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Jason unterdrückte ein Husten. »Das? Das ist nur Trainer Hedge. Äh, Gleeson Hedge. Er ist unser …« Jason wusste nicht so recht, wie er ihn nennen sollte. Lehrer, Freund, Problem?

»Der, der uns den Weg zeigt.«

»Er ist so ziegig«, murmelte Mellie.

Hinter ihr blies Piper ihre Wangen auf und imitierte ein Kotzen.

»Was ist los, Leute?« Hedge kam auf sie zugetrabt. »Mann, nett hier. Oh! Grassoden.«

»Trainer, Sie haben gerade erst gegessen«, sagte Jason. »Und wir benutzen die Grassoden als Boden. Das ist, äh, Mellie …«

»Eine Aura.« Hedge lächelte charmant. »Schön wie eine Sommerbrise.«

Mellie wurde rot.

»Und unser Freund Aeolus hat sich gerade bereit erklärt, uns zu helfen«, sagte Jason.

»Ja«, murmelte der Herr der Winde. »Sieht so aus. Ihr findet Enceladus auf dem Mount Diablo.«

»Dem Teufelsberg?«, fragte Leo. »Das klingt aber nicht gut.«

»Ich kenne diesen Berg!«, sagte Piper. »Ich war einmal mit meinem Dad dort. Er liegt im Osten der San Francisco Bay.«

»Schon wieder die Bay Area?« Der Trainer schüttelte den Kopf. »Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut.«

»Also.« Aeolus lächelte. »Um euch hinzuschaffen …«

Plötzlich wurde sein Gesicht schlaff. Er bückte sich und schlug auf seinen Ohrstöpsel, als ob der nicht mehr funktionierte. Als er sich wieder aufrichtete, waren seine Augen wild. Trotz der Schminke sah er aus wie ein alter Mann – ein alter, überaus verängstigter Mann. »Sie hat seit Jahrhunderten nicht mehr mit mir gesprochen. Ich kann nicht – doch, doch, schon verstanden.«

Er schluckte und sah Jason an, als ob der sich plötzlich in eine riesige Kakerlake verwandelt hätte. »Tut mir leid, Sohn des Jupiter. Neue Befehle. Ihr müsst alle sterben.«

Mellie quiekte auf. »Aber – Sir! Zeus hat gesagt, Sie sollen ihm helfen. Aphrodite, Hephaistos …«

»Mellie!«, fauchte Aeolus. »Dein Job hängt an einem dünnen Faden. Und es gibt Befehle, die sogar die Wünsche der Götter aufheben, vor allem, wenn es um Naturkräfte geht.«

»Wessen Befehle?«, fragte Jason. »Zeus wird Euch feuern, wenn Ihr uns nicht helft.«

»Das bezweifle ich.« Aeolus bewegte kurz die Hand und tief unter ihnen in der Grube öffnete sich eine Zellentür. Jason konnte hören, wie die Sturmgeister loskreischten, zu ihnen hochwirbelten und nach ihrem Blut schrien.

»Sogar Zeus begreift die größeren Zusammenhänge«, sagte Aeolus. »Wenn sie wirklich aufwacht – bei allen Göttern –, dann kann man ihr nichts verweigern. Also dann, ihr Helden. Es tut mir sehr leid, aber ich muss schnell machen. Ich bin in vier Minuten wieder auf Sendung.«

Jason beschwor sein Schwert herauf. Trainer Hedge schwenkte die Keule. Mellie die Aura schrie: »Nein!«

Sie ließ sich zu ihren Füßen fallen, als die Sturmgeister mit Hurrikangewalt zuschlugen, den Boden zu Splittern zerrissen und all die Teppiche und Marmorstücke und Linoleumplatten zu tödlichen Geschossen gemacht hätten, wenn Mellies Gewänder sich nicht wie ein Schild ausgebreitet und die Wucht des Aufpralls gemildert hätten. Alle fünf stürzten sie in den Abgrund und Aeolus über ihnen schrie: »Mellie, du bist so was von gefeuert!«

»Schnell«, sagte Mellie. »Sohn des Zeus, hast du irgendwelche Macht über die Luft?«

»Ein wenig.«

»Dann hilf mir, oder ihr seid alle tot!« Mellie packte seine Hand und ein elektrischer Stoß jagte durch Jasons Arm. Er begriff, was sie vorhatte. Sie mussten ihren Absturz unter Kontrolle bringen und einen der offenen Tunnel ansteuern. Die Sturmgeister verfolgten sie, holten rasch auf und brachten eine Wolke aus tödlichen kleinen Geschossen mit sich.

Jason packte Pipers Hand. »Festhalten, alle!«

Hedge, Leo und Piper versuchten, sich zusammenzudrängen, und klammerten sich im Fall an Jason und Mellie.

