M. Cocceius Nerva, der Nachfolger des Domitian, ein Angehöriger der Senatsaristokratie, war bereits 65 Jahre alt, als man ihn zum Kaiser ausrief. Jedermann in Rom wußte, daß sein Prinzipat nur ein Übergang sein konnte. Unter den Flaviern hatte Nerva zweimal das Consulat bekleidet, unter Vespasian im Jahre 71 und unter Domitian im Jahre 90. Sein Regierungsprogramm illustrieren seine Münzen: sie zeigen Nerva im Bürgerkleid, in der Toga, wie er gemeinsam mit dem Genius senatus den Globus hält, die Legende lautet Providentia senatus. Der Groll, der sich gegen das autokratische Regiment des letzten Flaviers angestaut hatte, entlud sich nun in Schmähungen gegen den toten Löwen. Der Senat beschloß die damnatio memoriae Domitians, sein Name wurde in allen öffentlichen Urkunden getilgt, seine Standbilder wurden umgestürzt. Das Volk verhielt sich teilnahmslos oder zum mindesten ruhig, die Prätorianer aber und die Truppen der Donauarmee wurden schwierig, doch stellte ein Donativum des neuen Prinzeps die Lage in Rom wieder her. Im Standlager von Viminacium soll der gefeierte Philosoph Dion Chrysostomos von Prusa für den neuen Prinzeps eingetreten sein. Überhaupt spielte das Militär die erste Rolle, die Prätorianer setzten es sogar durch, daß die an der Ermordung Domitians Beteiligten der Strafe zugeführt wurden, was Nerva nicht zu verhindern vermochte. Auf den Rat seiner Freunde ernannte der Prinzeps den aus Spanien stammenden M. Ulpius Traianus, den Legaten von Germania Superior, zu seinem Nachfolger. Ihm wurde der Titel Caesar, dazu die tribunicia potestas und das imperium proconsulare übertragen; er war von nun an Mitregent und der künftige Nachfolger (Oktober 97). Auch sonst hatte Nerva in seiner kurzen Regierung - sie dauerte nur 16 Monate vielfach eine glückliche Hand. So ist es ihm gelungen, den Staatshaushalt wieder in Ordnung zu bringen, die Requisitionen für den cursus publicus in Italien wurden untersagt, den Juden die drückende Steuer des fiscus ludaicus für den Tempel des Juppiter Capitolinus in Rom erlassen. Von Nerva stammt ferner die Begründung der Alimentationen. Es handelt sich hierbei um Stiftungen für den Unterhalt bedürftiger Kinder, eine Idee, die Nervas Nachfolger, Trajan, in größerem Umfang weitergeführt hat. In Rom wurde das von Domitian begonnene Forum vollendet (Forum Nervae), außerdem die Zufuhr von Wasser in die Hauptstadt verbessert, dabei stand dem Herrscher der Consular Sex. Julius Frontinus zur Seite. Nerva starb am 27. Januar 98.
In der Person des M. Ulpius Traianus bestieg der erste Römer aus Spanien den Thron der Cäsaren. Er stammte aus Italica in der Provinz Baetica. Als er das Prinzipat übernahm, war er 45 Jahre alt. Schon sein Vater gleichen Namens hatte unter Nero und Vespasian eine glänzende Laufbahn zurückgelegt, er war nicht nur Legat von Syrien, sondern auch Proconsul von Asia gewesen. Trajan aber war vor allem Offizier, seiner militärischen Tüchtigkeit verdankte er seinen Aufstieg, der ihn unter Domitian (im Jahre 91) bis zum Consulat geführt hatte. Schon Montesquieu hat Trajan außerordentlich günstig beurteilt, mit vollem Recht. Trajan ist zweifellos eine der glänzendsten Kaisergestalten des ganzen römischen Prinzipats: er war nicht nur ein furchtloser und umsichtiger Feldherr, sondern auch ein Administrator hoher Qualität, wie dies seine in lapidarem Imperatorenstil verfaßten Antwortschreiben an den Jüngeren Plinius beweisen. Der Senat verlieh ihm den Titel Optimus. In Erinnerung an sein Vorbild wurden die Kaiser in späteren Jahrhunderten mit «felicior Augusto, melior Traiano» akklamiert. In seiner Frau Plotina stand ihm eine würdige Kaiserin zur Seite. Zunächst wurde Trajan noch an der Rheingrenze festgehalten, die Botschaft vom Ableben des Nerva, seines Adoptivvaters, hatte er in Köln entgegengenommen. Sie war ihm von Hadrian, seinem späteren Nachfolger, überbracht worden. Von Trajans Wirken am Rhein sind so manche Spuren zurückgeblieben. Trajan hatte den von Domitian errichteten Limes verstärken lassen, zur Verbesserung der strategischen Verbindungen hatten Neubauten von Straßen beigetragen. Die von Mainz über Baden-Baden und Offenburg zur Donau führende Straße war unter ihm fertiggestellt worden, ebenso die Verbindung zwischen Mainz-Köln-Vetera- Nymwegen. Außerdem hatte er die Kolonien Ulpia Traiana (Xanten) und Ulpia Noviomagus (Nymwegen) gegründet. Überhaupt hat sich Trajan von Anfang an um die kulturelle Hebung, insbesondere aber um die Urbanisierung der neugewonnenen Gebiete, und hier vor allem der Landschaft am rechten Ufer des Oberrheins, bemüht. Die Lage an der Rheingrenze war seitdem vollständig konsolidiert, das Rheinheer konnte auf vier Legionen reduziert, das Legions lager von Neuß (Novaesium) sehr bald aufgelassen werden (105 n. Chr.). Nach einem kürzeren Aufenthalt an der oberen Donau und in Raetien im Winter 98/99 traf der Prinzeps Anfang 99 in Rom ein, das ihm einen triumphalen Empfang bereitete.
