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Sein ganzer Körper brach in Flammen aus, er schrie »Hephaistos!« und griff das Ungeheuer mit bloßen Händen an.

Doch er kam gar nicht so weit.

Hinter dem Ungeheuer loderte es türkis und schwarz auf. Eine funkelnde Bronzeklinge schlitzte die eine Seite des Erdgeborenen von unten nach oben und die andere von oben nach unten auf.

Sechs lange Arme fielen zu Boden, Steinblöcke kullerten aus den nutzlosen Händen. Der Erdgeborene schaute nach unten und sah überrascht aus. Er murmelte: »Tschüs, Arme.«

Dann verschmolz er mit dem Boden.

Hinter ihm stand Piper, sie rang um Atem und ihr Dolch war von Lehm bedeckt. Ihr Vater saß an der Felswand, benommen und verwundet, aber immerhin am Leben.

Piper schien außer sich vor Wut – fast verrückt, wie ein gehetztes Tier. Leo war froh, dass sie auf seiner Seite war.

»Niemand tut meinen Freunden was«, sagte sie und mit einem plötzlichen Gefühl der Wärme begriff Leo, dass sie über ihn redete. Dann rief sie: »Und jetzt weiter!«

Leo sah, dass die Schlacht noch nicht zu Ende war. Jason kämpfte noch immer gegen den Riesen Enceladus – und die Lage war nicht gerade rosig.

XLIII

Jason

Als Jasons Lanze brach, wusste er, dass er ein toter Mann war.

Der Kampf hatte an sich gut angefangen. Jasons Instinkte schalteten sich ein und sein Bauchgefühl sagte ihm, dass er schon vorher mit Gegnern fertiggeworden war, die fast ebenso groß gewesen waren. Größe und Kraft bedeuteten auch Langsamkeit, deshalb musste Jason einfach schneller sein – sein Tempo halten, seinen Gegner ermüden und verhindern, zerschmettert oder flambiert zu werden.

Er rollte sich beim ersten Speerhieb des Riesen ab und stach Enceladus in den Knöchel. Jasons Wurfspeer konnte die dicke Drachenhaut durchbohren und goldenes Ichor – das Blut der Unsterblichen – sickerte über den Krallenfuß des Riesen.

Enceladus brüllte vor Schmerz und spie Feuer. Jason wich aus, rollte sich hinter den Riesen und traf ihn in der Kniekehle.

So ging es Sekunden, Minuten weiter – es war schwer, die Zeit im Blick zu behalten. Jason hörte Kampfgeräusche von der anderen Seite der Lichtung – Baugeräte knirschten, Feuer toste, Ungeheuer brüllten und Felsen knallten auf Metall. Er hörte Leo und Piper trotzig schreien, was bedeutete, dass sie noch am Leben waren. Jason versuchte, nicht daran zu denken. Er durfte sich jetzt nicht ablenken lassen.

Der Speer des Enceladus verfehlte ihn um einen Millimeter. Jason wich immer wieder aus, aber der Boden klebte an seinen Füßen. Gaia wurde stärker und der Riese wurde schneller. Enceladus war zwar langsam, aber er war nicht dumm. Er fing an, Jasons Bewegungen vorauszusehen, und Jasons Angriffe nervten ihn lediglich und machten ihn immer wütender.

»Ich bin kein Monster zweiten Ranges«, brüllte Enceladus. »Ich bin ein Riese, geboren, um Götter zu vernichten! Dein kleiner goldener Zahnstocher kann mich nicht umbringen, Junge.«

Jason verschwendete keine Energie mit einer Antwort. Er war schon so müde genug. Der Boden klebte an seinen Füßen und gab ihm das Gefühl, hundert Kilo zu wiegen. Die Luft hing voller Rauch, der seine Lunge verbrannte. Feuer tosten um ihn herum, geschürt von den Winden, und die Luft war fast so heiß wie in einem Backofen.

Jason hob seinen Wurfspeer, um den nächsten Hieb des Riesen abzuwehren – ein böser Fehler. Nicht mit Kraft gegen Kraft ankämpfen, tadelte ihn eine Stimme – die Wölfin Lupa, die ihm das vor langer Zeit gesagt hatte. Er konnte den Speer abwehren, aber der streifte seine Schulter und sein Arm war wie betäubt.

Er wich zurück und wäre fast über ein brennendes Holzstück gefallen.

Er musste Zeit schinden, die Aufmerksamkeit des Riesen weiter fesseln, während seine Freunde die Erdgeborenen erledigten und Pipers Dad retteten. Er durfte nicht versagen.

Er wich zurück und versuchte, den Riesen an den Rand der Lichtung zu locken. Enceladus merkte, wie erschöpft Jason war. Er lächelte und zeigte seine Hauzähne.

