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Ein Eingeborener versperrte Nessus den Fluchtweg. Er mußte ziemlich mutig sein, ein so fremdartiges Monster anzugreifen. Louis hatte kein freies Schußfeld, doch das machte nichts. Nessus wirbelte herum, trat aus, vollendete die Drehung und rannte weiter. Der Mann war tot. Dann…

Louis sah es kommen. Der Puppenspieler rannte in einen freien Raum, den einen Kopf hochgereckt, den anderen gesenkt. Der obere Kopf flog plötzlich durch die Gegend, prallte zu Boden und rollte hüpfend davon. Nessus verharrte mitten im Lauf, drehte sich um und bewegte sich nicht mehr.

Sein Hals endete in einem Stumpf, und aus dem Stumpf sprudelte Blut, das genauso rot war wie das von Louis.

Nessus heulte auf. Es war ein hoher, klagender Laut.

Die Eingeborenen hatten ihn in eine Falle aus Schattenblendendraht gelockt.

Louis war zweihundert Jahre alt. Er hatte schon häufiger Freunde verloren. Er kämpfte weiter, und sein Laser folgte den Augen beinahe reflexhaft. Armer Nessus. Vielleicht bin ich der nächste…

Die Eingeborenen waren zurückgefallen. Ihre Verluste mußten aus eigener Sicht entsetzlich sein.

Teela starrte mit weit aufgerissenen Augen auf den sterbenden Puppenspieler. Sie hatte die Hand vor den Mund geschlagen. Derzu-den-Tieren-spricht und Sucher wichen in Richtung der Unwahrscheinlich zurück…

Moment mal! Er hat noch einen zweiten!

Louis rannte zu Nessus. Als er an Der-zu-den-Tieren-spricht vorbeikam, warf er dem Kzin seinen Flashlaser zu. Er duckte sich, um der Drahtfalle auszuweichen, und rannte geduckt weiter. Er warf sich gegen Nessus, um ihn an der Flucht zu hindern. Es hatte ausgesehen, als wollte der Puppenspieler in Panik davonrennen.

Louis hielt den Puppenspieler am Boden fest und suchte nach seinem Gürtel.

Er trug keinen Gürtel.

Aber er mußte einen Gürtel tragen!

Teela reichte ihm ihren Schal.

Louis packte ihn, machte einen Schlaufe hinein und verband damit den Halsstumpf des Puppenspielers. Nessus hatte voller Entsetzen auf den Stumpf gestarrt und auf das Blut, das durch die einzelne Halsschlagader sprudelte. Jetzt hob er den Blick und sah Louis an. Das Auge schloß sich, und Nessus verlor das Bewußtsein.

Louis zog den Knoten straff. Teelas Schal band die Arterie ab, zusammen mit zwei größeren Venen, dem Kehlkopf, der Speiseröhre und der Luftröhre.

Haben Sie ihm etwa den Hals abgebunden, Doktor? Doch die Blutung hatte aufgehört.

Louis bückte sich und hob den Puppenspieler in einem Bergegriff an. Er drehte sich um und zerrte Nessus in den Schatten des halb zerstörten Polizeigebäudes. Sucher rannte vor ihm und gab ihm Deckung. Die Spitze seines schwarzen Schwertes beschrieb kleine konzentrische Kreise, während er auf Angreifer wartete. Bewaffnete Eingeborene beobachteten sie, doch keiner forderte sie heraus.

Teela folgte Louis. Den Schluß bildete der Kzin. Sein Flashlaser zeichnete grüne Linien in Schatten, wo Angreifer sich verborgen halten konnten. An der Rampe blieb der Kzin stehen, wartete, bis Teela sicher oben war… Louis sah ihn gerade noch davonhuschen.

Warum hat er das getan?

Keine Zeit, um darüber nachzudenken. Louis rannte die Treppe hinauf. Der Puppenspieler wurde unglaublich schwer, bevor Louis die Brücke erreicht hatte. Er ließ Nessus neben seinem Flugrad zu Boden gleiten, griff nach dem Medikit und preßte dem Puppenspieler den Diagnosesensor auf den Hals unterhalb des Druckverbands.

Das Medikit war mit einer Art Nabel mit dem Flugrad verbunden. Louis nahm ganz richtig an, daß es weit leistungsfähiger war als sein eigenes.

Nach kurzer Zeit änderten sich die Anzeigen der Küchenautomatik wie von Geisterhand. Sekunden später schlängelte sich ein dünner Schlauch aus der Instrumentenkonsole, berührte den Hals des Puppenspielers, glitt über die Haut, fand schließlich eine passende Stelle und sank in das Gewebe.

