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»Menschen!« beschwerte Louis sich bei dem Puppenspieler. »Mitten im Herzen einer leeren Stadt, meilenweit von ihren Feldern entfernt! Das ist ein ganzer Tagesmarsch! Was suchen sie hier?«

»Sie verehren die Göttin Halrloprillalar. Sie sorgen dafür, daß Prill zu essen hat.«

»Ah. Opfergaben.«

»Selbstverständlich. Außerdem — macht es denn einen Unterschied, Louis?«

»Sie hätten getroffen werden können.«

»Vielleicht wurden einige sogar getroffen.«

»Ich dachte, ich hätte Teela dort unten gesehen. Nur für einen Augenblick.«

»Unsinn, Louis. Sollen wir unseren Antrieb testen?«

Das Flugrad des Puppenspielers war unter einem durchsichtigen, gelatinösen Hügel aus Kunststoff begraben. Nessus stand neben der freiliegenden Instrumentenkonsole.

Durch das große Fenster hatten sie einen phantastischen Ausblick auf die Stadt: die Docks, die Türme des Stadtzentrums, der sich ausbreitende Dschungel, der wahrscheinlich einst ein Park gewesen war — und all das mehrere tausend Fuß unter ihnen.

Louis hatte einen Gedanken: Der heroische Kommandant steht auf der Brücke, ein Vorbild für die gesamte Mannschaft. Die beschädigten Raketenantriebe können beim ersten Schub explodieren, doch es bleibt keine andere Möglichkeit. Die Schlachtschiffe der Kzinti müssen aufgehalten werden, bevor sie zur Erde durchbrechen können!

»Es wird niemals funktionieren«, sagte Louis Wu.

»Und warum nicht, Louis? Die Belastungen überschreiten auf keinen Fall die…«

»Ein fliegendes Schloß, Nessus! Um Finagles willen, mir ist gerade erst aufgegangen, wie verrückt das ganze ist! Wir scheinen den Verstand verloren zu haben! In der oberen Hälfte eines ehemaligen schwebenden Gefängnisses nach Hause zu zockeln…!« In diesem Augenblick setzte sich der Schwebebau in Bewegung, und Louis stolperte. Nessus hatte die Thruster gestartet.

Die Stadt zog unter ihnen vorbei. Immer schneller. Das Gefühl von Beschleunigung verging. Die Beschleunigung war zu keiner Zeit höher als einen Fuß pro Sekundenquadrat gewesen. Die Höchstgeschwindigkeit betrug vielleicht hundert Meilen pro Stunde. Das Gefängnis schwankte keinen Millimeter.

»Wir haben das Flugrad richtig zentriert«, sagte Nessus. »Der Boden ist waagerecht, wie Sie bemerkt haben werden, und das Bauwerk zeigt keinerlei Tendenz zu rotieren.«

»Es ist trotzdem verrückt.«

»Nichts ist verrückt, das funktioniert. Und jetzt verraten Sie mir, welche Richtung wir einschlagen sollen.«

Louis schwieg.

»Wohin sollen wir fliegen, Louis? Sie haben den Plan, nicht der Sprecher-zu-den-Tieren oder ich. Also, welche Richtung?«

»Steuerbord.«

»Sehr schön. Direkt nach Steuerbord?«

»Direkt nach Steuerbord. Wir müssen das Sturmauge umfliegen. Danach drehen wir um fünfundvierzig Grad nach Antispin.«

»Suchen Sie vielleicht die Stadt mit dem Schwebebau namens Himmel?«

»Genau. Können wir sie wiederfinden?«

»Das sollte kein Problem sein, Louis. Drei Stunden Flugzeit brachten uns her; wir sollten in dreißig Stunden wieder dort sein. Was kommt dann, Louis?«

»Das hängt davon ab.«

Das Bild war so lebendig. Es war reine Schlußfolgerung und Vorstellungskraft, und doch — so lebendig. Louis Wu tendierte zu Tagträumen in Farbe und 3D.

So lebendig. Aber war es tatsächlich real?

Erschreckend, wie schnell sein Vertrauen in das fliegende Gefängnis geschwunden war. Und doch bewegte sich der Schwebebau jetzt mit hundert Meilen in der Stunde voran. Louis Wu hatte nur die Idee geliefert. Mehr war nicht nötig gewesen.

