machen, und der Explosionsblitz war bestimmt nicht zu sehen.

Ein dumpfes Grollen erschütterte die Luft. Einen Augenblick später schwankte der Boden unter ihren Füßen. Von der Decke rieselte feiner Staub herunter.

Brion wandte sich ab, weil er den anklagenden Blick in Ulvs Augen nicht ertragen konnte.

Dann erschütterte eine weitere Explosion die Höhle. Brion schlug sich die Hände vor die Augen und wartete auf das unausbleibliche Ende. Als einige Sekunden verstrichen waren, ohne daß die Höhle einstürzte und sie alle unter sich begrub, sah er wieder auf.

18

Einer der drei Techniker rannte laut schreiend davon. Ein Magter fiel über ihn her und schlug ihn brutal nieder. Daraufhin kehrten die beiden anderen mit zitternden Händen an ihre Arbeit zurück. Die Magter ließen sich von ihrem Vorhaben nicht abbringen selbst wenn oben der ganze Planet in Trümmern lag. Sie verfolgten ihren Plan weiter, weil sie weder Gefühl noch genügend Einbildungskraft besaßen, um sich von den Ereignissen beeinflussen zu lassen.

Während die Techniker arbeiteten, veränderte sich ihre Einstellung entscheidend. Wo sie vorher nur Verwirrung und Schock empfunden hatten, spürten sie jetzt einen wütenden Zorn in sich. Recht und Unrecht waren vergessen. Sie hatten den sicheren Tod vor Augen — die unsichtbaren Strahlen drangen wahrscheinlich bereits in diesem Augenblick in die Höhle ein -, aber sie konnten sich noch rächen, bevor es zu spät war. Deshalb arbeiteten sie mit überraschender Schnelligkeit und Präzision weiter, wie sie es zuvor nicht getan hatten.

»Was tun die Fremden dort?« fragte Ulv.

Brion richtete sich müde auf. Die Männer hoben eben einen Atomsprengkopf auf einen Handkarren und fuhren ihn zu dem Metallkäfig hinüber.

»Sie werden Nyjord bombardieren, wie Nyjord Dis bombardiert hat. Die Maschine dort drüben befördert die Bomben auf spezielle Weise durch den Raum bis zu einem anderen Planeten.«

»Wirst du sie daran hindern?« wollte Ulv wissen. Er hatte sein Blasrohr in der Hand. Sein Gesicht glich einer ausdruckslosen Maske.

Brion hätte fast gelacht, so eigenartig erschien ihm seine Lage. Trotz aller seiner Bemühungen hatten die Nyjorder die Wasserstoffbomben auf Dis abgeworfen. Wenn er wollte, konnte er verhindern, daß die Kobaltbomben Nyjord erreichten. Sollte er es tun? Sollte er das Leben seiner Mörder retten? Oder war es nur Gefühlsduselei, wenn er jetzt nicht nach dem alten Grundsatz Auge um Auge, Zahn um Zahn handelte? Das war bestimmt der bequemste Ausweg. Er brauchte nur schweigend zuzusehen, wie die Rechnung beglichen wurde, wie der Mord an den Disanern und sein eigener Tod gerächt wurden.

Hielt Ulv sein Blasrohr bereit, um Brion zu töten, falls er einzuschreiten versuchte? Oder konnte es sein, daß Brion den Disaner völlig mißverstanden hatte?

»Willst du sie daran hindern, Ulv?« fragte er.

Empfand dieser primitive Eingeborene tatsächlich eine Verpflichtung der Menschheit gegenüber, die er über sein eigenes Leben zu stellen bereit war? Die Steinzeitmenschen hatten sich nur für ihre Familie verantwortlich gefühlt. Später kämpften und starben die Menschen für Städte, Länder und schließlich sogar für ganze Planeten. Wann würde endlich der Zeitpunkt kommen, an dem die Menschen einsahen, daß sie einer größeren Einheit verpflichtet waren — der Menschheit? Und später vielleicht allem Leben…

Brion stellte sich selbst diese Frage und faßte seinen Entschluß. Dann zog er die Pistole und beobachtete dabei Ulv, um zu sehen, wie der Disaner darauf reagieren würde.

»Nyjord ist Medvirk«, sagte Ulv, hob sein Blasrohr und sandte einen tödlichen Pfeil in die Höhle. Er traf einen der Techniker. Der Mann schrie leise auf und fiel in sich zusammen.