»Der mächtige Jason Grace«, spottete er. »Ja, wir kennen deine Taten, Sohn des Jupiter. Der den Angriff auf den Othrys angeführt hat. Der eigenhändig den Titanen Krios erschlagen und den Schwarzen Thron umgestürzt hat.«

Jasons Gedanken wirbelten durcheinander. Er kannte diese Namen nicht, aber ihr Klang ließ seine Haut prickeln, als ob sein Körper sich an Schmerzen erinnerte, die sein Hirn vergessen hatte.

»Worüber redest du eigentlich?«, fragte er. Als Enceladus Feuer spie, merkte er, dass das ein Fehler gewesen war.

Jason war abgelenkt und bewegte sich zu langsam. Die Flammen verfehlten ihn, aber die Hitze ließ seinen Rücken Blasen werfen. Er ging zu Boden und seine Kleidung schwelte. Asche und Rauch blendeten ihn und er würgte beim Atemholen.

Er krabbelte rückwärts, als der Speer des Riesen den Boden zwischen seinen Füßen spaltete.

Dann kam er wieder auf die Füße.

Wenn er doch nur einen einzigen guten Blitzschlag herbeirufen könnte – aber er war vollkommen erschöpft und in diesem Zustand könnte die Anstrengung ihn umbringen. Er wusste auch gar nicht, ob Elektrizität dem Riesen etwas anhaben könnte. Ein Tod in der Schlacht ist ein ehrenhafter Tod, sagte Lupas Stimme.

Toller Trost, dachte Jason.

Noch ein letzter Versuch. Jason holte tief Luft und griff an.

Enceladus ließ ihn näher kommen und grinste erwartungsvoll. In letzter Sekunde machte Jason eine Finte und rollte sich durch die Beine des Riesen. Er sprang schnell wieder auf und holte mit aller Kraft aus, um dem Riesen ins Kreuz zu stechen, aber Enceladus hatte das vorausgesehen. Er wich irgendwie zu schnell und geschickt aus, als ob die Erde ihm bei seinen Bewegungen half. Dann schwang er den Speer zur Seite, traf auf Jasons Wurfspeer – und mit einem Geräusch wie ein Gewehrschuss zerbrach die goldene Waffe.

Die Explosion war heißer als der Atem des Riesen, und das goldene Licht blendete Jason. Die Wucht warf ihn zu Boden und presste die Luft aus ihm hinaus.

Als er wieder klar sehen konnte, saß er am Rand eines Kraters. Enceladus stand auf der anderen Seite, unsicher und verwirrt. Die Zerstörung des Wurfspeers hatte so viel Energie freigesetzt, dass dabei ein zehn Meter tiefer Trichter entstanden war, in dem Lehm und Steine zu einer glasigen Substanz verschmolzen waren. Jason wusste nicht, wie er das überlebt hatte. Seine Kleider rauchten. Er hatte keine Kraft mehr. Er hatte keine Waffen. Und Enceladus war noch immer überaus lebendig.

Jason versuchte aufzustehen, aber seine Beine waren bleischwer. Enceladus betrachte das Zerstörungswerk aus zusammengekniffenen Augen und lachte. »Beeindruckend. Leider war das deine letzte Tat, Halbgott.«

Enceladus sprang über den Krater und setzte die Füße auf beiden Seiten von Jason auf die Erde. Er hob den Speer und ließ die Spitze drei Meter über Jasons Brust verharren.

»Und jetzt«, sagte Enceladus, »mein erstes Opfer für Gaia.«

XLIV

Jason

Die Zeit schien langsamer zu werden, was echt frustrierend war, denn Jason konnte sich noch immer nicht bewegen. Er spürte, wie er in der Erde versank, als wäre sie ein Wasserbett – als wolle sie, dass er sich entspannte und aufgab. Er hätte gern gewusst, ob die Geschichten über die Unterwelt zutrafen. Würde er in den Feldern der Verdammnis oder im Elysium enden? Wenn er sich an keine seiner Taten erinnern könnte, würden sie trotzdem zählen? Er überlegte, ob die Richter das mit in Betracht ziehen würden oder ob sein Dad, Zeus, ihm vielleicht eine Entschuldigung schreiben könnte: »Bitte Jason von ewiger Verdammnis auszunehmen. Er leidet an Amnesie.«

Jason konnte seine Arme nicht spüren. Er konnte die Speerspitze in Zeitlupe auf seine Brust zukommen sehen, aber er schaffte es einfach nicht, sich zu bewegen. Komisch, dachte er. Da gibt man sich solche Mühe, um am Leben zu bleiben, und dann – BUMM! – liegt man hilflos da, während ein Feuer spuckender Riese einen aufspießt.

Leos Stimme schrie: »Hände hoch!«

Ein riesiger schwarzer Metallkeil traf Enceladus mit lautem Knall. Der Riese kippte um und rutschte in die Grube.