Rom in der Frühzeit war also die Vierregionenstadt, d. h. jenes Stadtgebiet, das in späterer Zeit durch den Umzug der Argeerprozession berührt wurde.
Neben dem latinischen Element hat es in Rom schon seit früher Zeit offenbar auch ein sabinisches gegeben. Es wird mit der Ansiedlung auf dem Quirinal in Verbindung gebracht (hier auch der sabinische Gott Semosancus). Bereits unter den ältesten römischen Geschlechtern erscheinen solche sabinischer Herkunft wie die Claudier, Fabier und Aurelier. Ferner sprechen die doppelten Collegien der Salier (Salii Palatini, Salii Collini) und der Lupercales für die Existenz zweier Bevölkerungsteile im alten Rom. Nimmt man dazu die Bezeichnung Quirites, die doch wohl (mit Madvig) als eine alte Volksbezeichnung zu betrachten und mit dem Quirinal in Verbindung zu bringen ist, so scheint auch dies das Vorhandensein eines anderen völkischen Elements neben dem römischen zu bestätigen. Es ist jedoch zu betonen, daß in dieser Frage Sicherheit nicht zu erlangen ist, weshalb alle modernen Theorien kaum mehr als Vermutungen sind.
Geht man davon aus, daß die Vereinigung Roms zur Vierregionenstadt, wahrscheinlich im 7. Jh. v. Chr., auf friedliche Weise erfolgt ist, so muß man fragen, welche Institutionen dieses Gemeinwesen besessen haben kann. An der Spitze stand sicherlich ein König, denn das Wort rex weist in die indogermanische Vorzeit zurück. Wie im alten Hellas war der König zugleich der oberste Feldherr, Richter und Priester, seine sakrale Würde lebt in republikanischer Zeit in dem rex sacrorum (rex sacrificulus) weiter, ebenso die besondere Stellung seiner Frau, der regina sacrorum. Neben dem König stand der Rat der Alten, der Senat, seine Mitglieder waren die Häupter der großen Familien, die patres. Neben diesen Familien, die in gentes gegliedert waren, gab es aber auch noch zahlreiche Einwohner der Stadt, die nicht zu diesen gentes und familiae gehörten, es war dies die große Masse der Bevölkerung, plebs genannt, unter denen sich auch viele Auswärtige und Zugewanderte befunden haben. Manche von den Plebejern waren den patres durch das Band der clientela in einem gegenseitigen Treueverhältnis verbunden.
In der Frühzeit gehört schließlich noch die Einteilung des Volkes in tribus, drei an der Zahl, sie entsprechen den Phylen der Griechen und hatten vor allem sakrale Bedeutung. Die
Namen dieser Tribus - Ramnes, Tities, Luceres - aber sind zweifellos etruskisch, ebenso gehört wohl auch die schematische Einteilung jeder der drei tribus in je zehn curiae (<Häuser>) in die Etruskerzeit (Ernst Meyer). Curiae hat es dagegen sicher auch schon in der voretruskischen Periode gegeben, ebenso auch die comitia curiata, zu denen die Mitglieder der curiae zusammentraten. In historischer Zeit hatte diese Curienversammlung zwar keine große Bedeutung mehr, sie besaß aber immer noch gewisse Rechte, wie z. B. bei der Adoption, und politisch wesentlich war die lex curiata de imperio, durch die sich die consules nach ihrem Amtsantritt das Imperium bestätigen lassen mußten, nachdem ihre Wahl durch die comitia centuriata erfolgt war.
In der römischen Geschichtsschreibung, bei den Annalisten, ebenso aber auch bei Livius und Dionysios von Halikarnassos, die sich auf die Annalistik stützen, ist die Tradition über die römische Königszeit vollkommen ausgebildet. In einem Zeitraum von etwa 240 (genau: 244) Jahren herrschen in Rom sieben Könige: Romulus, Numa Pompilius, Tullus Hostilius, Ancus Marcius, L. Tarquinius Priscus, Servius Tullius, L. Tarquinius Superbus. Ihre Namen und ihre Taten sind in der römischen Tradition fest verankert. Trotzdem können die Königsgeschichten als solche schwerlich als historisch gelten. Auch die Dauer der sieben Königsherrschaften mit insgesamt ungefähr 240 Jahren widerspricht jeder menschlichen Erfahrung, sie ist viel zu lang. Außerdem erscheinen die römischen Könige geradezu als die Verkörperung der römischen Kardinaltugenden, ihre Gestalten sind Menschen ohne Fleisch und Blut, sie sind konstruiert, sie gehören nicht der Geschichte, sondern der Legende an.
In Verbindung mit der sagenhaften Gründungsgeschichte Roms hat die Geschichte der römischen Könige schon im Altertum überall den lebhaftesten Widerhall gefunden. Die Gestalten des Aeneas, der römischen Könige und Helden, sind durch die Medien der römischen Dichtung (Vergil) und Geschichtsschreibung (Livius) zu einem gemeinsamen Besitz der ganzen Kulturwelt geworden, sie haben immer wieder die Phantasie der Dichter und Maler beflügelt und sind auf diese Weise unsterblich geworden. Trotzdem kann darüber kein Zweifel bestehen, daß sie samt und sonders ihr Leben einer poetischen Erfindung verdanken, die im Laufe der Jahrhunderte immer weiter ausgesponnen worden ist. So werden dem Stadtgründer Romulus, neben dem sein Bruder Remus nur ein Schatten ist, die maßgebenden politischen Einrichtungen des alten Rom zugeschrieben. Senat und Bürgerschaft, das älteste römische Heer, sogar der Gegensatz zwischen patres und plebs werden in die Zeit des Romulus heraufgerückt. Gegenbild des ersten Königs ist Numa Pompilius, er ist der Schöpfer des römischen Sakralwesens und der Priesterkollegien. Mit Tullus Hostilius beginnt die kriegerische Expansion des alten Rom, Alba Longa wird erobert und zerstört. Dieses Werk wird durch Ancus Marcius fortgesetzt, er soll die Stadt Rom durch die Hereinnahme des Janiculus erweitert und den Stützpunkt Ostia an der Tibermündung angelegt haben. L. Tarquinius werden eine Reihe von Bauten in der Stadt, vor allem aber die Trockenlegung des Forum durch die cloaca maxima zugeschrieben. Sein Nachfolger Servius Tullius gilt als der eigentliche Schöpfer der Einteilung der römischen Bürgerschaft mit den centuriae und tribus, er soll ferner den Mauerbau der Stadt zu Ende geführt haben (agger des Servius Tullius). Tarquinius Superbus, der Letzte in der Reihe, ist der Typus des Tyrannen. Unter seiner Herrschaft erhoben sich die Römer unter der Führung des L. Junius Brutus, der angebliche Grund war die Ehrenkränkung, die einer der Königssöhne der vornehmen Lucretia, der Gattin des L. Tarquinius Collatinus, zugefügt haben soll. Die Familie des letzten Königs mußte Rom verlassen und in Caere, später in Cumae, das Brot der Verbannung essen.