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Angenommen, das Schiff der Outsider wäre nicht zufällig über den Ramrobot der United Nations gestolpert? Angenommen, die Kontrolle des Bevölkerungswachstums hätte nicht funktioniert? Bei einer Trillion menschlicher Wesen, Schulter an Schulter, und den Ramjets als schnellstem verfügbarem Antrieb — wie lange wären wir mit Kernfusion hingekommen? In hundert Jahren hätten wir sämtlichen Wasserstoff verbraucht, der in den Weltmeeren gespeichert ist.

Aber eine Dyson-Sphäre kann mehr als nur Sonnenlicht auffangen.

Angenommen, man baut eine Schale mit einem Radius von einer astronomischen Einheit. Man müßte natürlich sämtliche Körper im Sonnensystem entfernen, also benutzt man die Planeten als Baumaterial. Es würde reichen, um eine Kugelschale aus Chromstahl herzustellen, die, sagen wir, ein paar Meter dick ist. Dann stellt man überall auf der Schale Schwerkraftgeneratoren auf. Man erhält einen Lebensraum, der eine Milliarde Mal größer ist als die Oberfläche der Erde. Eine Billion Menschen könnten ihr ganzes Leben lang darauf umherwandern, ohne daß jemals zwei sich treffen.«

Teela kam endlich zu Wort. »Du willst Schwerkraftgeneratoren einsetzen, um alles auf dem Boden zu halten?«

»Ja. Auf der Innenseite. Wir bedecken die Innenseite mit Erde…«

»Was, wenn einer der Generatoren versagt?«

»Schlimm, schlimm, schlimm. Nun, eine Milliarde Leute würden auf die Sonne zutreiben. Und sämtliche Luft hinterher. Ein Tornado, so groß wie die Erde. Kein Gebet würde eine Rettungsmannschaft zu dem defekten Generator durchbringen — nicht bei einem derartigen Sturm…«

»Das gefällt mir nicht!« sagte Teela entschieden.

»Nicht so hastig. Sicher gibt es Mittel und Wege, einen Schwerkraftgenerator narrensicher zu bauen…«

»Das meine ich nicht. Man könnte die Sterne nicht sehen.«

Daran hatte Louis noch gar nicht gedacht. »Na ja, egal. Der Punkt bei den Dyson-Sphären ist, daß jede intelligente, industrialisierte Spezies irgendwann eine benötigt. Technologische Zivilisationen besitzen die Tendenz, im Lauf ihrer Entwicklung mehr und mehr Energie zu verbrauchen. Der Ring ist ein Kompromiß zwischen einem normalen Planeten und einer Dyson-Sphäre. Mit einem Ring erhält man nur einen Bruchteil des möglichen Raumes und fängt auch nur einen Bruchteil der Sonnenenergie ein. Aber man kann die Sterne sehen und braucht sich keine Gedanken um die Schwerkrafterzeugung zu machen.«

Im Kontrollraum stieß Der-zu-den-Tieren-spricht einen unverständlichen Fluch aus. Teela kicherte.

»Falls die Puppenspieler in den gleichen Bahnen gedacht haben wie Dyson«, fuhr Louis fort, »dann kann es durchaus sein, daß sie erwarten, die Magellanschen Wolken mit Ringwelten vollgestopft vorzufinden. Von einem Rand zum andern.«

»Und das ist der Grund, aus dem wir dabei sind.«

»Ich hasse es, die Hintergedanken eines Puppenspielers erraten zu müssen. Aber wenn ich wetten müßte, dann würde ich genau darauf setzen.«

»Kein Wunder, daß du die ganze Zeit in der Bibliothek verbracht hast.«

»Unverschämt!« fauchte der Kzin. »Beleidigend! Sie ignorieren uns! Sie zeigen uns die kalte Schulter und fordern einen Angriff geradezu heraus!«

»Unwahrscheinlich«, widersprach Nessus. »Wenn Sie keine Funksignale auffangen, dann verwenden sie eben keinen Funk. Selbst wenn sie routinemäßig Radiolaser einsetzten, müßten wir etwas auffangen.«

»Sie verwenden keine Laser, sie verwenden keinen Funk, sie verwenden keine Hyperwellen. Was verwenden sie dann für ihre Kommunikation? Telepathie? Briefpost? Große Spiegel?«

»Papageien«, schlug Louis vor. Er stand auf und stellte sich in den Eingang des Kontrollraums. »Riesige Papageien, speziell gezüchtet auf überdimensionale Lungen. Sie sind zu groß zum Fliegen. Sie sitzen einfach auf den Bergspitzen herum und kreischen sich gegenseitig zu.«

