Auch außenpolitisch ergeben sich am Ende des 4. Jh. v. Chr. für Rom neue Perspektiven: um das Jahr 306/05 v. Chr. hat Rom einen Vertrag mit der Seestadt Rhodos geschlossen, er mag die gemeinsame Bekämpfung der Seeräuber zum Ziel gehabt haben.
Etwa um die gleiche Zeit bereiteten sich innenpolitisch große Wandlungen in Rom vor. Die lex Ogulnia (300 v. Chr.) erschloß den Plebejern den Zugang zu den Kollegien der Pontifices und Auguren, und zwar dadurch, daß die Zahl ihrer Mitglieder verdoppelt wurde. Im Jahre 287 ist die Plebs wieder einmal in den Wehrstreik getreten (secessio in montem laniculum), es war das letzte Mal in der jahrhundertealten Auseinandersetzung. Der Diktator Q. Hortensius - über seine Person ist sonst nichts bekannt - brachte die endgültige Aussöhnung zustande. Es wurde bestimmt, daß von nun an die Beschlüsse der Plebs auch für die Gesamtgemeinde bindend sein sollten. Dies bedeutet die rechtliche Gleichstellung der concilia plebis, der comitia tributa und der comitia centuriata. Während die letzteren immer noch die oberen Magistrate zu wählen und über Krieg und Frieden zu entscheiden haben, liegt die Wahl der unteren Magistrate in den Händen der Tributkomitien, sie besitzen aber auch das wichtige Recht, Gesetze zu beschließen. Hierdurch hat sich die Stellung der tribuniplebis stark gehoben, denn diesen Sonderbeamten der Plebs ist jetzt in weitem Umfang das Recht der Gesetzesinitiative zugefallen. Es wäre jedoch verfehlt, wenn man von nun an von einer <Allmacht des Tribunats> (Beloch) sprechen würde, im Gegenteil, das Volkstribunat ist mehr oder weniger in die Abhängigkeit des Senats oder seiner Faktionen geraten, es hat die Senatspolitik unterstützt und dadurch zum Aufbau des römischen Weltreiches Wesentliches beigetragen, eine Periode, die allerdings mit den Gracchen ihr Ende gefunden hat.
6. Rom im Kampf mit Tarent und König Pyrrhos. Die römischitalische Wehrgemeinschaft (280-264 v. Chr.)
Die Griechenstadt Tarent, eine Gründung der spartanischen Parthenier, war im Herbst des Jahres 282 v. Chr. in einen Konflikt mit Rom geraten, und zwar dadurch, daß sich die Tarentiner an römischen Schiffen vergriffen hatten, die in ihrem Hafen vor Anker lagen. Die Schiffe kamen von Thurii; die Stadt war gerade durch die Römer unter C. Fabricius von einer Belagerung durch die Samniten befreit und mit einer römischen Garnison belegt worden. Angeblich existierte ein Vertrag mit Tarent, der es den Römern untersagte, über das Vorgebirge am Lakinion hinauszufahren. Möglicherweise haben die Tarentiner eine Einmischung der Römer in ihre inneren Angelegenheiten befürchtet, die Abneigung der Griechen gegen Rom ist so weit gegangen, daß auch eine römische Gesandtschaft, die wegen der Übergriffe intervenierte, von den Tarentinern insultiert worden sein soll. Rom aber konnte sich dies nicht bieten lassen (es besteht kein Grund zu der Annahme, daß Rom die Vorgänge bewußt provoziert hätte), es entsandte den Consul des Jahres 281, L. Aemilius Barbula, er brachte in Tarent die Römerfreunde ans Ruder. Inzwischen aber war ein Hilfegesuch der Stadt an den König Pyrrhos ergangen (Herbst 281). Was aber hat Pyrrhos, den König der Molosser in Epirus, bewogen, dem Hilfegesuch Folge zu leisten? Pyrrhos' Pläne richteten sich auf das makedonische Königtum, das seit dem Tode Alexanders eine geradezu unwiderstehliche Anziehungskraft auf die Diadochen ausstrahlte. In Makedonien aber herrschte damals Ptolemaios Keraunos, aber auch Antigonos Gonatas, der Sohn des Demetrios Poliorketes, und Antiochos, der Sohn des Seleukos, hatten die Hoffnung auf das makedonische Königtum keineswegs aufgegeben. Außerdem hatte Pyrrhos im eigenen
Hause zu wenig Freiheit, seine Stellung war durch die Bundesversammlung der Molosser gewissen Beschränkungen unterworfen. Wenn man dazu dem Plutarch Glauben schenken darf, so hätte Pyrrhos von Anfang an sehr weitreichende Eroberungspläne gehegt: er hätte nicht allein von einer Unterwerfung Siziliens, sondern auch von einer Eroberung Afrikas (Libyens) und Karthagos geträumt. Mag dies nun auf Wahrheit beruhen oder nicht - Pyrrhos ließ die Burg von Tarent durch eine Vorausabteilung besetzen, im Frühjahr 280 landete er selbst mit einem großen Heere an der messapischen Küste. In Tarent zeigte Pyrrhos bald sein wahres Gesicht: er fühlte sich hier als Herr, nicht als Bundesgenosse, die Jugend der Stadt wurde zum Waffendienst herangezogen, auch auf den Emblemen der tarentinischen Münzen spiegelt sich die Vorherrschaft des Königs Pyrrhos wider.
