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Zur Linken und Rechten zog sich Meile um Meile geschwungener Küste dahin. Ein Stück Strand, dann eine Reihe Docks, erneut ein Stück Strand… Das Muster schien in die Küste gehauen zu sein, flacher Sandstrand wie in Waikiki, dann tiefes Wasser mit einer Steilküste, perfekt für einen Hafen geeignet, und wieder flacher Sandstrand.

Dahinter der Ozean. Er schien nicht aufhören zu wollen, bis er am unendlichen Horizont im Dunst verblaßte. Versuchen Sie, über den Atlantik zu blicken…

Wie ein Vorhang zog die Dämmerung heran, von rechts nach links. Die noch funktionierenden Lichter der Stadt wurden heller, während Docks und Strände und Ozean in Dunkelheit versanken. Antispinwärts leuchtete noch immer goldener Tag.

Der-zu-den-Tieren-spricht hatte sich in das ovale Bett der Zelle gelegt.

Louis lächelte. Er sah so friedlich aus, der furchterregende Kzintikrieger. Kurierte er im Schlaf seine Verletzungen? Die Verbrennungen mußten ihn sehr geschwächt haben. Oder versuchte er, durch Schlafen seinen nagenden Hunger zu vergessen?

Louis ließ ihn schlafen.

In der Beinahe-Dunkelheit des Gefängnisses suchte er nach Nessus Flugrad. Sein Hunger war so übermächtig geworden, daß er einen Nahrungsriegel herunterwürgte, der für die Kehle eines Puppenspielers gemacht war, und den merkwürdigen Geschmack ignorierte. Die Finsternis machte ihm zu schaffen, und so schaltete er die Scheinwerfer am Flugrad des Puppenspielers ein. Anschließend rannte er zu den anderen Maschinen und schaltete auch dort das Licht ein. Als er fertig war, war es ziemlich hell, und die Schatten waren kompliziert und fremdartig.

Was hielt Nessus so lange auf?

Es gab nicht viel Abwechslung in dem alten schwebenden Gefängnis. Man konnte nur eine gewisse Zeit schlafen, und Louis hatte sein Quantum ausgeschöpft. Man konnte nicht unendlich lang darüber nachdenken, was der Puppenspieler dort oben so lange machte, bevor einen das Gefühl beschlich, daß er einen gerade verkaufte.

Schließlich war Nessus nicht nur ein Alien. Er war ein PiersonPuppenspieler mit einer meilenlangen Akte, wie er die Menschheit zu seinem eigenen Vorteil manipuliert hatte. Falls er ein Übereinkommen mit einer (wahrscheinlichen) Angehörigen der Rasse der Ringweltkonstrukteure treffen konnte, würde er Louis und Der-zuden-Tieren-spricht im gleichen Augenblick fallenlassen, ohne jedes Zögern. Ein Puppenspieler hatte überhaupt keinen Grund, anders zu handeln.

Und es gab mindestens zwei gute Gründe, genau so zu handeln.

Der-zu-den-Tieren-spricht würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen letzten, verzweifelten Versuch unternehmen, Louis Wu die Long Shot vorzuenthalten und den Quantum II Hyperraumantrieb seiner eigenen Rasse zu reservieren. Ein Puppenspieler könnte in der daraus entbrennenden Schlacht verwundet werden. Es war sicherer, Der-zu-den-Tieren-spricht jetzt zu verlassen — und Louis gleich mit, weil er einen derartigen Betrug nicht dulden würde.

Außerdem — sie wußten zuviel. Nach Teelas Tod wußten nur noch Louis und Der-zu-den-Tieren-spricht von den Experimenten der Puppenspieler, die Evolution beider Rassen zu steuern. Die Sternsäerlockvögel, die Fortpflanzungsgesetze — falls man Nessus den Befehl erteilt hatte, diese Geheimnisse zu enthüllen, um die Reaktionen seiner Besatzung zu testen, dann hatte er wahrscheinlich auch den Befehl erhalten, sie irgendwann während der Reise auszusetzen.

Es waren nicht eben neue Gedanken. Louis hatte mit einer derartigen Reaktion gerechnet, seit Nessus zugegeben hatte, daß die Puppenspieler ein Outsiderschiff mit Hilfe eines Sternsäerlockvogels nach Procyon gelockt hatten. Louis’ Paranoia war also in gewisser Hinsicht begründet. Aber es gab tanj noch mal überhaupt nichts, das er dagegen hätte tun können.

Um sich abzulenken, brach Louis in eine weitere Zelle ein. Er fokussierte seinen Flashlaser und stellte ihn auf hohe Energie, und dann bestrich er alles mit dem Strahl, was nach Schloß aussah. Beim vierten Versuch glitt die Falltür nach oben.