Während seiner ganzen Regierung hat sich Trajan zum Vorrang der Außenpolitik bekannt. Diese Einstellung entsprach ebenso seinem Temperament wie seinen großen Fähigkeiten. Trajan ist der erste große Eroberer seit den Tagen des Julius Caesar, als erster ist er über die von Augustus geschaffenen künstlichen Stromgrenzen des Imperiums hinweggeschritten. Seine Aufmerksamkeit war vor allem auf zwei Probleme gerichtet: auf das Problem der Donaugrenze und auf die Frage der Ostgrenze des Reiches in Syrien. Trajan hatte sich entschlossen, zur Offensive überzugehen. Dieser Idee sind die Kriege gegen die Daker (101-106) und gegen die Parther (113 117) entsprungen. Um die Kriegspläne durchzuführen, benötigte Trajan nicht nur eine schlagkräftige Armee, sondern auch einen fähigen Generalstab, der imstande war, die großen neuen
Aufgaben zu meistern. Trajan hatte das Glück, eine Reihe von bedeutenden militärischen Helfern zu finden. Zu ihnen gehörte L. Licinius Sura, der ebenso wie der Prinzeps aus Spanien (Hispania Tarraconensis) stammte, Sura hat sich auf den dakischen Feldzügen wiederholt ausgezeichnet, der Senat hat ihm sogar die ornamenta triumphalia verliehen. Er war mit Hadrian befreundet und hat diesem den Weg auf den Kaiserthron geebnet. Auf den dakischen Feldzügen diente er als comes des Kaisers, an der Paraphierung des endgültigen Friedens mit Decebalus war er beteiligt. Neben Licinius Sura standen vier ausgezeichnete Truppenführer: Lusius Quietus, Cornelius Palma, Marcius Turbo und Hadrian. Lusius Quietus war ein brillanter Reiterführer, in gleicher Weise bewährt im Kampf gegen Daker und Parther. Später erhielt er den Auftrag, den Aufstand der Juden niederzuwerfen, schließlich bekleidete er das Amt eines Statthalters der Provinz Judäa. A. Cornelius Palma hat das arabische Nabatäerland in eine römische Provinz (Arabia) umgewandelt (106). Ebenso wie dem Licinius Sura ist auch ihm eine Statue auf dem Forum Traiani in Rom zuerkannt worden. Q. Marcius Turbo, ein römischer Ritter, war ein enger Freund des Prinzeps. Bekannt geworden ist er vor allem durch seine Tätigkeit in Ägypten, wo er den Judenaufstand niedergeworfen hat. P. Aelius Hadrianus hat als comes des Trajan im Dakerkriege gedient, unter ihm ist er bis zum Legaten von Syrien aufgestiegen, d. h. zu einer der wichtigsten Stellungen, die der Prinzeps überhaupt zu vergeben hatte.
Das Heer hat Trajan beträchtlich vergrößert, zwei Legionen (II Traiana, XXX Ulpia) sind bald nach dem Beginn des Dakerkrieges neu geschaffen worden, außerdem zahlreiche Kohorten und Alen, auch die Prätorianertruppe wurde um eine Kohorte vermehrt, endlich hat sich Trajan mit einer Leibwache, den equites singulares, umgeben; es waren dies hauptsächlich Germanen (Bataver u. a.).