Выбрать главу

Mellie schwebte zu ihm. »Sir, Mr Aeolus, diese Halbgötter …«

»Moment!« Er hob eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen, dann zeigte er auf einen Bildschirm.

»Seht euch das an!«

Es war so eine Sturmjägersendung, in der wahnsinnige Abenteurer Tornados verfolgen. Gerade knallte ein Jeep voll in eine Windhose und wurde gen Himmel geschleudert.

Aeolus kreischte vor Vergnügen. »Der Katastrophenkanal. Die Leute machen das extra!« Er drehte sich mit irrem Grinsen zu Jason um. »Ist das nicht umwerfend? Komm, wir sehen uns das noch mal an.«

»Äh, Sir«, sagte Mellie. »Das ist Jason, der Sohn des …«

»Ja, ja, weiß ich doch«, sagte Aoelus. »Du bist es wieder. Wie ist es gelaufen?« Jason zögerte. »Verzeihung? Ich glaube, Ihr verwechselt mich …«

»Nein, nein, Jason Grace, der bist du doch? Das war – wann? Letztes Jahr? Da wolltest du gegen ein Seeungeheuer antreten, glaube ich.«

»Ich – ich weiß es nicht mehr.«

Aeolus lachte. »War wohl kein besonders tolles Seeungeheuer! Nein, ich erinnere mich an jeden Helden, der mich je um Hilfe gebeten hat. Zum Beispiel Odysseus – bei den Göttern, der hat einen Monat lang an meiner Insel angedockt. Du bist wenigstens nur zwei Tage geblieben. Und jetzt seht euch dieses Video an. Die Enten werden voll hineingesogen …«

»Sir«, fiel Mellie ihm ins Wort. »In zwei Minuten seid Ihr auf Sendung.«

»Auf Sendung!«, rief Aeolus. »Ich liebe das. Wie sehe ich aus? Make-up!«

Sofort senkte sich ein kleiner Tornado aus Pinseln, Puderquasten und Wattebäuschen über Aeolus. Sie huschten wie eine Wolke aus fleischfarbenem Rauch über sein Gesicht, bis er noch schrecklicher aussah als vorher. Wind wirbelte durch seine Haare und ließ sie hochstehen wie ein gefrorener Weihnachtsbaum.

»Herr Aeolus.« Jason ließ den goldenen Rucksack zu Boden fallen. »Wir haben Euch diese unverschämten Sturmgeister mitgebracht.«

»Ach, wirklich!« Aeolus machte ein Gesicht, als sei der Rucksack ein Geschenk eines Fans – ein Geschenk, das er eigentlich gar nicht haben wollte.

Leo stupste Jason an und der hielt Aeolus den Rucksack hin. »Boreas hat uns ausgesandt, um die Geister für Euch zu fangen. Wir hoffen, Ihr nehmt sie an und hört auf – Ihr wisst schon –, den Tod von Halbgöttern zu befehlen.«

Aeolus lachte und starrte Mellie ungläubig an. »Den Tod von Halbgöttern – das habe ich befohlen?«

Mellie sah in ihrem Computer nach. »Ja, Sir, am 15. September. ›Sturmgeister freigesetzt durch den Tod des Typhon, Halbgötter zur Rechenschaft ziehen‹ usw. Ja, der allgemeine Befehl lautet, sie alle zu töten.«

»Ach, Schnickschnack«, sagte Aeolus. »Da war ich doch nur schlecht gelaunt. Heb diesen Befehl auf, Millie, und äh, wer hat heute Dienst – Teriyaki? Teri, bring diese Sturmgeister runter in Zellenblock 14 E, ja?«

Eine Harpyie kam aus dem Nirgendwo herbeigefegt, schnappte sich den goldenen Rucksack und wirbelte in den Abgrund hinunter.

Aeolus grinste Jason an. »Also, das mit dem Tötungsbefehl, ohne weitere Fragen zu stellen, tut mir leid. Aber ich war schließlich stocksauer.« Sein Gesicht verdüsterte sich plötzlich, und das galt auch für seinen Anzug. Das Revers seiner Jacke ließ Blitze auflodern. »Wisst ihr was … jetzt weiß ich es wieder. Es war fast so, als ob eine Stimme mir sagte, ich sollte diesen Befehl erteilen. Ein kleines kaltes Prickeln in meinem Nacken.«

Jason erstarrte. Ein kaltes Prickeln im Nacken … wieso kam ihm das so bekannt vor? »Eine … äh, Stimme in Eurem Kopf?«

»Ja, seltsam. Mellie, sollen wir sie doch umbringen?«

»Nein, Sir«, sagte sie geduldig. »Sie haben uns doch gerade die Sturmgeister gebracht, und damit ist alles in Ordnung.«

»Natürlich.« Aeolus lachte. »Tut mir leid. Mellie, lass uns den Halbgöttern etwas Nettes schicken. Eine Schachtel Pralinen vielleicht.«

»Eine Schachtel Pralinen an jeden Halbgott auf der Welt, Sir?«

»Nein, zu teuer. Ach, egal. Oh, es ist so weit. Ich bin auf Sendung!«

Aeolus flog zu der blauen Leinwand und der Nachrichten-Jingle ertönte.

