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»Ich selbst habe vier Kinder«, sagte Louis Wu. »Ein Geburtsrecht stammt aus der Lotterie. Sie hätten drei von ihnen kennenlernen können, wären Sie zwölf Stunden früher gekommen.«

»Das klingt seltsam und kompliziert«, sagte Der-zu-den-Tierenspricht. »Wenn die Bevölkerung der Kzinti zu groß wird, dann…«

»… greifen Sie die nächstbeste von Menschen bewohnte Welt an?«

»Absolut nicht, Louis. Wir kämpfen gegeneinander. Je gedrängter es bei uns zugeht, um so mehr Möglichkeiten ergeben sich, daß ein Kzin den anderen beleidigt. Unser Bevölkerungsproblem regelt sich von allein. Wir sind nie auch nur in die Größenordnung Ihrer Bevölkerungsdichte auf der Erde gekommen!«

»Ich glaube, ich verstehe allmählich«, sagte Teela Brown. »Meine Eltern waren beide Lotteriegewinner.« Sie lachte nervös. »Sonst wäre ich gar nicht auf der Welt. Wenn ich es richtig überlege, dann war auch mein Großvater…«

»Seit fünf Generationen verdanken alle Ihre Vorfahren ihre Existenz einem Geburtsrechts-Los!«

»Tatsächlich? Das habe ich nicht gewußt!«

»Die Unterlagen sind lückenlos«, versicherte Nessus ihr.

»Bleibt immer noch die Frage«, sagte Louis Wu, »was das soll?«

»Die-die-Führen neigen zu der Theorie, daß die Menschen auf der Erde das Glück züchten.«

»Wie bitte?«

Teela Brown beugte sich auf ihrem Stuhl vor. Sie war fasziniert. Zweifellos hatte sie noch nie einen verrückten Puppenspieler gesehen.

»Denken Sie an die Lotterien, Louis! Denken Sie an die Evolution! Seit siebenhundert Jahren vermehrt sich Ihre Spezies nach festgelegten Zahlen: zwei Geburtsrechte pro Person, zwei Kinder pro Paar. Hier und dort hat jemand ein drittes Geburtsrecht hinzugewonnen oder sein Erstlingsrecht aus zureichenden Gründen verloren: Diabetiker-Gene oder dergleichen. Doch im Schnitt besaßen die meisten Paare zwei Kinder.

Dann wurde das Gesetz geändert. In den letzten zweihundert Jahren haben zwischen zehn und dreizehn Prozent aller Menschen aufgrund eines Lotteriegewinns das Licht der Welt erblickt. Wodurch wird auf der Erde bestimmt, wer überleben kann, um sich fortzupflanzen? Eindeutig durch Glück.

Teela Brown ist die Tochter von fünf Generationen GeburtsrechtsLotteriegewinnern…«

KAPITEL DREI

TEELA BROWN

Teela lachte unsicher.

»Nun hören Sie aber auf«, widersprach Louis Wu energisch. »Sie können Glück doch nicht züchten wie buschige Augenbrauen!«

»Und doch züchten Sie telepathische Veranlagungen!«

»Das ist doch nicht das gleiche! Telepathie ist keine psychische Eigenschaft. Die Mechanismen im rechten parietalen Lobus sind genau lokalisiert. Sie funktionieren nur bei den meisten Menschen nicht.«

»Früher hat Ihr Volk geglaubt, Telepathie sei eine Form von PSI. Und jetzt behaupten Sie, mit Glück sei das nicht so.«

»Glück ist Glück.«

Die Situation wäre vielleicht lustig gewesen, so lustig, wie Teela Brown dachte, daß sie war — doch Louis erkannte, was ihr verborgen blieb. Der Pierson-Puppenspieler meinte es ernst. »Das Mittelmaß pendelt zur einen und zur anderen Seite. Wenn sich die Chancen zu sehr verlagern, sind Sie raus aus dem Spiel — wie einst die Dinosaurier. Die Würfel fallen zu Ihren Gunsten, und…«

»Man sagt, manche Menschen könnten den Fall eines Würfels beeinflussen.«

»Also schön, dann habe ich einen schlechten Vergleich gewählt. Der Punkt ist doch…«

»Genau«, polterte der Kzin. Seine Stimme brachte Wände zum Beben, wenn er es wollte. »Der Punkt ist der, daß wir akzeptieren werden, wen auch immer Nessus auswählt. Ihnen gehört das Schiff, Nessus. Wo also ist unser viertes Besatzungsmitglied?«

»Hier im Zimmer!«

»Jetzt aber tanj Moment mal!« Teela sprang auf. Das silberne Netzkostüm schimmerte wie echtes Metall auf ihrer blaugetönten Haut, und ihr Haar flatterte wie eine Flamme im Zugwind der Klimaanlage. »Diese ganze Sache ist vollkommen lächerlich. Ich gehe nirgendwohin. Warum sollte ich?«

