Wie am Tag zuvor flogen Autos vorbei, schossen förmlich aus blinden Winkeln auf uns zu. Fordham fuhr schneller, als ich es mit Crystals Wagen riskiert hatte, aber wenn er vom Rennsport kam, war das nicht weiter verwunderlich.
In der Werkstatt wies er Terry an, das Motoröl in ein sauberes Behältnis ablaufen zu lassen. Terry sagte, das Öl sei zu heiß. Fordham gab ihm ein wenig Zeit, betonte aber, das Öl müsse noch abgelassen werden, solange es heiß sei.
»Warum denn?« fragte Terry. »Es ist sauber. Ich habe es gestern erst gewechselt.«
Fordham antwortete nicht. Schließlich drehte Terry mit dick behandschuhten Händen die Ablaßschraube auf und fing das heiße Öl wie gewünscht in einem sauberen 20-Liter-Kanister aus Kunststoff auf. Fordham bat ihn zunächst, den Kanister im Kofferraum des Range Rovers zu verstauen, und dann, die Ablaßschraube wieder anzuziehen und frisches, kühles Öl nachzufüllen.
Terry zog zum Zeichen seines Unmuts die Brauen hoch, gehorchte aber. Mr. Fordham, die Ruhe selbst, ließ mich wissen, daß die Untersuchung damit abgeschlossen sei, und schlug vor, wir sollten Basil Rudd adieu sagen und mit dem Range Rover zu meinem Vater fahren. Basil Rudd verlangte natürlich Erklärungen. Fordham sagte ihm ausnehmend höflich, er werde einen schriftlichen Bericht bekommen und es bestehe kein Grund zur Beunruhigung.
Fordham fuhr ohne Eile zu dem Parkplatz in der Innenstadt, und ich folgte ihm brav in die Wahlkampfzentrale, wo mein Vater und Mervyn Teck gerade taktische Fragen erörterten.
Mein Vater stand auf, sowie er uns erblickte, und hinkte mit Fordham hinaus zu dem Range Rover. Durchs Fenster sah ich sie ernst miteinander reden, dann holte Fordham den Ölkanister aus dem Range Rover, lud ihn in den Kofferraum eines in der Nähe stehenden Mercedes, setzte sich hinters Steuer und fuhr davon.
Als mein Vater wieder hereinkam, teilte er Mervyn gutgelaunt mit, daß der Range Rover jetzt startklar sei und wir ohne Bedenken mit ihm durch die Stadt fahren könnten.
Schließlich brachen wir auf. Ich fuhr, schaltete mit der gebotenen Vorsicht und stellte mich auf die Besonderheiten des Allradantriebs ein. Vater saß mit seinem Gehstock neben mir. Mervyn Teck saß mit einem Megaphon bewaffnet im Fond und drückte die dicken Knie zusammen, damit auch noch zwei Wahlhelferinnen hinten Platz fanden, die dünne, bittersüße Lavender und die mütterliche Faith.
Die drei auf der Rückbank waren kampferprobte alte Hasen, und staunend machte ich Bekanntschaft mit dem härtesten Teil des Wahlkampfs, dem Stimmenfang von Haus zu Haus.
Die Wohnblockstraße, bei der wir anfingen, bestand aus einheitlichen Doppelhäusern mit gestutzten Gartenhecken und betonierten Auffahrten zu verschlossenen Garagentoren. An einigen Fenstern zur Straße hin prangten Aufkleber mit der schlichten Losung BETHUNE: Er hatte diese Gegend vor uns beackert.
»Diese Straße ist ein Sammelbecken von Wechselwählern«, meinte Mervyn mit seltener Belustigung. »Mal sehen, ob wir das Ruder noch herumreißen können.«
Er ließ mich anhalten, schnallte sich los, stieg aus und beschwor die unsichtbaren Anwohner durch das nachhallende Megaphon, für Juliard, Juliard, Juliard zu stimmen.
Für mich war es ein merkwürdiges Gefühl, wie die Hauswände ringsum meinen Namen zurückwarfen, aber der Kandidat nahm es beifällig lächelnd zur Kenntnis.
Lavender und Faith stiegen ebenfalls aus, jede mit einer Tüte voll Aufklebern, auf denen, in etwas größerer Schrift als Bethune auf den Bethune-Aufklebern, Juliard stand. Sie begannen auf beiden Straßenseiten an den Haustüren zu klingeln oder zu klopfen, und wenn sich niemand meldete, steckten sie einen Aufkleber in den Briefkasten.