»Das ist NICHT GUT!«, schrie Leo.

»Na kommt schon, ihr Gassäcke«, brüllte Hedge die Sturmgeister an. »Ich mache Staub aus euch!«

»Er ist großartig«, seufzte Mellie.

»Etwas mehr Konzentration?«, schlug Jason vor.

»Richtig«, sagte sie.

Sie kanalisierten den Wind so, dass ihr Fall zu einem Taumeln in den nächsten offenen Tunnel wurde. Trotzdem sausten sie mit schmerzlichem Tempo hinein und kullerten dann durch einen steilen Gang, der eindeutig nicht für Menschen gemacht war. Sie konnten einfach nicht anhalten.

Mellies Gewänder waberten um sie. Jason und die anderen klammerten sich verzweifelt fest und sie wurden langsamer, aber hinter ihnen fuhren kreischend die Sturmgeister in den Tunnel.

»Kann – nicht – mehr – lang«, warnte Mellie. »Zusammenbleiben. Wenn die Winde uns einholen …«

»Du machst das großartig, Mellie«, sagte Hedge. »Meine Mama war auch eine Aura, weißt du. Sie hätte das nicht besser machen können.«

»Schickst du mir eine Iris-Botschaft?«, bat Mellie.

Hedge zwinkerte.

»Könnt ihr euch später verabreden?«, schrie Piper. »Seht!«

Hinter ihnen wurde der Tunnel dunkel. Jason spürte, wie seine Ohren sich verschlossen, als der Druck immer größer wurde.

»Ich kann sie nicht aufhalten«, warnte Mellie. »Aber ich werde versuchen, euch zu beschirmen, euch noch einen Gefallen tun.«

»Danke, Mellie«, sagte Jason. »Ich hoffe, du findest einen neuen Job.«

Sie lächelte, löste sich auf und hüllte sie in eine warme sanfte Brise. Dann wurden sie von den Winden getroffen und schossen so schnell in den Himmel, dass Jason das Bewusstsein verlor.

XXXIX

Piper

Piper träumte, sie stehe auf dem Wohnheimdach der Wüstenschule.

Die Wüstennacht war kalt, aber sie hatte Decken mitgebracht, und da Jason neben ihr stand, war ihr warm genug.

Die Luft roch nach Salbei und brennendem Mesquiteholz. Am Horizont ragten die Spring Mountains auf wie unregelmäßige schwarze Zähne und dahinter konnte man die Lichter von Las Vegas erahnen.

Die Sterne waren so hell, dass Piper befürchtet hatte, sie würden den Meteorschauer nicht sehen können. Jason sollte schließlich nicht denken, sie hätte ihn unter einem Vorwand hergeschleift. (Auch wenn der Vorwand durch und durch ein Vorwand gewesen war.) Aber sie wurden nicht enttäuscht. Fast jede Minute jagte ein Meteor über den Himmel – eine Linie aus weißem, gelbem oder blauem Feuer. Piper war sicher, dass ihr Opa Tom das mit einem Cherokee-Mythos erklärt hätte, aber für den Moment war sie damit beschäftigt, sich ihre eigene Geschichte auszudenken.

Jason nahm ihre Hand – endlich! – und zeigte auf zwei Meteore, die durch die Atmosphäre huschten und ein Kreuz bildeten.

»Meine Güte«, sagte er. »Ich kann nicht fassen, dass Leo sich das nicht ansehen wollte.«

»Ehrlich gesagt habe ich ihn gar nicht gefragt«, sagte Piper gelassen.

Jason lächelte. »Ach, echt?«

»M-hmmm. Hast du nie das Gefühl, dass drei einer zu viel sind?«

»Doch«, gab Jason zu. »Jetzt zum Beispiel. Du weißt aber, was wir für einen Ärger kriegen, wenn wir hier erwischt werden?«

»Ach, ich würde mir schon etwas ausdenken. Ich kann sehr überzeugend sein. Willst du tanzen oder so?«

Er lachte. Seine Augen waren umwerfend und sein Lächeln sah im Sternenlicht noch besser aus. »Ohne Musik. Mitten in der Nacht. Auf einem Dach. Klingt gefährlich.«

»Ich bin ein gefährliches Mädchen.«

»Das glaube ich gern.«

Er stand auf und hielt ihr die Hand hin. Sie tanzten einige langsame Schritte, aber der Tanz wurde bald zum Kuss. Piper konnte den Kuss fast nicht erwidern, sie war zu sehr mit Lächeln beschäftigt.

Dann änderte sich ihr Traum – oder vielleicht war sie tot und in der Unterwelt –, denn sie fand sich in Medeas Kaufhaus wieder.

»Bitte, mach, dass das ein Traum ist«, murmelte sie. »Und nicht meine ewige Strafe.«