Der-zu-den-Tieren-spricht wandte sich um und blickte Louis in die Augen. »Seit vier Stunden versuche ich jetzt, mit der Ringwelt Kontakt aufzunehmen. Seit vier Stunden ignorieren mich die Bewohner einfach! Ihre Verachtung kann gar nicht größer sein! Nicht ein einziges Wort haben sie mir geschenkt. Meine Muskeln zittern aus Mangel an Training! Mein Fell ist matt, meine Sicht ist verschwommen, meine stondhat-begotten Kabine ist viel zu klein für mich, mein Mikrowellenofen erhitzt sämtliche Nahrung auf die gleiche Temperatur, und es ist die falsche Temperatur, und ich kann ihn nicht reparieren. Louis, ohne Ihre Hilfe und Ihre Vorträge würde ich glatt verzweifeln!«

»Kann es sein, daß ihre Zivilisation untergegangen ist?« sinnierte Nessus nachdenklich. »Es wäre zu dumm, wenn man es genau betrachtet.«

»Vielleicht sind sie tot«, erwiderte der Kzin böse. »Das wäre ebenfalls dumm. Uns zu ignorieren ist dumm. Lassen Sie uns landen und es herausfinden.«

Nessus stieß einen schrillen panischen Pfiff aus. »Auf einer Welt landen, deren Urbevölkerung ausgerottet ist? Sind Sie wahnsinnig?«

»Wie sonst sollen wir mehr erfahren?«

»Er hat recht«, mischte sich Teela ein. »Wir sind nicht den weiten Weg hierher gekommen, um uns einfach nur im Kreis zu drehen!«

»Ich verbiete es! Sprecher-zu-den-Tieren, setzen Sie Ihre Bemühungen fort, mit der Ringwelt Kontakt aufzunehmen!«

»Ich habe derartige Bemühungen abgeschlossen.«

»Dann fangen Sie noch einmal von vorne an!«

»Das werde ich nicht!«

Louis trat dazwischen. Der Amateurdiplomat. »Ruhig Blut, mein haariger Sportsfreund. Nessus, er hat recht. Die Ringweltler haben uns nichts mitzuteilen. Ansonsten wüßten wir es inzwischen.«

»Was sollen wir denn tun, außer es weiter versuchen?«

»Wir machen weiter wie geplant. Wir lassen den Ringweltlern Zeit, sich ein Bild von uns zu machen.«

Widerstrebend gab der Puppenspieler nach.

Sie trieben auf die Ringwelt zu.

Der-zu-den-Tieren-spricht hatte die Lying Bastard auf einen Kurs gebracht, der sie außen an der Ringwelt vorbei führte: ein Zugeständnis an Nessus. Der Puppenspieler befürchtete, die hypothetischen Ringweltler könnten es als Bedrohung auffassen, wenn der Kurs des Schiffes durch den Ring hindurchging. Außerdem meinte er, Fusionsantriebe, die so stark waren wie die der Lying Bastard, würden aussehen wie Waffen. Somit schob sich die Liar allein mit ihren Thrustern vorwärts.

Mit dem bloßen Auge war die Größe nicht abzuschätzen. Es vergingen Stunden, bis der Ring seine Lage zu verändern schien. Viel zu langsam. Wegen der künstlichen Kabinenschwerkraft spürte das Innenohr keinerlei Bewegung. Die Zeit verstrich zäh, und Louis war zum ersten Mal seit ihrem Aufbruch von der Erde soweit, daß er am liebsten auf den Fingernägeln gekaut hätte.

Schließlich war das Schiff auf gleicher Höhe mit dem Ring. Derzu-den-Tieren-spricht setzte die Thruster ein und bremste die Liar auf einen Orbit um die Sonne. Dann ließ er das Schiff auf den Rand zutreiben.

Jetzt herrschte Bewegung.

Der Rand der Ringwelt wuchs von einer schmalen Linie, die nur wenige Sterne verdeckte, zu einer schwarzen Mauer. Einer Mauer, die tausend Meilen hoch war und glatt, obwohl Einzelheiten allein aufgrund der höllischen Geschwindigkeit nicht auszumachen gewesen wären. In einer Entfernung von fünfhundert Meilen versperrte sie neunzig Grad des Horizonts, während sie mit höllischen 770 Meilen pro Sekunde an der Lying Bastard vorbeiraste. Die Enden konvergierten zu Fluchtpunkten, die in der Unendlichkeit verschwanden, und an jedem der beiden Fluchtpunkte schoß ein schmales hellblaues Band steil in den Raum hinauf.

Die Fluchtpunkte wirkten wie Übergänge in ein anderes Universum, ein Universum von wahrhaft geometrischer Ordnung mit geraden Linien und rechten Winkeln und anderen Abstraktionen. Louis starrte fasziniert auf einen der Fluchtpunkte. War er der Anfang oder das Ende? Entsprang die schwarze Mauer dort oder versank sie wieder?