In der Mitte des 3. Jh. beginnt ein neuer Abschnitt in den Beziehungen zwischen dem römischen Staat und dem Christentum. Während die Christen vorher immer wieder unter der Verfolgung durch lokale Behörden zu leiden gehabt hatten, beginnt mit Decius (249-251) und Valerian (253-260) eine von oben her gelenkte Verfolgung, die mehr oder weniger das ganze Reichsgebiet erfaßt hat. An die Stelle der Verfolgung der Christen durch Reskripte tritt die Verfolgung durch Edikte, ein sehr viel wirksameres System, dem sich die Christen nur schwer zu entziehen vermochten. Unter den Christen hatte man die Verfolgungen vorausgeahnt.
Es war nur zu natürlich, daß Regierung und Volk in den großen Katastrophen nach Schuldigen suchten, denen man die Verantwortung für die politischen und wirtschaftlichen Mißerfolge aufbürden konnte. Die Christen galten nicht nur als illoyale Bürger, sie waren auch in weiten Kreisen unbeliebt, weil sie sich von der Gesellschaft der übrigen und ihren spektakulären Vergnügungen ausschlossen. Der pannonische Kaiser fühlte sich dagegen als echter Römer, er war ganz erfüllt von der alten stolzen Tradition des römischen Volkes. Die Staatsreligion war ein untrennbarer Teil der politischen und sozialen Organisation des populus Romanus. An den Kult- und Opferhandlungen teilzunehmen war eine unabdingbare Pflicht eines jeden Staatsbürgers. Anderseits war das Christentum zu einer Macht geworden, die man nicht mehr ignorieren konnte: überall, in den Legionslagern, in den Städten, auf dem Forum, aber auch im Senat und selbst im kaiserlichen Palast gab es Christen, und die christliche Mission begann immer weitere Bevölkerungskreise zu erfassen. Das offizielle Edikt des Kaisers Decius ist nicht erhalten. Es richtete an alle römischen Bürger ohne Unterschied die Aufforderung, Opfer darzubringen, wofür eine Bescheinigung ausgestellt werden sollte. Mehr als 40 solcher Opferbescheinigungen (libelli) sind auf Papyrusurkunden aus Ägypten erhalten, sie sind zwischen dem 12. Juni und dem 15. Juli 250 ausgestellt worden. Der äußeren Form nach handelt es sich um Eingaben an die Kommissionen, die zur Überwachung der Opferhandlungen eingesetzt worden waren. Sehr wahrscheinlich mußten alle römischen Bürger vor diesen Kommissionen erscheinen, zwischen Christen und Nichtchristen wurde jedenfalls kein Unterschied gemacht. So kurz die Verfolgung auch war, sie hat so manche Blutzeugen unter den standhaften Christen gefordert. Eine sehr viel größere Zahl von Christen aber ward wegen der zu erwartenden Strafen abtrünnig, viele flohen aus ihrer Heimat, um sich bei Freunden und Bekannten zu verstecken. Zu den ersten Opfern gehörte der römische Bischof Fabianus; an den Folgen der Kerkerhaft starb der große christliche Kirchenlehrer Origenes von Alexandrien. Von der Härte der Verfolgung in Africa entwerfen die Schriften des Cyprianus, des Bischofs von Karthago, ein lebendiges Bild. Wegen seiner Flucht aus der Bischofsstadt mußte sich Cyprianus später rechtfertigen. Gegen Ende des Jahres 250 klang die Verfolgung ab, zu Beginn des Jahres 251 ist sie, auch in Africa, erloschen. Aber nur wenige Jahre später erwartete die Christen eine neue, noch härtere Prüfung: der Urheber war der Kaiser Valerian. Bei ihm verbanden sich verschiedene Motive, die Christenfeindschaft und die Absicht, sich des kirchlichen Vermögens zu bemächtigen. Das erste Edikt Valerians (vom
