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Die aufsteigende Entwicklung Roms wird jäh unterbrochen durch die gallische Katastrophe des Jahres 387 v. Chr. Die Wanderungen der Kelten vom 5. bis zum 3. Jh. v. Chr. sind ein wichtiger, aber immer noch sehr dunkler Abschnitt in der Geschichte Mitteleuropas. Sie umspannen den weltweiten Raum von Südspanien bis Inneranatolien und Südrußland. Das Kerngebiet der Kelten ist das mittlere und westliche Frankreich, das im Laufe des 5. und 4. Jh. v. Chr. durch die Kelten in Besitz genommen worden ist. Der Anlaß zu den keltischen Wanderungen ist unbekannt; es ist immerhin möglich, daß die Bewegungen durch den Druck der germanischen Völker ausgelöst worden sind. Jegliche zentrale Lenkung fehlt, die Wanderungen werden getragen von den einzelnen Stämmen. Im 4. und 3. Jh. (?) werden auch England und sogar Schottland in den Bereich der keltischen Expansion miteinbezogen; das gleiche gilt für die Pyrenäenhalbinsel; hier bildet sich bald eine typische Mischkultur keltoiberischen Charakters, die insbesondere durch die karthagische Zivilisation beeinflußt worden ist.

Die Kelten hatten vielfache Beziehungen zu den Kulturen des Mittelmeerraumes, in keltischen Gräbern finden sich attische Vasen wie z. B. auf der Heuneburg (bei Hundersingen, Krs. Saulgau); in dem Grab einer keltischen Fürstin in Vix (bei Chatillon an der Seine) hat sich ein prachtvoller griechischer Bronzekrater gefunden, der ein Vermögen gekostet haben dürfte. Die Kelten verfügten über die besondere Fähigkeit, sich die Elemente der fremden Zivilisation anzueignen und diese mit ihrer eigenen zu verschmelzen. Wichtige Ziele der keltischen Wanderungen waren die Gebiete an der mittleren Donau, insbesondere der Raum zwischen der Donau und der Save, hier haben sich die Kelten in harten Auseinandersetzungen mit den Illyrern durchgesetzt. Kurz nach 400 v. Chr. erschienen die ersten keltischen Stämme auf dem Boden Norditaliens, es waren die Völker der Insubrer, Cenomanen, Bojer, Lingonen und Senonen. In Oberitalien stießen sie vor allem auf die Etrusker und Umbrer, diese wurden allmählich bis an den Nordabhang des Apennin zurückgedrängt, manche Siedlungen der Etrusker wie Mantua vermochten sich jedoch gegen die Kelten zu behaupten. Als letzte erschienen die Senonen, sie breiteten sich im nördlichen Picenum bis an den Aesis aus, nach ihnen hieß das Land später der  Ager Gallicus.  Einzelne Streifzüge der Kelten gelangten bis in den äußersten Süden der Apenninhalbinsel, andere sogar bis nach Sizilien, wo sie als Söldner von Dionysios I. in den Dienst genommen worden sind. Nach der Überlieferung soll ein Keltenhaufe, der das etruskische Clusium belagerte, gegen Rom aufgebrochen sein. Die Römer, die zum Schütze ihres Landgebiets sich den Kelten zum Kampfe gestellt hatten, wurden in der Schlacht an der Allia (18. Juli 387) vernichtend geschlagen, nur wenigen gelang es, nach Veji zu entkommen. Die Schlacht hat aller Wahrscheinlichkeit nach am linken  Ufer der Allia  (fossa di Bettina)  stattgefunden (anders Diodor). Rom selbst, das keine Befestigung besaß, mußte vor den anrückenden Kelten geräumt werden, die Bevölkerung wurde über den  pons sublicius  auf das andere Ufer des Tiber herübergeführt, die Brücke danach abgebrochen, allein auf dem Kapitol blieb eine Besatzung zurück, die Kelten aber zogen nach einer kürzeren Belagerung des Kapitols wieder ab. Die Keltenkatastrophe war der Grund dafür, daß Rom zum ersten Male in seiner Geschichte eine vollständige Ringmauer erhalten hat (sog. servianische Mauer), und zwar wurden in diese auch das Kapitol und sogar der Aventin miteinbezogen. Es ist wahrscheinlich, daß für den römischen Mauerbau das Beispiel von Syrakus das Vorbild gewesen ist.

