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Die Herrschaft seines Nachfolgers Elagabal, der sich als Kaiser  Imperator Caesar  M.  Aurelius Antoninus Pius Felix Augustus  nannte, begann mit einem Blutvergießen unter den Freunden des Macrinus. Dazu mußten Erhebungen des Militärs in Syrien niedergeworfen werden. Mit großem Gefolge zog Elagabal von Syrien auf dem Landwege nach der Reichshauptstadt. In Nikomedien mußten wegen einer Erkrankung des Herrschers Winterquartiere bezogen werden. Weil sich der Kaiser nicht mehr bevormunden lassen wollte, mußte hier der Ratgeber und Erzieher des Herrschers Gannys sterben. Elagabal, ein typischer Orientale, war zweifellos geistig nicht normal. Seine kaiserliche Stellung hat er dazu benutzt, seine wenig herrscherlichen Passionen zu befriedigen. Der Einzug des Elagabal in Rom am 29. September 219 war ein öffentlicher Skandaclass="underline" einen geschminkten und mit Juwelen überladenen Kaiser hatten die Römer seit den Tagen Neros nicht mehr gesehen. Die Regierung zu führen hatte Elagabal weder die Lust noch die Fähigkeit. Sie lag in den Händen der Julia Maesa, seiner Großmutter, und der Julia Soemias, seiner Mutter. Beide Frauen nahmen ihre Plätze im Senat neben den präsidierenden Consuln ein. Der mächtigste Mann im Reich aber war Elagabals Günstling, P. Valerius Comazon Eutychianus, der von unten her zu den höchsten Stellungen der römischen Hierarchie, zum  praefectus praetorio  und zum  praefectus urbi, emporgestiegen war. Die Religion des Sonnengottes von Emesa, des El-Gabal, wurde als die höchste im ganzen Reich proklamiert. Es ist dies ein breiter Einbruch des Orients in den römischen Westen. Der Steinfetisch, ein Meteorit, wurde in einem eigenen Tempel auf dem Palatin untergebracht. Auch auf den Münzen ist er abgebildet. Im Tempel des El-Gabal aber wurden auch die heiligen Unterpfänder der römischen

Herrschaft geborgen. Endlich wurde der syrische Gott El-Gabal in einer heiligen Hochzeit  (hierös gämos)  mit der Göttin Caelestis (Tank) von Karthago vermählt. Die Vita der Historia Augusta kann sich nicht genugtun in der Wiedergabe der Ausschweifungen des jungen Kaisers: selbst wenn ein Großteil davon erfunden sein sollte, so bleibt doch des Skandalösen auch in den anderen Quellen, insbesondere bei Cassius Dio, noch genug und übergenug. Das Verhalten Elagabals zeigt unbedingt eindeutig pathologische Züge (J. B. Bury). Die Römer, insbesondere die Senatoren, waren über die Verachtung allen römischen Wesens durch den Kaiser entsetzt. Die wachsende Unbeliebtheit des Elagabal war den syrischen Herrscherinnen nicht verborgen geblieben. Um der Stimmung des Volkes entgegenzukommen, ließ Julia Maesa ihren Enkel Alexander Bassianus zum Caesar und Mitregenten des Elagabal erheben. In dem Kampf um die Macht zogen Elagabal und seine Mutter Julia Soemias den kürzeren, das Militär erklärte sich für den Mitregenten. Beide, Elagabal und Julia Soemias, wurden erschlagen, ihre Leichen in den Tiber geworfen (Anfang März 222).

Severus Alexander  (222-235) erscheint in der Historia Augusta als eine helle Lichtgestalt zwischen Elagabal und dem Barbaren Maximinus Thrax. Aber gerade seine Vita ist durch und durch suspekt, mag sie sich auch durch  Zitate  aus anderen Historikern (Marius Maximus, Herodian, Dexippos) und durch die Anführung von Aktenstücken ein wissenschaftliches Aussehen geben. Zieht man die zeitgenössischen Historiker heran, auch die wenigen Kapitel des Cassius Dio, der den jungen Severus Alexander selbst genau gekannt hat, so verflüchtigt sich das Idealbild: was übrigbleibt, ist ein schwacher, mittelmäßiger Herrscher, der weder auf politischem noch auf militärischem Gebiet irgend etwas Bemerkenswertes geleistet hat.

