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Bei seinem Regierungsantritt sah sich Hadrian einer schwierigen finanziellen Situation gegenüber. Der Partherlkrieg hatte enorme Summen verschlungen, in Italien und in zahlreichen Provinzen gab es große Steuerrückstände. Hadrian aber soll diese Steuerschulden einfach gestrichen haben. Ferner verzichtete er auf das  aurum coronarium  und die  bona damnatorum,  auch weigerte er sich, Erbschaften von Personen anzutreten, die ihm persönlich unbekannt waren. Aus der Steuerverwaltung wurden die  societates publicanorum ausgeschaltet, eine für die Provinzialen sehr heilsame Maßnahme, wenn sie auch der Entfaltung der privaten Initiative auf dem Gebiet der Wirtschaft abträglich war. Richtunggebend für die Agrarwirtschaft wurde die  lex Hadriani.  Sie gestattete unter gewissen Voraussetzungen nach Art der griechischen Emphyteuse die Okkupation unbebauten Landes. Zur besseren Bewirtschaftung verpachtete der Prinzeps, der größte und reichste Domanialherr, das Land an  conductores,  diese zerlegten es in Parzellen und übergaben es an  coloni,  deren Rechte und Pflichten im Pachtvertrag genau umschrieben waren.

Wie sein Vorgänger Trajan so hat auch Hadrian die Urbanisierung des Reiches nach Kräften gefördert. Zahlreiche Gemeinden in Kleinasien und Thrakien verehrten in der Folgezeit Hadrian als ihren Gründer  (ktistes),  und in manchen

Griechenstädten wie in Athen erscheint als neue Phyle die Hadrianis. Die bedeutendste Gründung Hadrianopolis in Thrakien zeugt noch heute mit ihrem Namen von dem erfolgreichen Wirken des Prinzeps.

Die Zahl der Bauten, die in Rom und im Reiche auf Hadrian zurückzuführen sind, ist sehr groß. In Rom, an der Via Sacra, ließ der Kaiser den Tempel der Venus und der Roma errichten, und zwar auf dem Gelände der  domus aurea  des Nero, im Jahre 135 wurde das Heiligtum eingeweiht. Das Pantheon, von M. Vipsanius Agrippa erbaut, hatte schon unter Domitian restauriert werden müssen, unter Trajan wurde das wuchtige Bauwerk durch einen Blitzschlag beschädigt. In den Jahren von 122 bis 124 ließ Hadrian das Pantheon neu errichten, die Kuppel mit einem Durchmesser von 55 in und einer Höhe von 43 in. Es ist dies eine der glänzendsten Leistungen der römischen Baukunst in der Kaiserzeit. In den letzten Jahren seines Lebens, bereits von schwerer Krankheit gezeichnet, schritt Hadrian zur Errichtung eines eigenen Mausoleums  (moles Hadriani).  Der festungsartige Bau jenseits des Tiber wurde durch eine eigene Brücke  (pons Aelius)  mit der Stadt verbunden. Der von Hadrian als Nachfolger in Aussicht genommene Aelius Caesar und die Gattin des Kaisers, Vibia Sabina, haben in diesem großartigen Grabmal, noch vor dem Prinzeps, ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Gleichfalls echt hadrianischem Geist entsprungen ist die Villenanlage, die der Prinzeps in Tibur (Tivoli) in langjähriger Arbeit errichten ließ. Hier, an den Wasserfällen des lieblichen Anio, gedachte er von seinen Reisen und Mühen auszuruhen. In den Bauten der Villa wollte er die schönsten Stätten seines Reiches, die er selbst mit eigenen Augen gesehen hatte, wiederfinden. Es scheint so gut wie sicher, daß der Kaiser selbst wiederholt in den Bauplan eingegriffen und Änderungen veranlaßt hat, die zum Teil geradezu als Fehlkonstruktionen zu bezeichnen sind. Nicht weniger als 16 Jahre lang, von 118 bis 134, ist an dieser Anlage gebaut worden, das Ergebnis war ein architektonisches Phantasiegebilde, das Produkt eines Geistes, der eigenwillig, bizarr, ja geradezu verbildet zu nennen ist.

