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Wieder erschien eine römische Flotte von 200 Fünfreihern (Penteren) in den sizilischen Gewässern. Sie stand unter dem Befehl des Consuls C. Lutatius; er nutzte das Überraschungsmoment voll aus und legte sich vor Lilybäum und Drepanon auf die Lauer. Die beiden letzten wichtigen Stützpunkte der Karthager auf Sizilien waren nunmehr von der

Zufuhr über See abgeschnitten. Angesichts der schwierigen Lage hat die karthagische Regierung versagt. Als endlich eine punische Flotte vor Sizilien aufkreuzte, da war sie ungenügend ausgerüstet, es fehlte vor allem an dem notwendigen seemännischen Personal, an Matrosen. Endlich ließen die Karthager eine zweite Flotte (unter dem Befehl des Hanno) in See gehen, sie sollte die Blockade von Lilybäum aufheben und dem abgeschnittenen Hamilkar Barkas wieder Luft schaffen. Hanno aber wurde mit seinen Schiffen bei dem Versuch, von den Ägatischen Inseln nach Drepanon zu fahren, von den Römern angegriffen, die Seeschlacht endete mit einer vernichtenden Niederlage für die Karthager, sie verloren nicht weniger als 120 Schiffe, von denen allein 70 von den Römern genommen worden waren (Frühjahr 241). Da Karthago nicht mehr imstande war, eine neue Flotte aufzustellen und da anderseits die Besatzungen der Festung Lilybäum und des Berges Eryx dem sicheren Hungertode ausgeliefert waren, erhielt Hamilkar Barkas Vollmachten für den Abschluß eines Friedens mit Rom.

Hamilkar und Lutatius einigten sich auf folgende Bedingungen, die sie dem römischen Volk unterbreiteten: die Karthager sollten Sizilien evakuieren, dazu alle Kriegsgefangenen ohne Lösegeld ausliefern, sie sollten 2200 Talente als Kriegskosten zahlen, und zwar in 20 Jahresraten, die römischen Bundesgenossen sollten Schutz genießen, die Anwerbung von Söldnern in dem Hoheitsgebiet der anderen Macht sollte untersagt sein. Die  comitia centuriata  in Rom haben diese Bedingungen nicht geradezu verworfen, aber doch im ganzen erheblich verschärft: die karthagische Kriegsentschädigung wurde auf 3200 Talente heraufgesetzt, die Zahlungsfrist jedoch um 10 Jahre verkürzt. Der römische Staat hatte das Geld bitter nötig, vor allem um seine Gläubiger, die römischen Finanzleute, zu befriedigen. Außerdem wurden dem Vertrag einige Klauseln hinzugefügt, eine von diesen sollte eine geradezu verhängnisvolle Bedeutung gewinnen: daß nämlich alle zwischen Sizilien und Italien gelegenen Inseln - gemeint waren hiermit unzweifelhaft die Liparischen Inseln - den Römern gehören sollten. Eine bewußte Zweideutigkeit scheint aber nicht vorzuliegen. Die Liparischen Inseln befanden sich übrigens schon seit einiger Zeit in den Händen der Römer, es wurde also nur der bestehende Zustand sanktioniert.

Da die Karthager die Bedingungen annahmen, hatte der große Krieg nach 24jährigem wechselvollem Kampf im Hochsommer 241 sein Ende gefunden, C. Lutatius Catulus aber, der den entscheidenden Sieg bei den Ägatischen Inseln errungen hatte, feierte am 4. Oktober (des unrevidierten römischen Kalenders) einen wohlverdienten Triumph.

Der hauptsächliche Gewinn der Römer war die Insel Sizilien, jedoch ohne das Gebiet Hierons II. Die einzelnen sizilischen Gemeinden hatten während des Krieges mit Rom Verträge abgeschlossen, ein großer Teil von ihnen war zu Abgaben verpflichtet worden, die von einem römischen Quästor eingezogen wurden. Dieses Abgabesystem machte eine regelrechte Verwaltung in Sizilien notwendig, die das römische Herrschaftssystem vorher nicht gekannt hatte.

In Italien wurden die beiden letzten Bürgertribus, die Velina und die Quirina, eingerichtet, es waren die 34. und die 35., damit war der Abschluß der Tribusorganisation erreicht. Die neuen Tribus lagen in Picenum und im Sabinerland.

