Nahezu gleichzeitig ist die erste große römische Rechtsaufzeichnung, das Zwölftafelgesetz. Es war durch eine eigens zu diesem Zweck eingesetzte Kommission von zehn Männern (decemviri legibus scribundis) vorbereitet worden, die an die Stelle der amtierenden Oberbeamten getreten waren (451). Das Zwölftafelgesetz, das erste zuverlässig überlieferte Normengesetz der römischen Rechtsgeschichte, ist zweifellos ein bedeutender Schritt zur römischen Volksgemeinschaft. Der Inhalt besteht vor allem aus privatrechtlichen Bestimmungen, daneben finden sich solche über das Gerichtsverfahren, außerdem polizeiliche Vorschriften - alles noch ohne jede Systematik, ähnlich der griechischen Gesetzgebung der gleichen Zeit (Recht von Gortyn von etwa 480 v. Chr.). Erhalten sind von den XII-Tafeln nur Bruchstücke bei späteren Literaten und Juristen, vor allem bei Cicero, Plinius dem Älteren, Gellius, bei Gaius, Pomponius, Ulpian und anderen. Die rechtsstaatliche und kulturgeschichtliche Bedeutung des XII-Tafelgesetzes ist schwerlich zu überschätzen. So steht z. B. auf der 10. Tafel das
Verbot, einen Menschen in der Stadt zu begraben oder zu verbrennen. Der griechische Einfluß wird nicht nur in dem Lehnwort poena (griech. poine) sichtbar, er zeigt sich auch in der Bestimmung der 7. Tafel, wonach bei der Anlage von Mauern und Gräben ein gewisser Abstand von der Grenze des Grundstücks eingehalten werden muß: hierfür findet sich das Vorbild in Solons Gesetzen.
Als das Haupt der Kommission erscheint Ap. Claudius. Die Namen der zweiten Kommission, derjenigen des Jahres 450, sind dagegen nicht über jeden Zweifel erhaben. Das XII- Tafelgesetz ist ein entschiedener Fortschritt des Staatsgedankens, die Idee der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz ist in ihm wenigstens angedeutet, wenn auch noch nicht in allen Punkten durchgeführt. Die Kluft zwischen Patriziat und Plebs ist keineswegs beseitigt, alle Ämter und Priestertümer sind den patres vorbehalten, das conubium zwischen den beiden Ständen ist erst im Jahre 445 durch die lex Canuleia gestatten worden. In dem Gesetzwerk spiegelt sich der vorwiegend agrarische Charakter des römischen Staates und Volkes wider, unter diesem Gesichtspunkt werden so manche Bestimmungen, wie die über die Grenze der Äcker und das Verbot, das Land des Nachbarn zu schädigen, erst ganz verständlich. Natürlich hat es auch damals schon Handwerker und Künstler, auch solche griechischer Herkunft, in Rom gegeben, aber sie treten hinter den Ackerbauern zurück, und das Vermögen der großen Familien besteht vor allem in Landbesitz und in den Viehherden, die die ausgedehnten Weiden und Triften bevölkern.
Seit dem Sturz des Königtums befand sich die Leitung des römischen Staates in den Händen von zwei Oberbeamten (magistratus), die in der späteren Überlieferung als consules bezeichnet werden. Ursprünglich hießen sie praetores, und als solche waren sie vielleicht die Hilfsbeamten der römischen Könige gewesen. Die Oberbeamten verfügten seit dem
Regifugium über das uneingeschränkte Imperium, über die volle militärische und zivile Gewalt. Die gegenteilige Ansicht, die ihnen zunächst nur ein militärisches Imperium zubilligen möchte, ist nicht begründet. Die Vollgewalt der beiden Amtsträger wurde dadurch gemildert, daß die Bürger die Möglichkeit hatten, gegen die über sie verhängten Kapitalstrafen Berufung beim Volke einzulegen; hier tritt also das souveräne Volk (in der Gestalt der comitia centuriata) gegen das uneingeschränkte Imperium der Oberbeamten in die Schranken. Es besteht kein Grund, die frühen römischen leges de provocatione, d. h. die lex Valeria (angeblich sogleich nach der Beseitigung des Königtums) und die lex Valeria Horatia (449), als unecht zu verdächtigen, zumal die Provokation bereits im XII-Tafelgesetz verankert ist.