»Der Blätteresser scheint zufrieden, daß Sie uns jetzt führen«, sagte Der-zu-den-Tieren-spricht.

Ein paar Fuß entfernt summten die Thruster des Flugrads leise vor sich hin. Draußen vor dem Fenster zog die Landschaft vorüber. Das Sturmauge lag weit entfernt an der Seite und starrte sie mit grauem Blick entmutigend an.

»Der Blätteresser hat den Verstand verloren«, sagte Louis Wu. »Ich hoffe, Sie sind vernünftiger.«

»Keine Spur. Wenn Sie einen Plan haben, dann folge ich Ihnen bereitwillig. Wenn wir allerdings in Kämpfe verwickelt werden sollten… vielleicht erzählen Sie mir ein wenig mehr darüber.«

»Hm.«

»Vielleicht sollten Sie mir trotzdem etwas erzählen, damit ich mir ein Bild machen kann und entscheiden, ob uns Auseinandersetzungen bevorstehen.«

»Das haben Sie schön formuliert.«

Der-zu-den-Tieren-spricht wartete schweigend.

»Wir suchen den Schattenblendendraht«, sagte Louis. »Sie erinnern sich an den Draht, mit dem wir kollidiert sind, nachdem die Meteoritenabwehr unser Schiff zum Wrack geschossen hatte? Später regnete der Draht über der Stadt mit dem schwebenden Schloß herab, eine Schleife nach der anderen, ohne ein Ende zu nehmen. Wahrscheinlich sind es Zehntausende von Meilen, viel mehr, als wir für das benötigen, was mir vorschwebt.«

»Und was schwebt Ihnen vor, Louis?«

»Wir müssen den Schattenblendendraht in unseren Besitz bringen. Die Chancen stehen nicht schlecht, daß die Eingeborenen ihn herausgeben, wenn Prill sie nett danach fragt und Nessus den Tasp einsetzt.«

»Und dann?«

»Dann werden wir herausfinden, wie verrückt ich tatsächlich bin.«

Wie ein Dampfer auf einem Fluß zog das schwebende Gebäude nach Steuerbord. Raumschiffe boten längst nicht so verschwenderisch viel Platz. Und was Luftschiffe anging, gab es im gesamten Bekannten Weltraum nichts Vergleichbares. Sechs Decks, auf denen sie herumklettern konnten. Reiner Luxus!

Andere Annehmlichkeiten fehlten ganz. Die Nahrung an Bord des fliegenden Wolkenkratzers bestand aus gefrorenem Fleisch, verderblichen Früchten und dem, was die Küchenautomatik von Nessus Flugrad lieferte. Puppenspielernahrung war für Menschen laut Nessus nicht verdaulich. Und so bestanden Louis’ Mahlzeiten aus Fleisch, das er mit seinem Flashlaser grillte, und knotigen roten Früchten.

Es gab kein Wasser an Bord.

Und natürlich keinen Kaffee.

Sie überredeten Prill, ein paar Flaschen eines alkoholischen Getränks zu öffnen. Sie hielten eine verspätete Schiffstaufe auf der improvisierten Brücke ab. Der-zu-den-Tieren-spricht zog sich höflich in eine Ecke des Raums zurück, während Prill mißtrauisch in der Nähe der Tür blieb. Niemand war mit dem von Louis vorgeschlagenen Namen Unwahrscheinlich einverstanden, und so gab es vier aufeinanderfolgende Taufzeremonien in vier verschiedenen Sprachen.

Das alkoholische Getränk war… sauer. Der-zu-den-Tieren-spricht fand es ungenießbar, und Nessus versuchte es erst gar nicht. Prill konsumierte eine ganze Flasche und packte die restlichen sorgfältig wieder weg.

Die Taufe wurde eine Unterrichtsstunde in Fremdsprachen. Louis lernte ein paar Floskeln in der Sprache der Ringweltkonstrukteure. Er stellte fest, daß der Kzin sehr viel schneller lernte als er selbst. Was in das Bild paßte. Der-zu-den-Tieren-spricht und Nessus waren ausgebildet worden, um mit menschlichen Sprachen, Denkweisen und Beschränkungen in der Lautbildung und im Hören umzugehen. Das hier war nichts weiter als mehr davon.