In Rom herrschte zunächst Bestürzung und Furcht, man rief sogar die proletarii unter die Waffen und übertrug dem Consul P. Valerius Laevinus das Kommando gegen Pyrrhos, der die Römer im Gebiet von Herakleia am Siris erwartete. Trotz der unbestreitbaren Tapferkeit der Römer endete das Treffen für sie mit einer Niederlage (Juli 280). Pyrrhos verdankte seinen Sieg vor allem den Elefanten, die in den Reihen der Römer Furcht und Schrecken verbreitet hatten. Doch waren die Verluste des Epiroten so groß gewesen, daß Pyrrhos angeblich gesagt haben solclass="underline" «Noch ein solcher Sieg, und wir sind verloren!» Die Folge war, daß eine Reihe von italischen Völkerschaften, insbesondere die Lukaner, Samniten und Bruttier, auf die Seite des Pyrrhos übergingen, auch die Griechenstädte Locri Epizephyrii und Croton öffneten ihm ihre Tore. Pyrrhos machte nun einen überraschenden Vorstoß gegen Rom, gelangte aber nur bis Anagnia (oder bis Praeneste) und mußte wieder umkehren, da der andere römische Consul, Ti. Coruncanius, nach Beendigung der Kämpfe gegen die Etrusker herbeieilte. Die nun einsetzende Kampfesruhe bot beiden Gegnern Gelegenheit zu diplomatischen Verhandlunge n: ihr Ablauf im einzelnen ist umstritten, insbesondere die Frage, ob der Thessaler Kineas, der Vertraute des Pyrrhos, zweimal, nach der Schlacht bei Herakleia und nach Ausculum, in Rom gewesen ist. Wenn die Überlieferung auch im einzelnen legendär sein mag, so wird man doch daran festhalten können, daß der Widerstand in Rom von dem bejahrten Ap. Claudius Caecus und seinen politischen Freunden ausgegangen ist. Im übrigen sahen sich die Römer außerstande, die weitgehenden Forderungen des Pyrrhos, die nicht nur die Befreiung der Griechenstädte Italiens von römischer Herrschaft, sondern auch die Entlassung der italischen Völker aus dem römischen Bündnis vorsahen, zu erfüllen. So mußten noch einmal die Waffen entscheiden. In Apulien, auf den weiten Feldern bei Ausculum, wurde zwei Tage lang erbittert gerungen, wieder behielt Pyrrhos die Oberhand, die Verluste auf beiden Seiten waren aber beträchtlich, so daß die Operationen zum Stillstand kamen (279). Die Römer erneuerten bald danach (im Jahre 279/78) das Bündnis mit Karthago, es liegt im Wortlaut bei Polybios (III 25,3-5) vor, ist aber in seiner Interpretation immer noch umstritten. Soviel scheint jedoch sicher, daß der Vertrag einen eventuellen Sonderfrieden mit Pyrrhos untersagte. Im übrigen erklärten sich die beiden Vertragspartner zu gegenseitiger uneingeschränkter Unterstützung bereit, die Karthager erboten sich, für den Transport der Truppen die notwendigen Schiffe zu stellen. Pyrrhos sollte offenbar in Italien festgehalten und daran gehindert werden, in Sizilien einzugreifen. Aber Pyrrhos hatte inzwischen durch Kineas Verbindungen mit den sizilischen Griechenstädten angeknüpft; als Schwiegersohn des Agathokles hielt er sich nicht nur für berechtigt, sondern sogar für verpflichtet, den Sikelioten zu Hilfe zu kommen. Dabei hat ihm zweifellos die Errichtung einer eigenen Herrschaft in Sizilien vor Augen gestanden. So entsprach es ganz seinen Absichten, wenn er nach dem Übergang nach Sizilien als rex Siciliae sicut