Louis erschauerte. Aber… intravenöse Ernährung. Nessus lebte also noch.

Die Unwahrscheinlich schwebte wieder in der Luft. Louis hatte den Start nicht gespürt. Der-zu-den-Tieren-spricht saß auf der untersten Stufe über der Landeplattform und blickte auf das Schloß namens Himmel hinab. Er hielt irgend etwas vorsichtig in beiden Händen.

»Ist der Blätteresser tot?« fragte er.

»Nein. Aber er hat viel Blut verloren«, erwiderte Louis und sank neben dem Kzin nieder. Er war völlig erschöpft und schrecklich deprimiert. »Erleiden Puppenspieler einen Schock?«

»Woher soll ich das wissen? Schock ist ein merkwürdiger Mechanismus. Wir brauchten Jahrhunderte, um herauszufinden, warum ihr Menschen unter der Folter so schnell gestorben seid.« Der Kzin war mit den Gedanken eindeutig woanders. »War das auch das Glück von Teela Brown?« fragte er.

»Ich denke schon«, antwortete Louis.

»Wieso? Wie kann die Verwundung des Puppenspielers Teela Brown hilfreich sein?«

»Sie müssen das mit meinen Augen sehen, Sprecher. Teela war ein sehr einseitiges Wesen, als ich sie kennenlernte. Wie…«

Eine Erinnerung wurde wach, und Louis fuhr fort: »Es gibt eine Geschichte, in der eine Frau mitspielt. Der Held war ein sehr zynischer Mann im mittleren Alter, und er suchte die Frau, weil sich ein Mythos um sie rankte.

Als er sie gefunden hatte, wußte er noch immer nicht, ob der Mythos stimmte. Nicht, bevor sie ihm nicht den Rücken zuwandte. Da sah er, daß sie von hinten leer war; sie war nur die Maske einer Frau, eine Gummimaske für die gesamte Vorderseite, anstatt nur für das Gesicht. Sie war unverwundbar, Sprecher. Und genau das war es, was dieser Mann sich gewünscht hatte. Die Frauen in seinem Leben wurden immer wieder verletzt, und er gab sich die Schuld dafür. Schließlich konnte er es nicht mehr ertragen.«

»Ich verstehe überhaupt nichts, Louis.«

»Teela war wie diese Maske, als sie herkam. Sie war noch niemals zuvor verletzt worden. Ihre Persönlichkeit war nicht menschlich.«

»Warum ist das so schlecht?«

»Weil sie als Mensch geboren wurde, bevor Nessus irgend etwas anderes aus ihr machte. Tanj über ihn! Sehen Sie denn nicht, was seine Experimente angerichtet haben? Er wollte ein Ebenbild Gottes schaffen, und herausgekommen ist Teela Brown.

Sie ist all das, wofür ein Puppenspieler seine Seele hergeben würde. Sie ist unverwundbar. Sie kennt nicht einmal Unbehagen, es sei denn, es dient ihrem eigenen Besten.

Das ist der Grund, aus dem sie herkam. Die Ringwelt ist ein glücklicher Ort für sie, denn nur hier kann sie die Erfahrungen sammeln, die sie braucht, um zu einem richtigen Menschen zu werden. Ich bezweifle, daß die Geburtsrechts-Lotterie viele wie Teela hervorgebracht hat. Sie würden das gleiche Glück gehabt haben. Sie wären ebenfalls an Bord der Lying Bastard gewesen. Aber Teela Brown hat mehr Glück als alle.

Trotzdem… wahrscheinlich gibt es eine ganze Reihe Teela Browns auf der Erde. Die Zukunft wird ziemlich merkwürdig verlaufen, wenn diese Menschen erst ihre Kräfte begreifen. Der Rest von uns wird lernen müssen, ihnen möglichst schnell aus dem Weg zu gehen.«

»Was ist mit dem Kopf des Blätteressers?« fragte der Kzin.

»Sie kann den Schmerz eines anderen nicht nachempfinden«, erklärte Louis. »Vielleicht mußte sie erst sehen, wie ein guter Freund verletzt wurde. Teelas Glück ist es egal, welchen Preis Nessus dafür zahlen mußte.

Wissen Sie, woher ich den Druckverband habe? Teela sah, was ich benötigte, und sie fand etwas Geeignetes. Wahrscheinlich ist es das erste Mal in ihrem Leben, daß sie in einem Notfall das Richtige getan hat.«