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vortreffliche Wahl, die den Beratern Neros alle Ehre macht.

Im Hochsommer 69 fand ein Kriegsrat in Anwesenheit des Vespasian und des Mucianus in Berytus statt: man beschloß, Vespasian solle in Ägypten bleiben, um dieses Land, die große Kornkammer des Reiches, fest in der Hand zu behalten. Die Führung der aus dem Orient in den Westen zu entsendenden Truppen sollte dagegen Mucianus übernehmen, es waren insgesamt etwa 20-25000 Mann. Mit dem Anschluß der Donauarmee konnte jedoch gerechnet werden. In Italien hatte Vitellius, sehr zur unrechten Zeit, eine Umgruppierung und Umformierung zahlreicher Truppenverbände vorgenommen. Zahlreiche Einheiten befanden sich auf dem Marsch, zum Teil in entlegene Provinzen, andere waren völlig disziplinlos geworden und terrorisierten die Einwohner der Stadt Rom und anderer Städte, die ihnen in Italien zugewiesen worden waren. Die Entscheidung fiel jedoch nicht durch Mucianus, sondern durch M. Antonius Primus, den Legaten der  legio VII Galbiana in Pannonien. Antonius Primus fiel mit Vorausabteilungen der pannonischen Legionen, ohne Mucianus und dessen Truppen abzuwarten, über Aquileja in Norditalien ein, über Altinum gelangte er bis Vicenza. Die Wacht an der Donau hatten indessen die Jazygen, wahrscheinlich gegen Soldzahlung, übernommen. Auf der Seite des Vitellius spielte der Verrat. Die Flotte von Ravenna fiel von ihm ab, auch Caecina, einer seiner bedeutendsten Heerführer, versuchte die Truppen für Vespasian zu gewinnen, er wurde jedoch gefangengesetzt. Die Entscheidung fiel in einer zweiten Schlacht bei Bedriacum (Ende Oktober 69). Antonius blieb in einer ungemein blutigen Auseinandersetzung Sieger, Cremona wurde erstürmt und geplündert, wobei es zu entsetzlichen Schreckensszenen gekommen ist. Auf die Kunde von dieser Schlacht erklärte sich der Westen des Reiches für Vespasian, auch die Flotte von Misenum fiel von Vitellius ab. Antonius Primus aber zog, ohne große Eile an den Tag zu legen, über Fanum Fortunae nach

Carsulae. Hier wurde eine Konvention mit den ihm gegenüberstehenden Truppen des Vitellius abgeschlossen (17. Dezember 69). Vitellius, der Prinzeps, war zum Rücktritt bereit, aber er war nicht Herr der Lage in der Hauptstadt; hier brachen Straßenkämpfe aus, in denen sich die Anhänger des Vitellius und des Vespasian gegenüberstanden. Der Stadtpräfekt Flavius Sabinus, der Bruder Vespasians, hatte sich mit den  Cohortes urbanae  auf dem Kapitol verschanzt, die Burg wurde aber erstürmt, Flavius Sabinus fand dabei den Tod, das Kapitol ging in Flammen auf (19. Dezember 69). Bereits am folgenden Tag erschien Antonius Primus vor den Toren Roms, die Stadt wurde im Sturm genommen, wobei angeblich 50000 Menschen umgekommen sein sollen. Vitellius fand ein unrühmliches Ende, er hatte sich im Palatinspalast versteckt, wurde aber aufgestöbert. Auf dem Forum empfing er den tödlichen Streich, sein Leichnam wurde in den Tiber geworfen (20. Dezember 69).

