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Dann waren sie drin.

Sie flogen durch einen schwarzen Korridor, der von Blitzen erhellt wurde. Die Blitze zuckten kontinuierlich, ohne Pause, vor und hinter ihnen und auf allen Seiten. Rings um die kleine Gruppe herum war die Luft ruhig. Dahinter, außerhalb der Iris, wirbelten dunkle, undurchdringliche Wolken mit Geschwindigkeiten, die größer waren als die jedes irdischen Hurrikans.

»Der Blätteresser hatte recht«, hörte Louis den Kzin brüllen. »Es ist nur ein Sturm, weiter nichts.«

»Eigenartig, nicht wahr? Er war der einzige von uns Vieren, der nicht in Panik ausbrach, als er das Auge entdeckte. Ich schätze, Puppenspieler sind nicht abergläubisch«, schrie Louis Wu zurück.

»Ich kann etwas sehen, ein Stück weit voraus!« rief Teela.

Eine Senke in der Wand des Tunnels. Louis grinste angespannt und ließ die Hände leicht auf den Kontrollen. Möglicherweise herrschte über der Senke ein starker Abwind oder Sog.

Er war nicht mehr so mißtrauisch, so aufgeregt wie zu dem Zeitpunkt, als sie in das Auge eingeflogen waren. Was konnte geschehen, wo selbst ein Puppenspieler Sicherheit wähnte?

Wolken und Blitze wirbelten ringsum, während sie sich der Senke näherten.

Sie verlangsamten ihren Flug und schwebten über der Senke. Die Maschinen kämpften gegen Abwinde. Durch das dumpfe Wimmern der Schallfalten hindurch kreischte der Sturm in ihren Ohren.

Es war, als würden sie in einen Trichter blicken. Offensichtlich verschwand dort unten Luft. Wurde sie mit hoher Geschwindigkeit abgepumpt, oder verschwand sie durch ein Loch im Boden der Ringwelt zwischen den Sternen? Es war nicht viel zu sehen…

Louis bemerkte nicht, daß Teela ihr Flugrad tiefer steuerte. Sie war zu weit entfernt, das flackernde Licht der Blitze zu irritierend, und Louis starrte in den Trichter. Plötzlich erkannte er einen winzigen Punkt, der nach unten gerissen wurde. Er dachte sich nichts dabei.

Dann, abgeschwächt durch das Heulen des Sturms, hörte er Teelas Schrei.

Ihr Gesicht war deutlich auf der Interkomkonsole zu sehen. Sie blickte nach unten, und sie schien schreckliche Angst zu haben.

»Was ist los?« bellte Louis.

Ihre Antwort war kaum zu verstehen. »… hat mich gepackt!«

Louis sah nach unten.

Zwischen den wirbelnden konischen Wänden war der Trichter klar. Er war merkwürdig gleichmäßig erhellt, nicht durch Blitze, sondern durch Kathodenstrahleffekte, die durch Potentialdifferenzen in einem beinahe vollständigen Vakuum zustande kamen. Louis sah einen Sprenkel dort unten, den er nicht identifizieren konnte, irgend etwas, das möglicherweise ein Flugrad sein konnte — wenn irgend jemand dumm genug war, sein Flugrad in einen Malstrom zu steuern, nur um durch ein winziges Loch am Boden einen besseren Blick hinaus in den Weltraum zu haben.

Louis wurde ganz schlecht. Es gab nichts, das er tun konnte, überhaupt nichts… Er wandte den Blick ab… und sah Teelas Kopf über seiner Instrumentenkonsole. Sie blickte in etwas Furchtbares hinunter…

Blut strömte ihr aus beiden Nasenlöchern.

Louis sah, wie das Entsetzen aus ihrem Gesicht wich, um einer weißen, leichenähnlichen Gelassenheit Platz zu machen. Sie war kurz davor, das Bewußtsein zu verlieren.

Sauerstoffmangel?

Die Schallfalte würde die Luft gegen den Sog des Vakuums festhalten, doch sie mußte zuerst entsprechend eingestellt werden.

Halb bewußtlos sah Teela zu Louis Wu hinauf. Unternimm etwas, bettelte ihr Blick. Hilf mir.

Ihr Kopf fiel vornüber auf die Konsole.

Louis’ Zähne hatten sich tief in seine Unterlippe gegraben. Er schmeckte das Blut. Er sah in den Trichter aus wirbelnden, neonfarben erleuchteten Wolken, und ihm wurde schwindlig wie beim Blick in den Wasserwirbel eines Badewannenabflusses. Er entdeckte den winzigen Punkt, der Teelas Flugrad sein mußte…

… und sah, wie er einen Satz nach vorn machte, direkt in die Wand aus wirbelnden Wolken hinein.

