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Erst sehr viel später haben es die Römer gelernt, daß Kriege nicht allein mit den Waffen, sondern auch mit psychologischen Mitteln geführt werden müssen, damals fehlte den Römern noch jegliche Erfahrung, sie führten den Krieg mit jener bedingungslosen Härte, die sie einst gegenüber den Samniten und anderen italischen Völkerschaften angewandt hatten.

Während des langen Krieges hatten die Römer auf dem Gebiete der militärischen Organisation Großes geleistet; allein die jahrelange Versorgung eines Heeres von ungefähr 40000 50000 Mann auf Sizilien stellte eine Reihe von schwierigen technischen Problemen, die aber von den Römern ohne weiteres gemeistert worden sind. Anders stand es mit dem Seekrieg: immer wieder hatten sich die römischen Schiffe dem Kampf mit den Elementen als nicht gewachsen gezeigt, und in der kurzen Frist von fünf Jahren (von 253 bis 249) hatten die Römer nicht weniger als viermal ihre Flotte eingebüßt. Wenn sie dennoch in den Kämpfen zur See in der Regel die Oberhand über ihre Gegner behalten haben, so lag dies vor allem an der neuartigen Taktik der Enterbrücken  (corvi),  mit denen sie den Kampf auf See zu einem Landkampf gestalteten, eine Taktik, der die Karthager ratlos gegenüberstanden.

Mit dem Frieden des Lutatius ist Rom in die Reihe der großen Mächte eingetreten, es stand nunmehr ebenbürtig neben den großen hellenistischen Staaten, dem Ptolemäer- und dem Seleukidenreich. Allerdings hatten sich diese Staaten in den 1. Punischen Krieg nicht eingemischt. Aber es besteht kein Zweifel daran, daß Verbindungen zwischen Rom und der hellenistischen Welt vorhanden waren. Und Karthago hat sogar den Versuch unternommen, während des Krieges bei Ptolemaios II. eine

Anleihe aufzunehmen, was dieser jedoch verweigert hat. Nicht viel besser erging es den Römern, die an den König Seleukos II. (246-225) das Ansinnen richteten, ihren Stammverwandten in Ilion Steuerfreiheit zu gewähren. Und wenige Jahre später wandten sich die Akarnanen an Rom mit der Bitte, sich bei den Ätolern für sie einzusetzen, denn sie seien die einzigen unter allen Griechen, die am Kriege gegen Troja nicht teilgenommen hätten. Mit Recht hat man darauf aufmerksam gemacht, daß die Äneaslegende in jenen Tagen schon längst ein Instrument der römischen Ostpolitik geworden war.

Übrigens hat man auch in der Münzprägung die Angleichung an griechisch-hellenistische Typen vollzogen, und zwar schon sehr bald nach dem Siege über Pyrrhos und die große Handelsstadt Tarent. Es ist das Symbol der Rhome, das immer wieder auf den Münzen dargestellt worden ist, es tritt gewissermaßen der Figur der Dido auf den karthagischen Münzen gegenüber. Diese Münzen mit den Rhome-Typen sind wahrscheinlich im 1. Punischen Kriege in großer Zahl geprägt worden, sie zeigen das römische Selbstbewußtsein, das an die mythische Vergangenheit anknüpft. Was Rom damals noch fehlte, das war ein Herold seines neu errungenen Ruhmes. Dies konnte jedoch nur ein Grieche sein, denn allein die griechische Sprache wurde überall verstanden. So mußte es eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Generation sein, die Verbindung mit dem Griechentum zu festigen. Daher kommt der ersten Aufführung eines griechischen Dramas und einer griechischen Komödie in Rom durch Livius Andronicus im Jahre 240 große Bedeutung zu. Lateinisch geschrieben haben sie bei den späteren Römern wenig Beifall gefunden, so meint Cicero (Brutus 18, 71), sie verdienten es nicht, wieder gelesen zu werden. Aber dennoch bleibt die Leistung des Livius Andronicus sehr beachtlich: er hat die griechische Bühnenkunst nach Rom verpflanzt, und diese fand hier einen überaus günstigen Boden vor. Zahlreiche Römer waren bei ihrem