Überhaupt steht die Geschichte Italiens in den ersten Jahrzehnten des 4. Jh. eindeutig unter dem Zeichen der Hegemonie des Dionysios I. von Syrakus. Der Tyrann hatte im Jahre 392 den Krieg mit den Karthagern durch einen Friedensschluß beendet. Dionysios war dadurch praktisch der Herr von fast ganz Sizilien (mit der Ausnahme des äußersten

Nordwestens der Insel) geworden. Es war verlockend für ihn, nun, da er den Rücken frei hatte, den Fuß auf italischen Boden zu setzen: verbündet mit dem bedeutenden Lokroi Epizephyrioi und mit den Lukanern, hatte er eine Vereinigung süditalischer Griechenstädte als Gegner. Zu ihnen gehörten Kroton, Kaulonia, Sybaris am Traeis, Thurii, Hipponion und sogar Tarent. Dem Tyrannen aber waren sie nicht gewachsen, sie wurden am Elleporosflusse geschlagen (388), nach einer längeren Belagerung fiel Rhegion (Reggio di Calabria) in die Hände des Dionysios (387).

Auch aus dem Zusammenbruch der Etruskerherrschaft in der Po-Ebene hat Dionysios Nutzen gezogen, er hat die Häfen Ankon (Ancona) und Adria an der Po-Mündung anlegen lassen, auf der Adria-Insel Issa (Lissa) gründete er eine syrakusanische Kolonie und eine Flottenstation. Die Schwäche der Etrusker, die damals von den Kelten bedrängt wurden, zeigt auch der Flottenvorstoß des Dionysios gegen die Küste Etruriens, dabei wurde das Heiligtum der Leukothea von Pyrgoi (Hafen von Caere) geplündert. Auch an der Südspitze der Insel Korsika setzten sich die Syrakusaner fest (Porto Vecchio?).

Das halbe Jahrhundert zwischen 387 und 338 ist eine Periode der inneren Festigung Roms.  Von größter Fernwirkung waren die  licinisch-sextischen Gesetze,  die im Jahre 367 von den Volkstribunen C. Licinius Stolo und L. Sextius Lateranus beantragt worden sind. Die wichtigste politische Bestimmung ist die, daß an die Stelle des mehrköpfigen Consulartribunats nun wieder zwei Consuln treten sollten, der eine von ihnen sollte aus der Plebs gewählt werden. Außerdem wurde die Rechtssprechung den Consuln entzogen und dafür ein eigener Praetor  (praetor urbanus)  eingesetzt. Für die Abhaltung der Großen Spiele  (ludi maximi)  aber wurden die Stellen von zwei kurulischen Ädilen neu geschaffen, die damit den plebejischen Ädilen zur Seite traten.

Mit der Reform, wie sie durch die leges Liciniae Sextiae gegeben ist, war der römische Beamtenapparat fertig, in der neuen Form hat er bis tief hinein in die römische Kaiserzeit bestanden, mögen auch einzelne Magistrate später in der Zahl ihrer Amtsträger vermehrt worden sein. Noch wichtiger aber ist die Tatsache, daß mit den leges Liciniae Sextiae die allgemeine Vormachtstellung der patres abgebaut worden ist. Mit dem Ausgleich zwischen den Ständen der Patrizier und Plebejer ist hier Ernst ge macht worden, von nun an beginnt die Herausbildung des römischen Amtsadels, der  Nobilität.  Zu ihr gehören die gewesenen Consuln und deren Nachkommen (nicht aber die Träger aller kurulischen Ämter, wie Sigonius und sogar noch Mommsen glaubten).

Wie es heißt, sollen die beiden Volkstribunen C. Licinius Stolo und L. Sextius Lateranus noch zwei weitere Gesetzesanträge gestellt haben, einer davon bezog sich auf die Schuldenregelung, der zweite Antrag aber bestimmte, daß niemand unter den Bürgern mehr als 500  iugera  (etwa 125 Hektar) Staatsland  (ager publicus)  besitzen durfte. Der erste Antrag mag historisch sein, die Bestimmung über den limitierten Besitz von Staatsland kann jedoch unmöglich in das 4. Jh. gehören, sie kann daher auch nicht Gegenstand der leges Liciniae Sextiae gewesen sein.