Bei seiner Thronbesteigung, am 13. März 222, zählt der junge

Kaiser noch nicht 17 Jahre. Er war am 1. Oktober 205 in Arca Caesarea in Phönikien geboren, als Sohn der Julia Mamaea und ihres zweiten Gatten, des Syrers Gessius Marcianus, der es immerhin bis zum kaiserlichen Prokurator gebracht hatte. Als Kaiser nannte er sich M. Aurelius (Aurellius) Severus Alexander. Der Alexandername stellt eine ganz bewußte Anknüpfung an den großen Makedonen dar, dessen Gestalt auch die Phantasie des ganz unwürdigen Caracalla beflügelt hatte. Für die Regierung des jungen Syrers ist das Frauenregiment charakteristisch. Es war seine Großmutter Julia Maesa und, nach ihrem Tode im Jahre 226, seine Mutter Julia Mamaea, die das Reich regierten. Die Mutter heißt in den Inschriften  Augusta, mater Augusti et castrorum et senatus et patriae.  Im übrigen ist die Zeit des Severus Alexander das Zeitalter der großen Juristen, vor allem der Schüler des überragenden Papinian: Ulpian, Paulus und Modestinus. Ulpian hat es bis zum  praefectus praetorio  (222) gebracht, er war der eigentliche Ratgeber der syrischen Kaiserinnen. Insbesondere im  consilium principis spielten die Juristen eine führende Rolle.

Die Schwäche der Regierung des Severus Alexander wird offenbar in einer nicht abreißenden Kette von Militäraufständen. Das Reich befand sich in einem Zustand dauernder Unordnung. Trotzdem sind mit dem Namen des Severus Alexander eine Reihe bemerkenswerter Gesetze verbunden, die natürlich auf seine juristischen Ratgeber zurückzuführen sind. So wurden die Prozesse wegen Majestätsbeleidigung eingeschränkt, die Rechte des Fiscus gegenüber dem Besitz von Verurteilten beschnitten. Ein Reskript des Jahres 224 schärft den Provinzialstatthaltern ein, ihre Entscheidungen dem örtlichen Brauch anzupassen. Anderseits hat Ulpian den Grundsatz des unumschränkten Herrschertums vertreten:  princeps legibus solutus est.  Er beleuchtet die steigende Welle des Absolutismus. Wie die meisten schwachen Herrscher, so war auch Severus Alexander in finanziellen Dingen über Gebühr großzügig. Die Münzen verzeichnen fünf Spenden  (liberalitates),  die Historia Augusta rühmt an vielen Stellen seine große Freigebigkeit. Auch auf das aurum coronarium  in Ägypten hat der Kaiser verzichtet. Die Münzen feiern ihn als den Regulierer des Münzwesens, aber zu wirklich durchschlagenden Maßnahmen hat sich Severus Alexander ebensowenig aufraffen können wie seine unmittelbaren Vorgänger und Nachfolger. Das Urteil über die Regierung des Kaisers wird im übrigen dadurch erschwert, daß in der Vita der Historia Augusta zweifellos Maßnahmen des 4. Jh. in die Zeit des Severus Alexander hinaufgerückt worden sind. Die Hypothese des Grafen Borghesi, wonach Severus Alexander die Trennung der zivilen von der militärischen Laufbahn vollzogen habe, beruht gleichfalls auf Angaben dieser Vita, die nicht voll überzeugend sind. Richtig ist, daß sich diese Trennung schon früher (unter Septimius Severus) abzeichnet und daß sich der Aufstieg der Ritter auch unter der Herrschaft des Severus Alexander fortgesetzt hat.

Die christliche Überlieferung zeichnet von Severus Alexander ein vorteilhaftes Bild. Unter seiner Regierung weilte Julius Africanus in Rom, er war Christ und stammte aus Jerusalem. Der Kaiser soll ihn mit dem Bau einer Bibliothek in der Hauptstadt beauftragt haben. Julius Africanus ist vor allem durch die Schrift mit dem Titel «Kestoi» («Stickereien») bekanntgeworden, es war dies eine große Enzyklopädie. Verfolgungen der Christen fehlten jedoch unter Severus Alexander nicht ganz. So ist der römische Bischof Callistus, angeblich am 14. Oktober 222, gesteinigt worden.