Brions Schüsse krachten in den Generator und die Kontrollinstrumente Bläuliche Funken sprühten, als ein Kurzschluß die Geräte außer Betrieb setzte. Die Gefahr für Nyjord war endgültig beseitigt.

Medvirk, hatte Ulv gesagt. Eine Lebensform, die mit anderen Lebensformen zusammenarbeitete, so daß beide aus diesem Verhältnis gewisse Vorteile ziehen. Sie tötete vielleicht aus Notwehr, war aber im Prinzip kein Mörder. Ulv war von dieser Tatsache überzeugt, wobei ihm seine lange Erfahrung mit allen Arten des Zusammenlebens zu Hilfe kam. Deshalb ließ er sich nicht von den vorhergegangenen Ereignissen beeinflussen, sondern blieb seiner Überzeugung treu. Er hatte Magter getötet, obwohl sie Disaner waren, weil sie Umedvirk waren — lebensfeindlich. Und er hatte seine Feinde gerettet, weil sie Medvirk waren.

Gleichzeitig mit dieser Überlegung kam es Brion zu Bewußtsein, daß der Planet und die Menschen, die zu dieser Erkenntnis fähig waren, mit einem Schlag vernichtet worden waren.

Die Magter sahen, daß ihre Pläne durchkreuzt worden waren, und stürzten in die Richtung, aus der die Schüsse gekommen waren.

Brion und Ulv wehrten sich. Brion wußte zwar, daß er auf jeden Fall sterben mußte, wollte sich aber nicht von den Magter abschlachten lassen. Für Ulv war die Entscheidung leichter. Er tötete einfach Umedvirk. Da er an das Leben glaubte, vernichtete er alle Wesen, die lebensfeindlich eingestellt waren.

Sie zogen sich langsam in die Dunkelheit zurück. Die mit Ionengewehren bewaffneten Magter trugen starke Handscheinwerfer, die ihnen die Suche erleichterten. Da sie die Höhlen zudem besser als die beiden Flüchtlinge kannten, hatten sie die beiden Männer bald eingekreist. Brion sah die Lichter vor ihnen aufblitzen und hielt Ulv am Arm fest.

»Die Magter kennen hier jeden Quadratmeter, während wir keine Ahnung haben«, stellte er nüchtern fest. »Wenn wir weiterlaufen, haben wir keine Chance. Wir müssen eine Stelle finden, wo wir uns nach allen Seiten verteidigen können.«

»Dort drüben…« Ulv zog Brion in die angedeutete Richtung. »Dort drüben ist eine Höhle, die nur einen sehr engen Eingang hat.«

»Los, mehr brauchen wir nicht!«

Sie zogen sich geräuschlos in die Höhle zurück und erreichten sie unbeobachtet. Ihre eigenen Schritte gingen in dem Geräusch unter, das durch zahlreiche andere Füße verursacht wurde, während die Magter nach den Geflohenen suchten. Im Innern der Höhle fanden sie hinter einem Felsvorsprung Deckung und warteten dort. Das Ende war vorherzusehen.

Der Magter stürzte in die Höhle hinein und leuchtete mit seinem Handscheinwerfer darin umher. Der Lichtstrahl huschte über die beiden Männer hinweg, und Brion schoß im gleichen Augenblick. Der Magter sank in sich zusammen, aber der Schuß hallte laut von den Wänden wider — die übrigen Verfolger mußten ihn gehört haben.

Bevor der nächste Magter auftauchte, rannte Brion zu dem Toten hinüber und hob die starke Lampe auf. Er stellte sie so auf einen Felsbrocken, daß der Eingang beleuchtet wurde. Dann ging er wieder neben Ulv in Deckung. Sie warteten auf den Angriff.

Sie brauchten nicht lange zu warten. Zwei Magter drangen in die Höhle ein und starben. Brion wußte, daß draußen noch mehrere lauerten, und fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis sie sich an die Handgranaten erinnerten und eine in die Höhle warfen.

Dann erklangen einige dumpfe Detonationen. Brion und Ulv duckten sich hinter den Felsvorsprung und überlegten, warum der Angriff nicht kam. Sekunden später tauchte ein weiterer Magter auf, aber Brion zögerte und schoß vor Überraschung nicht.

Der Mann war rückwärts hereingekommen und hatte nach draußen geschossen.

Ulv empfand keine Gewissensbisse, aber seine Pfeile waren zu leicht, um die dicke Bekleidung des Magters zu durchdringen. Als der andere sich umdrehte, traf ihn der zweite Pfeil am Handrücken. Der Magter brach zusammen.