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Septimius Severus war nach einer glänzenden, allerdings mehr administrativen als militärischen Laufbahn mit 47 Jahren, auf der Höhe des Lebens, zum Kaisertum gelangt. Die pannonischen Legionen hatten keine schlechte Wahl getroffen. Zwar ist Septimius Severus kein großer Feldherr gewesen, die meisten seiner Siege haben seine Legaten für ihn erfochten, aber er wußte, wem er seine Krone zu verdanken hatte, und hat dies den Soldaten niemals vergessen. Geboren in Leptis Magna in Africa am 11. April 146, aus einer Ritterfamilie stammend, schuldete er seinen Aufstieg, ähnlich wie Vespasian, vor allem seinem Oheim. Sehr große Bedeutung hatte seine zweite Heirat mit Julia Domna, der Tochter des Julius Bassianus, der das Erzpriesteramt des Baal von Emesa innehatte. Angeblich soll sich Septimius Severus zu dieser Ehe entschlossen haben, weil das Orakel verkündet hatte, der Tochter des Bassianus sei es bestimmt, die Frau eines Königs zu werden. Julia Domna hat eine bedeutende Rolle in der Politik gespielt, die mit dem Tode ihres Gatten keineswegs beendet gewesen ist. In den Inschriften heißt sie nicht nur  Pia, Felix, Augusta,  sondern auch  mater

Augustorum  (wie einst Faustina II.) und  mater castrorum, senatus et patriae.  Mit vielen Göttinnen wurde sie gleichgesetzt, mit Demeter, Hera und Athene Polias in Griechenland, unter dem Namen Caelestis mit der punischen Tanit. Zahlreiche Syrer, Angehörige ihrer Familie, folgten ihr nach Rom, insbesondere ihre Schwester Julia Maesa und ihre Nichten, Julia Soemias, die Mutter des Elagabal, und Julia Mamaea, die Mutter des Severus Alexander. Zu den Freunden des Kaisers gehörte dagegen der Afrikaner C. Fulvius Plautianus. Er ist zum allmächtigen Praefectus praetorio  emporgestiegen, seine Tochter Plautilla, Inhaberin einer riesigen Mitgift, wurde mit dem ältesten Sohn des Kaisers, M. Aurelius Antoninus (Caracalla), vermählt (202). Plautian aber stieg noch höher in der Gunst seines kaiserlichen Freundes: die Inschriften nennen ihn  necessanus et adfinis Augustorum.  Aber sein riesiges Vermögen erregte den Neid vieler Nebenbuhler, schließlich hat ihn sein Schwiegersohn kurzerhand durch einen Liktor umbringen lassen (205). Das ist das Ende eines der mächtigsten Männer, die das Reich seit Sejan und Perennis gesehen hatte.

Septimius Severus ist der erste in der langen Reihe der Soldatenkaiser, die das Imperium im 3. Jh. regiert haben. Während der Senat nur noch ein Schattendasein führte, rückten zahlreiche Repräsentanten des Ritterstandes in wichtige Stellungen der Reichsverwaltung ein. Sie finden sich insbesondere in den Prokuratorenstellen, die für die Finanzverwaltung und für gewisse Spezialkompetenzen stark vermehrt worden sind. Nach neueren Berechnungen hätte Septimius Severus nicht weniger als 46 Prokuratorenstellen neu geschaffen, während nur zehn fortgefallen sind. Um die Ergänzung des Ritterstandes war der Kaiser nicht verlegen. Den Centurionen stand der Aufstieg zum Ritterstand offen. Die Namen der Legionen vom Rhein und von der Donau verewigte der Kaiser auf Münzen, die Soldaten erhielten wichtige Privilegien. So wurden sie von allen persönlichen Lasten in den