Ein schrecklicher Gestank schlug Louis entgegen. Louis hielt den Atem an und steckte den Kopf und die vorgehaltene Waffe eben lange genug in die Zelle, um die Ursache herauszufinden. Irgend jemand war hier drin gestorben, nachdem die Belüftung ausgesetzt hatte. Der Leichnam saß mit dem Rücken an das Panoramafenster gelehnt und hielt einen schweren Krug in der Hand. Der Krug war zerbrochen. Das Fenster war intakt.

Die nächste Zelle war leer. Louis nahm sie in Besitz.

Er hatte den Trichter umrundet, weil er eine Zelle mit Ausblick nach Steuerbord wollte. Direkt vor sich sah er den rollenden Hurrikan des Sturmauges. Seine Größe war beträchtlich, wenn man bedachte, daß er bereits zweitausendfünfhundert Meilen hinter ihnen lag. Ein riesiges, brütendes blaues Auge.

Spinwärts ruhte ein großes, schmales Schwebebauwerk, so groß wie ein Passagierraumer. Louis stellte sich vor, es wäre tatsächlich ein Raumschiff, das hier sein Versteck hatte. Um die Ringwelt wieder zu verlassen, müßten sie lediglich…

Es war müßig.

Louis prägte sich den Grundriß der Stadt ein. Es konnte wichtig werden. Es war der erste Ort, an dem sie einen Hinweis auf eine noch aktive Hochzivilisation gefunden hatten. Vielleicht eine Stunde später legte Louis eine Pause ein. Er saß auf der schmutzigen ovalen Pritsche, starrte auf das ferne Sturmauge und… Dahinter, ein gutes Stück zur Seite, entdeckte er ein kleines, graubraun schimmerndes Dreieck.

»Hmmm«, sagte Louis leise. Das Dreieck war gerade groß genug, um als solches erkennbar zu sein. Es stand mitten im grau-weißen Chaos am unendlichen Horizont. Was bedeutete, daß dort Tag herrschte — obwohl Louis direkt nach Steuerbord blickte…

Louis ging, um sein Fernglas zu holen.

Damit wurden alle Einzelheiten so klar und deutlich wie die Mondkrater von der Erde aus. Ein unregelmäßiges Dreieck, rotbraun in der Nähe der Basis, hell wie von schmutzigem Schnee am Gipfel… die Faust Gottes. Ein gutes Stück größer, als Louis zuerst gedacht hatte. Um auf eine derartige Entfernung hin sichtbar zu sein, mußte der größte Teil des Berges über die Atmosphäre ragen.

Die Flugradflottille hatte vom Absturzort bis hierher schätzungsweise 150.000 Meilen zurückgelegt. Die Faust Gottes mußte wenigstens tausend Meilen hoch sein!

Louis pfiff leise. Und hob das Fernglas erneut an die Augen.

Louis saß in der Beinahe-Dunkelheit und wurde sich allmählich der Geräusche bewußt, die von oben her zu ihm drangen.

Er steckte den Kopf aus der Zellentür.

»Willkommen, Louis!« brüllte Der-zu-den-Tieren-spricht. Er winkte ihm mit einem rohen, halb aufgefressenen Kadaver von etwas Ziegengroßem zu. Dann riß er einen Bissen von der Größe eines Chateaubriands heraus, dann noch einen, und noch einen. Seine Zähne waren zum Reißen gemacht, nicht zum Kauen.

Er strecke die Hand aus und hielt Louis ein blutiges Hinterbein mitsamt Haut und Huf entgegen. »Das habe ich für Sie aufgehoben, Louis! Es ist schon ein paar Stunden tot, aber das ist egal. Wir sollten uns beeilen. Der Blätteresser zieht es vor, uns nicht beim Essen zuzusehen. Er genießt die Aussicht aus meiner Zelle.«

»Warten Sie nur, bis er die aus meiner gesehen hat«, entgegnete Louis. »Wir haben uns in der Faust Gottes gewaltig getäuscht. Sie ist wenigstens tausend Meilen hoch. Der Gipfel ist nicht von Schnee bedeckt, sondern…«

»Louis! Essen Sie erst einmal!«

Louis bemerkte, wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief. »Es muß doch eine Möglichkeit geben, das Ding zu garen…«

Es gab eine. Er brachte den Kzin dazu, die Haut für ihn abzuziehen, dann klemmte er den Huf in eine zerbrochene Treppenstufe, trat einen Schritt zurück und grillte das Fleisch mit dem Flashlaser auf hoher Intensität und mit weitem Fokus.