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Die anderen Kriege, die Mark Aurel zu führen hatte, waren von geringerer Bedeutung: es sind dies die Kämpfe gegen die in das Reichsgebiet eingefallenen Chatten in den Jahren 162 und 174, die Auseinandersetzung mit den Mauren in Mauretanien (172) und auf der Pyrenäenhalbinsel, besonders in Lusitanien (175/76), die Niederwerfung des Aufstandes der wehrhaften Bukolen in Unterägypten, die dem Avidius Cassius im Jahre 172 gelungen war.

Das eigentliche Feld für die Begabung des Philosophen auf dem Thron der Caesaren aber war nicht der Krieg, sondern die innere Politik und die Administration des Imperiums. Als überzeugter Stoiker wußte er sich für seine Untertanen verantwortlich, auf die Zusammenarbeit mit dem Senat hat er stets großen Wert gelegt. Im Gegensatz zu seinem sparsamen Vorgänger war er in finanziellen Dingen großzügig, beträchtliche Summen hat er für die Congiarien und Zirkusspiele ausgeworfen. Doch sollte es ihm nicht vergessen sein, daß er in Athen vier philosophische Lehrstühle geschaffen hat, deren Inhaber ihre Besoldung aus der Staatskasse erhielten. Im Jahre 178 ließ er alle Summen, die dem Fiskus geschuldet wurden, einfach streichen. Endlich verlieh er einer Anzahl von Städten, unter ihnen Smyrna, Ephesos, Nikomedien und Karthago, die Abgabenfreiheit. Überhaupt hat sich Mark Aurel den Städten des Reichs gegenüber sehr wohlwollend gezeigt. Berühmt ist der Senatsbeschluß, der die Herabsetzung der hohen Kosten für die Gladiatorenspiele in den Städten zum Gegenstand hat. Von ihm haben sich Abschriften in Italica in Südspanien und in dem kleinasiatischen Sardes gefunden. Segensreich war auch seine Tätigkeit auf dem Gebiet der Rechtsprechung. So hat der Kaiser das Unwesen der Denunzianten  (delatores) unterdrückt und nach dem Vorgang Hadrians Italien wieder in vier Gerichtsbezirke eingeteilt. An ihrer Spitze standen vier iuridici,  Prätorier mit weitgehenden jurisdiktionellen und administrativen Befugnissen.

Mark Aurel kannte die Christen, aber er liebte sie nicht. Sie waren in seinen Augen illoyale Bürger, die ihr eigenes Interesse über das des Staates stellten. So war der Konflikt unausweichbar, obwohl die stoische Weltanschauung des Prinzeps so manche Berührungspunkte mit der Lehre des Christentums aufzuweisen hatte. Von größeren Verfolgungen ist in der Überlieferung nicht die Rede, allein in Lugdunum (Lyon) ist eine Anzahl von Christen, unter ihnen der 90jährige Bischof Potheinos, unter schrecklichen Martern getötet worden (177). Hier war es die Bevölkerung der Stadt, die sich gegen die Christen aufhetzen ließ, die Zahl der Opfer dürfte jedoch 30 nicht wesentlich überstiegen haben. Aber auch an anderen Orten des Reiches, wie z. B. in Rom und in Pergamon, vielleicht auch in Smyrna, wenn anders das Polykarpmartyrium in diese Zeit gehört, erlitten Christen den Märtyrertod. Und es besteht kaum ein Zweifel, daß sich in diesen Verfolgungen der Geist des Zeitalters offenbart, für den letzten Endes der Kaiser mitverantwortlich gewesen ist.

Auch in der Regelung der Nachfolge hatte Mark Aurel keine glückliche Hand. Aus der Ehe mit der jüngeren Faustina hatte der Kaiser zwölf Kinder (vielleicht sogar noch mehr). Von den Söhnen aber war nur ein einziger am Leben geblieben, Commodus. Obwohl ihm die Schwächen des Sohnes nicht verborgen geblieben waren, hat Mark Aurel ihn im Jahre 177 zum Mitregenten proklamieren lassen, Commodus führte von nun an nicht nur den Augustustitel, sondern auch den Ehrennamen  pater patriae.  Auf dem Totenbett hat ihn Mark Aurel noch einmal ausdrücklich zu seinem Nachfolger designiert. Es sollte sich dies als ein Fehler erweisen - aber das Dilemma bestand darin, daß eine in jeder Weise geeignete Persönlichkeit in der Umgebung des Kaisers nicht vorhanden war, vielleicht mit Ausnahme des Schwiegersohnes Ti. Claudius Pompejanus, den Mark Aurel zum Ratgeber des Commodus bestimmt hatte. Die Zukunft des Reiches aber ruhte nach dem Ableben des Mark Aurel auf den Schultern eines Neunzehnjährigen, der weder über das Pflichtgefühl noch über die Fähigkeiten verfügte, die das Reich in seiner Krise nötig gehabt hätte.