»Suchen Sie jemand anderen, Nessus! Es gibt sicher Millionen qualifizierter Kandidaten. Wo ist das Problem?«

»Keine Millionen, Louis. Wir haben ein paar tausend Namen und Telefonnummern sowie Transferkabinennummern von den meisten davon. Jeder stammt seit fünf Generationen von Vorfahren ab, die ihre Existenz der Geburtsrechts-Lotterie verdanken.«

»Und?«

Nessus lief im Zimmer auf und ab. »Viele davon scheinen im Augenblick eine Pechsträhne zu haben. Die übrigen sind nie zu erreichen. Wenn wir anrufen, sind sie gerade unterwegs, oder der Computer gibt uns eine falsche Verbindung. Wenn wir einen Vertreter der Familie Brandt ermitteln wollen, klingelt jedes Telefon in ganz Südamerika. Es ist zum Verzweifeln!« Tap-Tap-Tap. Tap-Tap-Tap.

»Sie haben mir bisher nicht einmal erzählt, wo Sie hinwollen«, sagte Teela.

»Ich darf Ihnen unser Reiseziel noch nicht verraten, Teela. Aber Sie können…«

»Bei Finagles roten Klauen! Sie wollen uns nicht einmal das verraten?«

»Sehen Sie sich das Holo an, das Louis bei sich trägt. Das ist die einzige Information, die ich Ihnen zur Zeit geben kann.«

Louis reichte ihr das Holo, das einen babyblauen Streifen hinter einer grellen weißen Sonne vor dem schwarzen Hintergrund des Alls zeigte. Teela Brown nahm sich Zeit, es zu betrachten. Allein Louis bemerkte, wie ihr die Zornesröte ins Gesicht stieg.

Als sie schließlich sprach, spuckte sie die Worte einzeln hervor wie Kirschkerne. »Das ist das absolut Lächerlichste, von dem ich je gehört habe! Sie erwarten allen Ernstes, daß Louis und ich mit einem Puppenspieler und einem Kzin als Begleiter über die Grenzen des Bekannten Weltraums hinausjagen, ohne mehr über unser Reiseziel zu wissen, als daß es ein Stück blaues Band um einen Lichtfleck herum ist? Das ist… einfach lächerlich!«

»Also weigern Sie sich, mit uns zu kommen?«

Teela Brown hob die Augenbrauen.

»Ich muß auf einer direkten Antwort bestehen. Vielleicht finden meine Agenten schon bald einen anderen Kandidaten.«

»Ja«, sagte Teela Brown. »Ja, ich weigere mich.«

»Dann vergessen Sie bitte nicht, daß Sie nach Ihren eigenen Gesetzen verpflichtet sind, Stillschweigen über die Angelegenheit zu bewahren. Man hat Ihnen für diese Besprechung ein Beraterhonorar überwiesen.«

»Wem bitte schön sollte ich davon erzählen?« Teela lachte hysterisch auf. »Wer würde mir denn glauben? Louis, wollen Sie sich wirklich dieser lächerlichen…?«

»Ja.« Louis dachte längst über andere Dinge nach, wie zum Beispiel eine taktvolle Möglichkeit, Teela aus dem Büro zu schaffen. »Aber nicht jetzt gleich. Dort draußen findet noch immer eine Party statt. Wollen Sie mir nicht einen Gefallen tun? Schalten Sie den Musicmaster von Band vier auf Band fünf, ja? Und sagen Sie jedem, der fragt, daß ich in einer Minute wieder da sein werde.«

Nachdem die Tür hinter Teela Brown ins Schloß gefallen war, sagte Louis: »Tun Sie mir und sich selbst einen Gefallen und lassen Sie mich beurteilen, ob ein Mensch für eine Reise ins Unbekannte qualifiziert ist oder nicht, ja?«

»Sie wissen, welche Qualifikationen Vorrang haben«, erwiderte Nessus. »Bisher gibt es noch nicht einmal zwei Kandidaten, unter denen wir auswählen könnten.«

»Aber Sie haben Zehntausende!«

»Nicht wirklich. Viele disqualifizieren sich selbst; andere sind unauffindbar. Verraten Sie mir doch einfach, warum dieses menschliche Weibchen nicht Ihren Ansprüchen genügt?«

»Sie ist zu jung!«

»Kein Kandidat, der nicht Teela Browns Generation entspringt, kann sich qualifizieren.«

»Glück als Zuchtziel! Nein, halt, ich will nicht wieder darüber streiten. Ich kenne Menschen, die noch verrückter sind. Ein paar davon treiben sich auf meiner Party herum… außerdem haben Sie selbst gesehen, daß Teela Brown nicht xenophil ist.«