August 257) untersagte den Bischöfen und Klerikern bei schwerer Strafe, Gottesdienst zu halten; den Gläubigen wurde verboten, die christlichen Friedhöfe zu betreten und Versammlungen abzuhalten. Im übrigen richtete sich das Vorgehen der staatlichen Behörden in erster Linie gegen die kirchliche Organisation. Ein zweites Edikt (vom Jahre 258) verschärfte die Strafen erheblich: Bischöfe, Priester und Diakone sollten auf der Stelle getötet werden, die Mitglieder des Senatoren- und Ritterstandes wurden mit dem Tode bedroht, wenn sie am christlichen Glauben festhielten. Wandten sie sich vom Christentum ab, so begnügte sich der Staat damit, ihr Vermögen einzuziehen. Bezeichnenderweise waren gegen die einfachen Christen keine Strafen vorgesehen, man vertraute darauf, daß sie zum Staatsglauben zurückfinden würden, wenn sie sich ihrer Führer beraubt sahen. Wieder gab es eine große Zahl von Märtyrern, als einer der ersten fiel der römische Bischof Sixtus II. (6. August 258), in Africa wurde Cyprianus am 14. September 258 enthauptet. Erst die Gefangennahme Valerians durch die Perser (s. S. 338) setzte der furchtbaren Verfolgung ein Ende: sie wurde auf Befehl des Kaisers Gallienus abgebrochen (260). Wenn auch das Christentum damit nicht zu einer religio licita geworden ist, so ist es doch verständlich, daß die Christen den Kaiser Gallienus sehr verehrt haben. Auch Aurelian (270-275) hat die Christen zunächst unbehelligt gelassen. Er hat sogar einen Streit wegen des Hauses des Bischofs von Antiocheia geschlichtet; er hat angeordnet, der Schiedsspruch des römischen Bischofs und der italischen Bischöfe solle eingeholt werden und maßgebend sein (272). Im Jahre 275, kurz vor seinem Ende, hat Aurelian ein strenges Edikt gegen die Christen erlassen, das aber nicht mehr zur Auswirkung gekommen ist. Nach dem Zeugnis des Eusebius hätte es der Kaiser nicht mehr unterschreiben können.
43 Jahre lang, von der Gefangennahme des Valerian bis zur großen Verfolgung des Diokletian, von 260 bis 303, hat die christliche Kirche die Zeit gefunden, sich, im wesentlichen ungestört, weiterzuentwickeln. Es ist dies eine Periode, welche dem inneren und äußeren Ausbau der Kirche sehr zustatten gekommen ist. Die Bedeutung des Christentums und der christlichen Ethik ist kaum zu überschätzen. Die christliche Lehre hat das Handeln und Denken ungezählter Menschen in ganz entscheidender Weise humanisiert. Inmitten einer aus den Fugen geratenen Welt haben sich innerhalb der christlichen Kirche Gemeinschaften gebildet, die für den Neuaufbau der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung große Bedeutung erlangen sollten. Wenn die Christen sogar die Sklaven als Brüder achteten und ihnen den Zugang zum Priesteramt erschlossen, so haben sie dadurch der Welt ein Beispiel wahrer Humanität gegeben. Und nicht weniger menschlich ist die Haltung der christlichen Kirche gegenüber den in der Verfolgung Abgefallenen (lapsi) gewesen. Man hat sie nicht aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, sondern sich den milderen Standpunkt Cyprians zu eigen gemacht. Man gewährte ihnen zwar die kirchliche Seelsorge; solange die Verfolgung andauerte, wurden sie nicht wieder in den Schoß der Kirche aufgenommen. Doch stand einer späteren Rückkehr in die kirchliche Gemeinschaft, zumeist nach Ableistung einer Kirchenbuße, nichts im Wege. Nicht alle Christen waren mit diesem Verfahren einverstanden. So bildete sich seit dem Herbst 251 in Africa unter dem Priester Novatian eine eigene Kirche. Die Novatianer nahmen eine unversöhnliche Haltung gegenüber den Abtrünnigen ein. Sie blieben jedoch ganz in der Minderheit, wenn sie auch im Orient Anhänger gefunden haben.
In den «Kephalaia» Manis steht der Satz: «Es gibt vier große Reiche in der Welt, das erste ist das Reich von Babylon und Persien, das zweite ist das römische Reich, das dritte das Reich der Axumiten, das vierte ist China.» Hier wird die Welt von Osten her gesehen, das Reich der Neuperser steht an der Spitze, und hinter dem Imperium Romanum rangiert das Reich von