Ernst Kornemann hat hinter den Operationen der Römer als treibende Kraft die große Gestalt des Ap. Claudius vermutet, was jedoch nicht zu beweisen ist. Auch das Bündnis zwischen den Samniten und Etruskern vermochte die Erfolge der römischen Waffen nicht aufzuhalten: zum ersten Male hat ein römisches Heer das ciminische Waldgebirge nach Norden überschritten, der vierzigjährige Friede zwischen Rom und der Etruskerstadt Tarquinii wurde erneuert. Seit dem Jahre 306 beginnt Rom mit einem erbarmungslosen Vernichtungs- und Ausrottungsfeldzug in Samnium, worauf die Samniten (im Jahre 304) Frieden schließen. Dieser Friede festigte die römische Vorherrschaft in Mittelitalien, die Samniten sahen sich vom Meere abgedrängt, eine Anzahl mittelitalischer Stämme, unter ihnen die Marser, Marruciner, Päligner und Frentaner, traten zu Rom in ein Bundesverhältnis. Ja sogar zu den Lukanern hat Rom damals friedliche Beziehungen anknüpfen können. Im Bunde mit den Lukanern wandte sich Rom gegen Tarent. Die große Griechenstadt aber erhielt Hilfe durch den spartanischen Prinzen Kleonymos, er trieb die Lukaner zu Paaren, die schließlich auf die Seite der Samniten überwechselten. Rom sah sich von einer größeren Koalition bedroht (3. Samnitenkrieg, 299/98-290), zu der sich nicht allein die Umbrer und Lukaner, sondern auch die Kelten und Etrusker zusammengeschlossen hatten. So standen alle Völker Italiens (mit Ausnahme der Griechen) gegen Rom im Felde. Eröffnet wurde der Krieg von den Römern, und zwar durch einen Feldzug des Consuls L. Cornelius Scipio Barbatus gegen Samniten und Lukaner. Die Entscheidung aber fiel in der Schlacht bei Sentinum (295), die Römer behielten hier über die Heere der Kelten, Etrusker und Samniten in einem verlustreichen Kampf die Oberhand. Wie ernst die Lage in der Schlacht gewesen war, zeigt die Devotion des Consuls P. Decius Mus, die zweifellos historisch ist.
Im Süden befestigte Rom seine Position durch die Entsendung einer starken latinischen Kolonie nach Venusia (angeblich nicht weniger als 20000 Ansiedler) im Jahre 291 und durch die Unterwerfung der benachbarten Sabiner, und zwar durch M'. Curius Dentatus (290), sie fanden als cives sine suffragio Aufnahme in das römische Bündnissystem; mit der Gründung der Kolonie Hadria an der Küste Picenums ist das Meer erreicht: wie ein breiter Gürtel legt sich die römische Macht mit ihren Kolonien quer durch Mittelitalien, der nördlichste Stützpunkt, abgesehen von Hadria, ist Narnia (gegründet 299), der südlichste Venusia. Schon in dieser frühen Zeit haben es die Römer hervorragend verstanden, den Raum zu durchdringen und für politische und militärische Zwecke dienstbar zu machen. Aber noch in ganz anderer Hinsicht sind die Kämpfe in den 90er Jahren des 3. Jh. v. Chr. von großer historischer Bedeutung;
schon damals ist die Entscheidung über die Hegemonie in Italien praktisch gefallen. Rom mit seinen Bundesgenossen kontrollierte ein Gebiet von etwa 54000 qkm, während das gesamte übrige nicht von Rom abhängige Italien auf etwa 72000 qkm zu veranschlagen ist. Vor allem aber beherrschte Rom die Küste im Westen von Caere bis Lukanien, im Osten von Picenum bis Canusium. Der Bund der Samniten, als solcher ein Mitglied der römischen Wehrgemeinschaft, erscheint rings von römischem Gebiet umklammert, während das übrige freie Italien in eine Unzahl von selbständigen, z. T. miteinander verbündeten, z. T. aber auch verfeindeten Staaten aufgesplittert ist. Hatten die freien Italiker damals überhaupt noch eine Möglichkeit, sich der drohenden Herrschaft Roms zu entziehen? Da eine führende einheimische Macht als Gegengewicht gegen Rom nicht vorhanden war, so blieb nur die Hoffnung auf Hilfe von außen. Wo aber gab es in der Welt des Mittelmeeres einen Staat, der es mit Rom hätte aufnehmen können? Das Alexanderreich existierte nicht mehr, die hellenistische Staatenwelt aber war in eine Anzahl von rivalisierenden Staaten aufgespalten; für die Entwicklung in Italien haben sie wenig Interesse gezeigt, mit der Ausnahme von Makedonien und Epirus.
Im Jahre 285 hatte Rom noch einmal einen Einfall der Kelten aus Norditalien abzuwehren. Nach dem für sie unglücklichen Kampf bei Arretium (Arezzo) siegten die Römer unter M'. Curius Dentatus über die keltischen Senonen; an dem Gestade der Adria wurde die römische Bürgerkolonie Sena Gallica gegründet, der Ager Gallicus aber ward römisches Bürgerland. Die vereinigte Kraft der Bojer und Etrusker wurde endlich in der Schlacht am Vadimonischen See (283) gebrochen, worauf die Etruskerstädte Einzelverträge mit Rom abschlossen. Ganz neue Perspektiven aber eröffnete das Bündnis Roms mit der Griechenstadt Thurii, das letztlich der Anlaß des Krieges zwischen Rom und Tarent gewesen ist (s. S. 46).
Von den führenden Persönlichkeiten der römischen Politik is t in dieser Zeit so gut wie nichts bekannt, mit der einzigen Ausnahme des Ap. Claudius Caecus (Censor 312). Dieser Mann hat nicht nur die Via Appia erbauen lassen, die wichtigste Verkehrsader zwischen Rom und Campanien, auch die erste große Wasserleitung (Aqua Appia) ist sein Werk gewesen. Als Censor revidierte er die Senatsliste; wie es heißt, soll er Söhnen von Freigelassenen erstmals den Zugang zum Senat geöffnet haben. Unter diesen Männern war auch der kurulische Ädil Cn. Flavius; er hat ein Verzeichnis der dies fasti verfaßt und die legis actiones (Klageformeln) veröffentlicht, eine Tat, die zweifellos gegen das Rechtsmonopol der patres gerichtet war. Alle weitergehenden Hypothesen, so insbesondere die, daß Cn. Flavius die ersten Annalen veröffentlicht oder die älteste Redaktion der Consulliste vorgenommen habe, sind dagegen reine Vermutungen. Mögen auch einzelne Vorgänge wie z. B. die Einschreibung der niederen städtischen Bevölkerung in alle Tribus (nicht nur in die städtischen) auf Veranlassung des Ap. Claudius historisch umstritten sein, - es kann darüber kein Zweifel bestehen, daß sich hier das Wehen eines demokratischen Geistes offenbart, der kühn über die altgeheiligten Traditionen hinweggeschritten ist.