Kriegsdienst in Sizilien mit der griechischen Zivilisation, auch mit dem griechischen Theater, in Berührung gekommen, die Komödien des Plautus zeigen zur Genüge, wieviele griechische Worte aus der Sphäre des Kriegswesens, des Theaters und des alltäglichen Lebens Aufnahme in den Sprachschatz der Römer gefunden haben. Allerdings war die Berührung zwischen Römertum und Griechentum vielfach ganz oberflächlich, aber sie hat dennoch den Grund gelegt zu einem besseren Verständnis der beiden Nationen und darüberhinaus zu einer tiefdringenden Hellenisierung des Römertums.

8. Die römische Expansion im Tyrrhenischen Meer, in der Adria und in Norditalien (241-219 v. Chr.)

Das Ende des Krieges stellte die Karthager vor schwierige Probleme. Insbesondere war es notwendig, die großen Söldnermassen, die man in Dienst genommen hatte, zu entlohnen, die Kassen des karthagischen Staates aber waren leer, und dazu war Hamilkar Barkas von seinem Kommando zurückgetreten. Den Oberbefehl übernahm jetzt Gisgo, der die auf Sizilien stehenden Truppen nach Afrika herüberschaffen ließ. Man dirigierte sie nach Sicca (El Kef), wo Hanno sie durch Versprechungen hinzuhalten versuchte. Es war eine bunt zusammengewürfelte Söldnerschar, Iberer, Kelten, Ligurer, Griechen, vor allem auch zahlreiche Libyer. Fast wäre es dem aus Sizilien herbeigeeilten Gisgo gelungen, die Söldner wieder unter Kontrolle zu bringen, hätte sich nicht die Masse durch die Agitation von zwei besonders radikalen Söldnern, von dem ehemaligen campanischen Sklaven Spendios und dem Libyer Mathos, zum offenen Aufstand fortreißen lassen. Wer den beiden in der Versammlung entgegenzutreten wagte, erlitt den sofortigen Tod durch Steinigung. Für Karthago wurde der Söldnertumult zu einer ganz großen Gefahr, als sich auch die Bewohner der libyschen Terra ferma der Bewegung anschlossen, nur Utica und Hippo Diarrhytos hielten zunächst Karthago die Treue. Erst als Hanno vor den Mauern des von den Söldnern belagerten Utica eine schwere Niederlage hatte hinnehmen müssen, erinnerte man sich wieder des Hamilkar Barkas, und dieser konnte die Aufständischen in einer bergreichen Gegend (sie wird von Polybios die «Säge» genannt) einschließen. Als es dem Hamilkar überdies gelungen war, durch eine nicht sehr vornehme Kriegslist die 10 Haupträdelsführer festzunehmen, hatte der Aufstand seinen

Höhepunkt überschritten. Die zu den Söldnern übergegangenen Städte Utica und Hippo Diarrhytos wurden zurückerobert, der Militäraufstand, in dessen Verlauf auf beiden Seiten geradezu unvorstellbare Grausamkeiten begangen worden waren, ging nach einer Dauer von drei Jahren und vier Monaten zu Ende.

Rom hatte sich übrigens zunächst sehr korrekt verhalten. Als die Karthager nicht weniger als 500 italische Kaufleute gefangengesetzt hatten, weil sie die Söldner mit Lieferungen aller Art unterstützt hatten, da forderte Rom ihre Freilassung, was von den Karthagern ohne weiteres bewilligt wurde. Als Gegengabe erhielten die Punier ihre Kriegsgefangenen ohne Lösegeld zurück. Außerdem wurde den Karthagern die Einfuhr italischen Getreides gestattet, dazu die Bestimmung des Lutatius-Vertrages, daß sie in Italien keine Söldner anwerben durften, außer Kraft gesetzt.