Die Frage nach dem Nachfolger Neros war damit entschieden. Aus dem Streit der Prätendenten war Vespasian dank der Kampfkraft der pannonischen Legionen als Sieger hervorgegangen. Der neue Kaiser befand sich allerdings noch in Ägypten, erst im Herbst des Jahres 70 hat er italischen Boden betreten. Schon am 22. Dezember 69 hatte der Senat die üblichen Ehren  (honores)  für den neuen Prinzeps beschlossen, darunter das  imperium proconsulare,  die  tribunicia potestas,  den Namen Augustus und einige weitere Rechte, die auch die früheren Kaiser besessen hatten. Von dem Bestallungsgesetz Vespasians ist der letzte Teil erhalten, in ihm ist von einer Anzahl von Privilegien des Prinzeps die Rede, darunter von dem Recht, Bündnisse abzuschließen, dazu von seinem Verhältnis zum Senat, von der Empfehlung  (commendatio)  seiner Kandidaten, von dem Recht, das Pomerium zu erweitern, und von anderem. Endlich wurden alle Maßnahmen Vespasians seit dem  dies imperii,  dem Tage, an dem er in Alexandrien zum Kaiser ausgerufen worden war (1. Juli 69), für rechtsgültig erklärt. In Rom aber hatte Mucianus nach seinem Eintreffen (wohl noch am 22. Dezember 69) die Zügel in die Hand genommen, Antonius Primus mußte sich ihm unterordnen, begab sich aber bald zu Vespasian.

6. Die Zeit der flavischen Dynastie (70-96

n. Chr.)

Die Wirren und Kämpfe des Vierkaiserjahres waren an dem Imperium Romanum nicht spurlos vorübergegangen. Besonders in weit entlegenen Gebieten, aber auch an den Grenzen des Reiches machten sich Unruhen bemerkbar. In der Landschaft Pontos  in Kleinasien erhob sich Anicetus, ein Freigelassener des letzten pontischen Königs, zugunsten des Vitellius, der Aufstand konnte aber unterdrückt werden. Schwere Zeiten hatte die Provinz  Moesia  an der unteren Donau durchzumachen, sie wurde von Sarmaten und Geten bedrängt (69-70). Sehr viel gefährlicher als diese lokalen Unruhen aber waren die Aufstände in  Germanien  und  Judäa.  In Palästina hatten die Römer eine große Streitmacht gegen die aufständischen Juden versammelt. Nicht weniger als sechs Legionen, 20 Kohorten und acht Alen standen hier unter dem Oberbefehl des Titus, dazu kamen noch die Kontingente orientalischer Vasallenfürsten. Die Stadt Jerusalem war längst vom Hinterland abgeschnitten, doch hatten die Kämpfe um das Kaisertum im römischen Reich den Juden noch einmal eine Gnadenfrist geschenkt, die von diesen vor allem durch Parteikämpfe ausgefüllt worden ist. Als die Unterstadt von den Römern erobert worden war, verteidigten sich die Juden mit Verbissenheit in der Oberstadt, sie wurde am 26. September 70, an einem Sabbat, von Titus mit stürmender Hand genommen. Titus, durch den hartnäckigen Widerstand aufgebracht, hatte die vollständige Zerstörung der Stadt befohlen, um den Herd des jüdischen Widerstandes für alle Zeiten auszutilgen. Wenn man dem Historiker Josephus Glauben schenken darf, so wären im Jüdischen Kriege 97000 Juden in römische Gefangenschaft geraten (sie wurden zumeist als Sklaven verkauft, oder man schickte sie in die Bergwerke, andere wurden für die Spiele aufgespart), mehr als eine Million wäre durch Hunger, Seuchen oder das Schwert umgekommen. Im Juni 71 feierte Titus, zusammen mit seinem Vater Vespasian, in Rom seinen Triumph. Der Bogen des Titus, der heute noch auf dem Forum Romanum steht, ist übrigens erst im Jahre 81, nach dem Tode des Titus, durch seinen Bruder und Nachfolger Domitian errichtet worden. Judäa wurde von Syrien abgetrennt, es wurde eine eigene kaiserliche Provinz, die Hauptstadt war Cäsarea. Den Juden wurde eine Sondersteuer auferlegt, und zwar pro Kopf zwei Drachmen  (fiscus ludaicus),  sie waren nunmehr an den Tempel des Juppiter Capitolinus in Rom zu entrichten. Im übrigen sind die Flammen des Aufstandes erst im Jahre 73 erloschen, als letzter Stützpunkt der Juden ist die Burg Masada am Toten Meer erst im April 73 gefallen. Sie war von den Sikariern verteidigt worden, einer besonders fanatischen Sekte. Es war kein Wunder, wenn sich bei den Juden ein ungeheurer Haß gegen die römischen Unterdrücker ansammelte. Was die Juden von Rom dachten, zeigt in christlicher Überarbeitung die Offenbarung Johannis, in der Rom als die Mutter der Dirnen und aller Greuel der Welt erscheint.