Mit dem Namen des Kaisers Hadrian verbindet sich die erste Renaissance des Hellenentums,  Der Kaiser war nicht nur von Jugend auf ein begeisterter Anhänger der griechischen Kultur, er hatte fast alle griechischen Landschaften auch aus eigener Anschauung kennengelernt, nicht weniger als dreimal  (124/25, 128/29, 131/32) hat er längeren Aufenthalt in Athen genommen. Die Griechen haben die Sympathie des Kaisers für ihre Kultur mit höchster Freude begrüßt - eine unendlich große Zahl von Inschriften aus allen Ländern griechischer Zunge rühmt den Kaiser als den großen Wohltäter der griechischen Nation. So hat beispielsweise die Stadt Thyateira beschlossen, die Wohltaten Hadrians auf einer in Athen, dem Vorort der Hellenen, zu errichtenden Weihinschrift zu verewigen. Hadrian hatte sich durch Getreidespenden, durch den Bau einer Wasserleitung und durch die Gewährung von Abgabenfreiheit große Verdienste um die kleinasiatische Griechenstadt erworben. In Beroia (Makedonien) hat er selbst einen namhaften Beitrag zur Errichtung eines Tempels beigesteuert. Das Koinon der Achäer ehrte den Prinzeps durch eine rühmende Inschrift, doch scheint sich Hadrian die Zuerkennung göttlicher Ehren verbeten zu haben, nicht anders als Tiberius und Claudius.

Hadrians Liebe zur griechischen Kultur und zum griechischen Wesen war echt und ehrlich. Er trug nicht nur griechische Tracht, er hat auch den griechischen Philosophenbart hoffähig gemacht. In Rom gründete er nach dem Vorbild des alexandrinischen Museions das Athenaeum (135), an dem Lehrstühle der griechischen Grammatik und Literatur errichtet wurden.

Irgendwelche politischen Folgen hat die hellenische Renaissance nicht gezeitigt. Griechenland und das griechische Volk spielten in der Weltpolitik seit Jahrhunderten keine Rolle mehr. Einsichtige Griechen wie Plutarch von Chäronea haben sich bemüht, ihre Landsleute aus ihrer politischen Lethargie aufzuwecken und sie insbesondere für die kommunalen Angelegenheiten der griechischen Poleis zu interessieren. Doch ist die griechische Wiedergeburt unter Hadrian im wesentlichen eine literarische und künstlerische Angelegenheit geblieben, auf dem Felde der Politik hat sie sich nicht ausgewirkt. Doch hat sie zu einem besseren Verständnis des Hellenentums und seiner geschichtlichen Leistung beigetragen. Außerdem haben es nicht wenige der Hellenen unter Hadrian und seinem Nachfolger zu hohen Würden im Reiche gebracht wie Flavius Arrianus aus Nikomedien in Bithynien. Er ist unter Hadrian bis zum  legatus pro praetore Cappadociae  aufgestiegen, dabei hat er sich um die Reichsverteidigung Verdienste erworben, indem er einen Einfall der Alanen, eines iranischen Reitervolks, abgewehrt hat.

Hadrian war ein tiefveranlagter religiöser Mensch. Er war ein Suchender, der in den gewohnten Formen der römischen Staatsreligion kein Genügen fand. Es sind insbesondere griechische, aber auch ägyptische Ideen, die seine Religiosität geprägt haben. Ebenso wie seinem Vorgänger Trajan, so lag auch ihm die Welt des Christentums ganz fern: Bei seinem zweiten Aufenthalt in Athen erschienen vor ihm der christliche Bischof der Stadt und ein Priester, sie übergaben dem Prinzeps eine Schrift zur Verteidigung des christlichen Glaubens. Sie hat, wie es scheint, auf Hadrian keinen Eindruck hinterlassen. Der beherrschende Zug der Religiosität jener Tage war vielmehr der Henotheismus:  in den unendlich vielen verschiedenen Göttergestalten sahen die Gebildeten letzten Endes doch nur die Erscheinungsformen einer einzigen, allumfassenden Gottheit. Es ist dies eine echt synkretistische Auffassung, die allerdings stark philosophisch, im besonderen stoisch gefärbt ist. Einen hervorragenden Platz in dem Pantheon aber nahm die Sonne ein, ihr hat Hadrian auf Bergeshöhen seine Verehrung dargebracht.