Der Sieg in dem überaus langen Kriege war den Römern nicht unverdient und nicht ohne schwere Opfer an Gut und Blut zuteil geworden. Hatte die Zahl der römischen Bürger im Jahre 265/64 etwa 292000 betragen, so war sie im Jahre 247/46 auf etwa 241000 gesunken, ein Zeichen für die schweren Menschenverluste, die das Kriegsgeschehen mit sich gebracht hatte. Am Ende des Krieges war jedoch wieder eine Zahl von rund 260000 Bürgern erreicht. Groß waren die Schäden in Italien, obwohl das Land, von einigen Einfallen und

Plünderungen der karthagischen Flotte abgesehen, außerhalb des eigentlichen Kriegsgeschehens geblieben wir. Regulus soll sich bei seinem Feldzug in Afrika beklagt haben, er müsse sein Landgut unbestellt liegen lassen. Aber diese Schäden betrafen weniger die Großgrundbesitzer, die immerhin von der Möglichkeit, Sklaven oder Kriegsgefangene für die Landarbeit heranzuziehen, Gebrauch gemacht haben dürften, als vielmehr die kleinen Bauern, die jahrzehntelang der Scholle fernbleiben mußten. Hier sind Verluste eingetreten, die durch den Gewinn des Krieges in keiner Weise aufgewogen worden sind.

Die Erwerbung des größten Teiles von Sizilien ist noch in anderer Hinsicht für die Gestaltung des römischen Staates epochemachend gewesen. Zunächst hatte man einen Quästor mit der Einziehung der Steuern und Abgaben mit Sitz in Lilybäum beauftragt, im Jahre 227 aber fand eine folgenschwere Veränderung in der inneren Verwaltung der Insel statt: nachdem die Römer auch Sardinien und Korsika hinzugewonnen hatten, sind sie dazu übergegangen, für diese beiden Inseln und für Sizilien je einen Prätor als Statthalter zu ernennen. Das ist der Anfang der römischen Provinzialverwaltung. Seit dieser Zeit beginnt man, die überseeischen römischen Besitzungen als «provinciae»  zu bezeichnen, während früher dieser Begriff ganz allgemein den Amtsbezirk des römischen Magistrats zu bezeichnen pflegte, ein Brauch, der übrigens auch jetzt noch beibehalten worden ist. Die Einsetzung von Prätoren als Repräsentanten des  populus Romanus  in Übersee ist in ihrer historischen und allgemeinen Tragweite kaum zu überschätzen: der Prätor als Statthalter ist gelöst von den Fesseln der Kollegialität, aber auch von dem tribunizischen Vetorecht. Er war während seiner Amtszeit unumschränkter Herr in dem ihm anvertrauten Territorium. Es erscheint keineswegs ausgeschlossen, daß bei der Einrichtung der beiden ersten Provinzialpräturen von Sardinien und Korsika sowie von Sizilien im Jahre 227 v. Chr. die Römer sich irgendwie die

Organisation der hellenistischen Staaten zum Vorbild genommen haben: auch bei den Seleukiden und bei den Ptolemäern hatte der Statthalter (Stratege) des Königs die unumschränkte Gewalt in dem ihm anvertrauten Territorium. Übrigens ist auch das Reich des Hieron II. in Ostsizilien ganz nach hellenistischen Grundsätzen regiert worden.

Der 1. Punische Krieg ist der erste große Krieg gewesen, den Rom zusammen mit seiner italischen Wehrgemeinschaft durchgefochten hat. Allein schon dadurch erhält er eine Bedeutung, die weit über die der früheren italischen Kriege hinausreicht. Gewiß hatte es gelegentlich Spannungen zwischen den Römern und den Bundesgenossen gegeben, so hatten im Jahre 259 Samniten in Verbindung mit römischen Sklaven einen Aufstand vorbereitet, der jedoch vorher entdeckt werden konnte. Gelegentlich haben sich auch die Römer und die Bundesgenossen im Felde entzweit, wenn es um die Verteilung der Beute ging. Und ganz am Ende des Krieges, im Jahre 241, empörte sich die Stadt Falerii. Aber all diese Ereignisse sind gewissermaßen nur das Negativ zu der sonst ganz vorzüglichen Zusammenarbeit der großen römischitalischen Wehrgemeinschaft, die hier eine schwere Belastungsprobe bestanden hat. Schlimmer war es, daß sich Rom mit seinem Eintreten für die Mamertiner von Messana die Zuneigung der Griechen Siziliens restlos verscherzt hatte. Die Römer haben es auch nicht verstanden, sich diese Sympathien im Laufe des Krieges zurückzugewinnen, im Gegenteil, die Einstellung der sizilischen Griechenstädte blieb stets ganz von der Zweckmäßigkeit her bestimmt, und es ist immer wieder vorgekommen, daß die Römer Griechenstädte zweimal erobern mußten, nachdem sie in der Zwischenzeit wieder zu den Karthagern übergegangen waren. Zu einem Teil hängt dies damit zusammen, daß die Römer in Sizilien die ganze Strenge des Kriegsrechts gerade auch gegen die Griechen angewandt haben: die Einwohner eroberter Städte wurden in die Sklaverei verkauft, gelegentlich einfach hingerichtet. Diese harte unerbittliche Einstellung konnte für die Römer unmöglich Sympathien erwecken, und es war kein Wunder, wenn die öffentliche Meinung der Hellenen auf der Seite der Karthager stand.