Kam jemand an die Tür, lächelten sie und zeigten auf den Range Rover, worauf mein Vater dann ausstieg und den Fußweg hinaufhinkte, um seine Schau abzuziehen, was ihm offensichtlich bestens gelang. Ich fuhr die Straße im Kriechtempo ab, mein Vater humpelte klaglos weiter, Mervyn schwang sein Megaphon, und Lavender und Faith ließen keinen Handzettel übrig. Die Leute winkten freundlich hinter uns her, und die ersten Juliards erschienen an den Fenstern. Als wir die Straße durchhatten, war ich fast tot vor Langeweile, doch die Überredungskünstlerinnen Lavender und Faith sonnten sich in ihrem Erfolg und betrachteten die Straße als dazugewonnen.
Nach zwei weiteren langen Fahrten durch die Vorstadt (wobei zumindest ein Baby geküßt wurde) gönnten wir uns ein Mittagssandwich in einer Kneipe.
»Wenn dich jemand ins Haus bittet«, sagte mein Vater (den an diesem Vormittag fünf oder sechs Leute hereingebeten hatten), »gehst du ins Wohnzimmer und sagst: >Haben Sie es aber hübsch hier!<, auch wenn du es gräßlich findest.«
Lavender, Faith und Mervyn nickten zustimmend, und ich meinte: »Das ist doch verlogen.«
»Du mußt noch viel lernen.«
Wir saßen am Fenster. Ich schaute hinaus auf den gut sichtbaren Range Rover und dachte bei mir, daß ich an diesem Morgen schon einiges dazugelernt hatte und daß das, was ich hier mitbekam, wahrscheinlich eine Menge Wählerstimmen wert war.
Als sei er meinem Gedankengang gefolgt, sagte mein Vater leichthin: »Wir reden nachher darüber«, doch erst als wir uns für das abendliche Streitgespräch im Rathaus umzogen, kam er auf Foster Fordham zu sprechen.
Bis dahin hatte ich Mervyn schon überredet, den Wagen nachts in einer Mietgarage unterzustellen, nicht ohne die sanfte unterstützung meines Vaters, der beiläufig meinte: »Der Junge hat recht, Mervyn. Damit wäre uns allen gedient. Jedenfalls schadet es nichts, wenn man ihn vor Dieben schützt«, und da der Wagen nicht der Partei, sondern meinem Vater gehörte, bekam er seinen Willen.
»Foster Fordham wußte nicht, wie weit du dich auskennst«, sagte er und fuhr sich mit dem Kamm durch die dichten dunklen Locken, ohne viel an der Frisur zu ändern. »Er war erstaunt, daß du gar nichts gefragt hast.«
»Terry, der Mechaniker, hat gefragt - und keine Antwort bekommen.«
»Was glaubst du denn, was nun eigentlich los war?«
»Hm ... wenn ich oder sonst jemand gestern mit dem Range Rover nach Quindle gefahren wäre, hätten wir wahrscheinlich einen Unfall gebaut. Nehme ich zumindest an.«
Mein Vater ließ den Kamm sinken und sagte ruhig: »Weiter.«
»Ich glaube schon«, sagte ich, »daß die Kugel, die so nah an uns vorbeiging, dir gegolten hat, und selbst wenn du nicht tödlich getroffen, sondern einfach schwer verletzt worden wärst, hätte es das Aus für deinen Wahlfeldzug bedeutet. Aber die ganze Stadt war Zeuge, daß du dir nur den Fuß verrenkt hast. Wenn also jemand nach einer weiteren Gelegenheit gesucht hat, dich auszuschalten, bot sich der Range Rover an, der die ganze Nacht unbewacht auf dem Parkplatz stand und an seiner auffälligen Gold-und Silberbemalung eindeutig als deiner zu erkennen war.«
»Ja.«
»Während der Osterferien, als ich die meisten Fahrstunden nahm, habe ich viele Motorsportzeitungen gelesen.«
»Ich dachte, da hättest du für deine Aufnahmeprüfung an der Uni gebüffelt.«
»Hm ... und für Sir Vivian geritten bin ich damals auch noch. Ich meine, rechnen kann ich im Schlaf. Ich mußte nur zusehen, daß ich alle Prüfungsfragen, die vorher mal aufgetaucht waren, im Kopf hatte. Ich will jetzt wirklich nicht angeben, aber bei mir war einfach noch viel Platz da oben, also hab ich mir die Autozeitschriften reingezogen. Ich wußte nicht, daß du einen Range Rover hast, aber ich kannte die Dinger vom Lesen. Ich wußte auch von der Diebstahlsicherung. Wenn der Wagen also die ganze Nacht ruhig auf dem Parkplatz gestanden hatte und wenn nur du die Schlüssel zum Deaktivieren des Alarms hattest, dann konnte da niemand rein - man hätte sich nur von außen ... oder von unten ... an dem Wagen zu schaffen machen können .« Ich brach ab, weil ich mir albern vorkam, doch er bedeutete mir, weiterzureden.