Aus dem umfassenden Imperium der Oberbeamten sind die Ämter des Censors, des (späteren) Praetors und des Quästors gewissermaßen ausgegliedert worden (Th. Mommsen).
Rom und Italien von 450 bis 280 v. Chr. Außenpolitisch bezeichnet die Zeit bald nach 450 v. Chr. den Beginn einer stärkeren römischen Expansion. Am folgenreichsten waren die Kämpfe der Römer mit Veji, das in Fidenae, wenige Kilometer von Rom entfernt, diesseits des Tibers einen Brückenkopf besaß. Das gesamte rechte Tiberufer muß bis weit hinein in das 5. Jh. für Rom feindliches Ausland gewesen sein. In der Überlieferung erscheint die Eroberung Fidenaes durch die Römer zweimal, zuerst 437 und dann wieder im Jahre 426, beide Ereignisse können durchaus historisch gewesen sein. Bei den Kämpfen des Jahres 426 zeichnete sich auf römischer Seite A. Cornelius Cossus aus, er erschlug mit eigener Hand den Vejenterkönig Lars Tolumnius. Dessen Panzer wurde als spolia opima im Tempel des Juppiter Feretrius in Rom aufgehängt, wo ihn noch Augustus gesehen hat.
Nach einer 20jährigen Waffenruhe brach der Krieg zwischen Rom und Veji im Jahre 405 erneut aus. Nachdem sie
Crustumerium erobert hatten, schufen die Römer die tribus Clustumina, die letzte der alten Landtribus. Etwa um die gleiche Zeit errichteten sie an der Tibermündung in Ostia ein Kastell, und zwar mit Tuffsteinen aus Fidenae. Der Überlieferung zufolge soll Veji nach einem zehnjährigen Kriege im Jahre 396 in die Hände der Römer gefallen sein. Aus der Beute weihten die Römer einen Mischkrug, der im Schatzhause der Massalioten in Delphi aufgestellt wurde; im 3. Heiligen Kriege ist er, wie so manche anderen Weihegaben, von den Phokern eingeschmolzen worden. Mit der Errichtung von vier neuen Landtribus in Südetrurien (Arnensis, Tromentina, Stellatina, Sabatina) fand die Expansion (im Jahre 389 oder 387) ihren vorläufigen Abschluß.
Die Fortschritte der Römer bis in den Anfang des 4. Jh. hinein sind von großer historischer Bedeutung. Rom hat den Tiber überschritten, in Ostia besitzt es einen befestigten Stützpunkt am Tyrrhenischen Meere. Durch seine Bündnisse mit Latinern und Hernikern ist Rom die bedeutendste Macht in Mittelitalien, neben ihm verharren die anderen Völkerschaften des zentralen Apennin im Zustande weitgehender Zersplitterung. Auch außerhalb Italiens hat sich Rom Freunde erworben, dies gilt vor allem für Massalia, aber auch für den syrakusanischen Tyrannen Dionysios I. Bereits in dieser frühen Zeit sind die Grundzüge des römischen Wesens klar erkennbar. Roms Haltung wird gekennzeichnet durch einen kriegerischen Geist, durch die Wehrhaftigkeit seiner Bevölkerung, dazu durch staatsmännische Klugheit, die sich im Abschluß von Verträgen dokumentiert. In den Kriegen mit Aequern, Volskern und Etruskern (Veji) verrät das römische Bauernvolk einen hohen Grad von Disziplin und Tapferkeit, die zielbewußte Leitung durch den römischen Senat ist unverkennbar, auch an führenden Persönlichkeiten wird es nicht gefehlt haben, mögen sie auch für uns durch den Schleier der Sage verhüllt werden.