Gemeinden befreit, es wurde ihnen erlaubt, eine rechtmäßige Ehe zu schließen, womit ein stillschweigend geduldeter Zustand endlich seine rechtliche Sanktionierung erhielt. Die Zahl der Legionen wurde um drei vermehrt  (legio Parthica I-III),  von diesen wurde die zweite nach Albano bei Rom ins Quartier gelegt. Sie diente als Verstärkung der Prätorianer und wurde wie diese dem Praefectus praetorio unterstellt. Bei den Prätorianern wurden immer mehr Soldaten aus den Provinzen eingestellt, vor allem Illyrer. Durch bittere Erfahrungen belehrt, hat Septimius Severus einige größere Provinzen zerschlagen, um die Machtfülle der kaiserlichen Legaten einzuschränken. So ist Britannia in zwei Provinzen (Superior und Inferior, mit den Hauptstädten Deva und Eburacum) zerlegt worden, ebenso auch Syria, das nunmehr in Syria Coele und Syria Phoenice geteilt erscheint. Außerdem wurde Numidien von Africa abgetrennt, das Amt des Statthalters übernahm der Befehlshaber der  legio HI Augusta.  Für die Provinzstatthalter, soweit sie nicht Proconsuln waren, kam jetzt der Titel  praeses  in Anwendung. In der Verleihung von Privilegien an Stadtgemeinden mit berühmten Namen war der Kaiser nicht kleinlich. So erhielten die Städte Tyrus, Karthago, Leptis Magna und Utica das  ius Italicum,  das höchste Bodenrecht einer römischen Kolonie, sie erlangten dadurch die Befreiung von der Bodenund Kopfsteuer (tributum soli et capitis).  Nach dem Vorbild, das Helvius Pertinax gegeben hatte (s. S. 318), wurde aus der  resprivata  des Prinzeps ein eigenes Ressort gebildet, man unterschied von nun an zwischen dem Krongut und dem Erbgut, das letztere wurde durch zahlreiche Vermögenseinziehungen wesentlich bereichert und schließlich einem eigenen  procurator rationis privatae unterstellt. Auch in der Verwaltung des Fiscus gab es Veränderungen, der oberste Beamte hieß von nun an Rationalis, die Stellen der  advocati fisci  wurden vermehrt. Von weitreichender Bedeutung war schließlich die Tatsache, daß der Kaiser die Designation der hohen Magistrate, der Consuln und

Prätoren, selbst in die Hand nahm. Die Provinzen wurden ihnen durch das Los zugewiesen. Über die Gemeindefinanzen übten kaiserliche Kommissare eine strenge Aufsicht aus. Sehr segensreich aber war die Tätigkeit und das Werk der großen Juristen, vor allem des Papinian, Paulus, Callistratus und Ulpian.

Trotz des sich immer mehr verschärfenden staatlichen Zwanges steht das kulturelle Leben der Städte noch auf voller Höhe. Die Inschriften verzeichnen im Westen und im Osten des Reiches eine Fülle von Stiftungen wohlhabender Privatleute, sie nennen eine große Zahl von öffentlichen Bauten. Insbesondere die Kaiserin Julia Domna hat sich der Literaten angenommen, der Sophist Flavius Philostrat war der Erzieher ihrer Söhne, wahrscheinlich derselbe, der die Lebensbeschreibung des großen Wundertäters Apollonios von Tyana (1. Jh. n. Chr.) verfaßt hat. Auch die Agonistik der Hellenen ist eifrig gepflegt worden. Dies zeigt die Schrift des Philostrat über die Gymnastik, während die griechischen Papyri aus Ägypten das Weiterleben der Institution der Ephebie bezeugen. Die afrikanische Herkunft des Septimius Severus hat vielfach zu der Annahme geführt, daß der Kaiser seine Heimatprovinz besonders bevorzugt habe. Doch gibt es hierfür keinen wirklich zwingenden Beweis, im Gegenteil, auch der Afrikaner Septimius Severus hat sich, wie seine Vorgänger auf dem Kaiserthron, nach Rom hin orientiert. Immer noch bilden die Italiker die Mehrzahl unter den Senatoren, nicht anders bleiben die hohen militärischen Führerstellen in erster Linie den Italikern, daneben auch Römern aus Spanien, vorbehalten. Aber die Zeiten der unbedingten Vorherrschaft Roms waren vorüber, insbesondere war die Allmacht des Heeres ein warnendes Menetekel für die kommenden Zeiten. Der Soldat, nicht mehr der Bürger, war der erste Mann im Staat, und während die Bürger Roms und der Munizipien durch Spenden und Spiele bei guter Laune gehalten wurden, führten die Heere die Kriege, die Soldaten wurden fürstlich belohnt, sie haben ihre Herrschaft nicht mehr aus der Hand gegeben.