Jason sah zu Piper und Leo hinüber, die genauso verwirrt schienen wie er.

»Mellie«, sagte er. »Ist der … ist der immer so?«

Sie lächelte verlegen. »Na ja, du weißt doch, was man sich über ihn erzählt. Wenn dir seine Laune nicht gefällt, warte fünf Minuten. Dieser Ausdruck ›sein Mäntelchen nach dem Wind hängen‹ – das bezieht sich auf ihn.«

»Und das mit dem Seeungeheuer …«, sagte Jason. »War ich wirklich schon mal hier?«

Mellie errötete. »Tut mir leid, das weiß ich nicht. Ich bin Mr Aeolus’ neue Assistentin. Ich bin zwar schon länger dabei als die meisten anderen, aber trotzdem – so lange nun auch wieder nicht.«

»Wie lange halten seine Assistentinnen denn so durch?«, fragte Piper.

»Ach«, Mellie überlegte für einen Moment. »Ich mache das schon seit … zwölf Stunden?«

Eine Stimme dröhnte aus den schwebenden Lautsprechern: »Und jetzt die Zwölf-Minuten-Vorhersage! Hier ist Ihr Fachmann für das Wetter – der OW!-Kanal mit Aoelus!«

Die Scheinwerfer richteten sich auf Aeolus, der jetzt vor der blauen Leinwand stand. Sein Lächeln war unnatürlich weiß und er schien so viel Koffein im Blut zu haben, dass er kurz vor dem Platzen stand.

»Hallo, Olymp. Hier ist Aeolus, der Herr der Winde, mit dem Wetter alle zwölf Minuten. Wir erwarten heute über Florida ein Tiefdruckgebiet, ihr könnt also mit milderen Temperaturen rechnen, da Demeter die Zitrusfarmer schonen will!« Er zeigte auf die blaue Leinwand, aber als Jason die Bildschirme anschaute, sah er, dass hinter Aeolus ein digitales Bild gesendet wurde, und er schien vor einer Karte der USA mit animierten Smileys und stirnrunzelnden Sturmwolken zu stehen. »An der Ostküste – oh, Moment mal«, er klopfte auf seinen Ohrstöpsel. »Tut mir leid, Leute! Poseidon ist heute wütend auf Miami, und deshalb sieht es aus, als wäre der Floridafrost wieder da. Tut mir leid, Demeter. Weiter drüben im Mittleren Westen – ich bin nicht sicher, auf welche Weise St. Louis Zeus beleidigt hat, aber ihr könnt euch auf Winterstürme gefasst machen. Boreas persönlich ist dort hinbeordert, um die Gegend mit Eis zu strafen. Schlechte Nachrichten, Missouri. Nein, wartet. Das mittlere Missouri tut Hephaistos leid, deshalb werdet ihr viel gemäßigtere Temperaturen und Sonnenschein haben.«

Aeolus machte immer weiter – lieferte eine Wettervorhersage für jeden Teil des Landes und änderte sie dann zwei oder dreimal, wenn Mitteilungen über seinen Ohrstöpsel eintrafen. Die Götter gaben offenbar alle möglichen Befehle für Winde und Wetter.

»Das kann doch nicht stimmen«, flüsterte Jason. »Das Wetter ist doch nicht so chaotisch.«

Mellie feixte. »Und wie oft haben die sterblichen Meteorologen Recht? Die reden dauernd von Fronten und Luftdruck und Feuchtigkeit, aber sie sind immer wieder vom Wetter überrascht. Aeolus sagt uns wenigstens, warum es so unvorhersagbar ist. Ganz schön schwer, alle Götter auf einmal zufriedenstellen zu wollen. Das könnte doch jeden in den Wahn…«

Sie verstummte, aber Jason wusste, was sie meinte. Wahnsinn. Aeolus war einfach wahnsinnig.

»Das war das Wetter«, schloss Aeolus. »Wir sehen uns in zwölf Minuten wieder, denn bestimmt wird es sich ändern.«

Die Lichter erloschen, die Bildschirme zeigten irgendwelche Werbespots und für einen Moment sackte Aeolus’ Gesicht vor Erschöpfung in sich zusammen. Dann fiel ihm offenbar ein, dass er Besuch hatte, und er setzte das Lächeln wieder auf.

»Ihr habt mir also diese unverschämten Sturmgeister gebracht«, sagte Aeolus. »Da muss ich euch wohl … danken. Und kann ich sonst noch etwas für euch tun? Ich gehe davon aus. Das ist bei Halbgöttern immer so.«

Mellie sagte: »Äh, Sir, das ist der Sohn des Zeus.«

»Ja, ja, das weiß ich. Ich habe doch gesagt, dass ich ihn wiedererkannt habe.«

»Aber Sir, sie sind vom Olymp geschickt worden.«

Aeolus sah verdutzt auf. Dann lachte er so plötzlich auf, dass Jason fast in den Abgrund gestolpert wäre. »Soll das heißen, du bist diesmal auf Wunsch deines Vaters gekommen? Na endlich! Ich wusste doch, dass sie jemanden schicken würden, um meine Verträge neu zu verhandeln.«