Sekunden später sah er voraus einen Kondensstreifen auftauchen, weit voraus im horizontalen Auge des Hurrikans. Ein winzig schmaler weißer Streifen mit einer scharfen Spitze. Irgendwie zweifelte Louis nicht eine Sekunde daran, daß es Teelas Flugrad war.

»Was ist passiert?« rief Der-zu-den-Tieren-spricht über Interkom.

Louis schüttelte den Kopf. Er konnte nicht antworten. Er fühlte sich ganz taub. Sein Verstand war kurzgeschlossen, und seine Gedanken bewegten sich unablässig im Kreis, wieder und wieder.

Teelas Gesicht im Interkom lag noch immer auf der Konsole. Louis sah kaum mehr als ihr Haar. Sie saß bewußtlos auf einem unkontrollierten Flugrad, das sich mit mehr als zweifacher Schallgeschwindigkeit entfernte. Irgend jemand mußte wirklich etwas unternehmen…

»Sie stand im Begriff zu sterben, Louis! Kann es sein, daß Nessus einen Mechanismus aktiviert hat, von dem wir nichts wissen?«

»Nein. Ich glaube eher, daß… nein.«

»Ich glaube, genau das ist passiert«, beharrte Der-zu-den-Tierenspricht.

»Sie haben doch gesehen, was passiert ist! Sie wurde ohnmächtig, und ihr Kopf krachte auf die Instrumentenkonsole. Im gleichen Augenblick schoß ihr Flugrad aus dem Trichter, als wäre der Teufel hinter ihr her! Sie hat mit der Stirn die richtigen Kontrollen berührt!«

»Unsinn.«

»Wenn Sie meinen.« Louis wollte schlafen, nicht mehr denken…

»Überlegen Sie doch, wie unwahrscheinlich das ist, Louis!« Endlich begriff der Kzin. Sein Mund blieb offen, während er über seine eigenen Worte nachdachte. Er kam zu einem Urteil. »Nein. Unmöglich.«

»Wie Sie meinen.«

»Sie wäre niemals mit uns gekommen. Wenn ihr Glück auch nur ein ganz klein wenig verläßlich wäre, hätte Nessus sie niemals gefunden! Sie wäre zu Hause auf der Erde geblieben.«

Blitze zuckten und erleuchteten den langen, langen Tunnel aus wirbelnden Sturmwolken. Eine schmale schnurgerade Linie zeigte genau geradeaus: Der Kondensstreifen von Teelas Flugrad. Das Rad selbst war längst außer Sichtweite.

»Louis, wir wären niemals auf die Ringwelt abgestürzt!«

»Darüber denke ich immer noch nach.«

»Vielleicht sollten Sie lieber darüber nachdenken, wie wir Teela retten können.«

Louis nickte. Ohne irgendein Gefühl von Dringlichkeit drückte er den Rufknopf für Nessus — eine Sache, die Der-zu-den-Tierenspricht niemals getan hätte.

Der Puppenspieler antwortete augenblicklich, als hätte er nur auf ein Zeichen gewartet. Louis war überrascht festzustellen, daß der Kzin in der Leitung blieb. Rasch erzählte Louis dem Puppenspieler, was sich zugetragen hatte.

»Es scheint, daß wir uns beide in Teela geirrt haben«, sagte Nessus schließlich.

»Wie Sie meinen.«

»Sie flog mit äußerster Kraft. Ich wüßte nicht, wie sie das allein mit ihrer Stirn hätte bewerkstelligen können. Sie mußte zuerst die Sicherung überbrücken. Keine Chance, so etwas zufällig zu schaffen.«

»Wo ist die Sicherung?« Der Puppenspieler zeigte es ihm. Louis sagte: »Möglicherweise hat sie aus reiner Neugier den Finger hineingesteckt.«

»Wirklich?«

Der-zu-den-Tieren-spricht kam Louis’ Antwort zuvor. »Was können wir tun?«

»Sie soll sich bei mir melden, sobald sie wieder aufwacht«, sagte Nessus steif. »Ich werde ihr zeigen, wie sie auf normalen Schub zurückschaltet und wie sie uns finden kann.«

»Und bis dahin können wir nichts unternehmen?«

»Ganz genau. Es besteht die Gefahr, daß das Antriebssystem teilweise zerstört wird. Allerdings wird sie nicht abstürzen, und ihre Maschine wird Hindernissen automatisch ausweichen. Sie fliegt uns mit ungefähr Mach Vier davon. Die größte Gefahr, die ihr im Augenblick droht, ist Sauerstoffmangel, was zu Gehirnschäden führen kann. Allerdings vermute ich, daß sie auch davor sicher ist.«