10. Die Regierung des Commodus und die Kämpfe um die Nachfolge (180-193 n.

Chr.)

Commodus (er regierte von 180 bis 192) verdankte den Thron vor allem seinem Vater, der sich der Zustimmung des Heeres sicher gewesen war. Der Senat war gar nicht erst gefragt worden, dies erklärt teilweise den scharfen Gegensatz, der in der Folgezeit zwischen dem Kaiser und der hohen Körperschaft bestanden hat. Die Überlieferung (vor allem Cassius Dio, ein Zeitgenosse, aber auch die Historia Augusta) zeichnet Commodus als einen ausgesprochenen Tyrannen, ein Urteil, das die moderne Forschung im wesentlichen übernommen hat. Dabei wird jedoch die tiefgreifende Umwandlung übersehen, die sich im Imperium Romanum im Verlauf des 2. Jh. n. Chr. vollzogen hatte: Commodus ist zweifellos für die Krisenerscheinungen, vor allem auf dem Gebiet der Wirtschaft, aber auch im Heerwesen, nur zu einem geringen Teil verantwortlich. Allerdings hat Commodus die Regierung seinen Günstlingen überlassen, zuerst dem  praefectus praetorio Tigidius Perennis, nach dessen gewaltsamem Tode im Jahre 185 dem M. Aurelius Cleander, einem Freigelassenen. Da der Kaiser sich von Verschwörungen umgeben wähnte, befand er sich ganz in den Händen seiner Ratgeber. Zahlreiche Senatoren wurden mit dem Tode bestraft, da man sie der Konspiration gegen das Leben des Prinzeps bezichtigt hatte. Die Verwaltung geriet in Unordnung, im Jahre 190 soll es nicht weniger als 25 Consules gegeben haben. Besonders drückend aber war die Geldnot; sie ist auf die schleichende wirtschaftliche Krise zurückzuführen, für die weder der Kaiser noch seine Ratgeber verantwortlich waren. In den Provinzen sah es besser als in Rom und in Italien aus: gerade in der Zeit des Commodus verfügte das Reich über eine beachtliche Zahl von hervorragenden Statthaltern, von denen es einige in der Folgezeit sogar zum Kaisertum gebracht haben, unter ihnen der bedeutendste, Septimius Severus, zuletzt Legat von Oberpannonien. Es war ferner ein Glück für das Reich, daß sich die Völker an seinen Grenzen an Rhein und Donau ruhig verhielten. So konnte Commodus auf die Besatzungen in den Barbarenländern verzichten, er gestattete den Klientelvölkern, Versammlungen abzuhalten, allerdings in Gegenwart eines römischen Offiziers. In Germania Superior und in Raetia wurde die Befestigungspolitik fortgeführt, in Nordbritannien hatten die Römer vor dem Druck der Briganten den Rückzug vom Antoninswall auf den Hadrianswall angetreten, und zwar wahrscheinlich schon unter Mark Aurel (s. S. 308). Im übrigen herrschte an den Grenzen und im Inneren des Reiches Ruhe. In Rom aber wuchs die Mißstimmung gegen den Prinzeps, der auf die Sympathie der Gebildeten keinen Wert legte und am liebsten in der Arena als Gladiator aufgetreten wäre. Sein Idol war Hercules, der Patron der Athleten, mit dem er sich selbst identifizierte. In der Überlieferung ist mehrfach von Verschwörungen gegen das Leben des Commodus die Rede. Im Jahre 182 wurde die Kaiserin Bruttia Crispina nach Capri verbannt, später wurde sie getötet, das gleiche Schicksal erlitt die leibliche Schwester des Commodus, Annia Lucilla beide wegen angeblicher Beteiligung an Verschwörungen. Aber erst die Konspiration des Jahres 192 erreichte ihr Zieclass="underline" Commodus wurde im Bade erdrosselt (31. Dezember 192), die Verschworenen, der  praefectus praetorio  Q. Aemilius Laetus und Eclectus, der Kämmerer  (a cubiculis)  des Kaisers, trugen dem P. Helvius Pertinax die Nachfolge an, dieser aber ließ sich nicht lange bitten. So hatte Rom am 1. Januar 193 einen neuen Kaiser. Er versprach den Prätorianern ein reiches Donativum, dem Senat blieb nichts anderes übrig, als Helvius Pertinax zu bestätigen.