näher gerückt.
Als eine römische Gesandtschaft in Korinth und Athen erschien (228 v. Chr.), da wurde sie mit Freuden aufgenommen, und die Korinther haben die Römer sogar zu den Isthmischen Spielen zugelassen. Damit waren die Römer zwar noch nicht als Hellenen anerkannt - von einer Aufnahme in die griechische Staatengemeinschaft (Beloch) kann überhaupt keine Rede sein - , aber sie galten doch nicht mehr als Barbaren, sondern als Stammesverwandte der Griechen. Es besteht kaum ein Zweifel, daß hierbei die Sage von der trojanischen Abstammung der Römer von Bedeutung gewesen ist.
Die Erfolge Roms waren nur möglich gewesen, weil Makedonien untätig zusehen mußte. Hier hatte Antigonos Doson (230?-222/21), der Nachfolger Demetrios' II., zunächst alle Hände voll zu tun gehabt, um dem von kriegerischen Nachbarn, insbesondere von den Dardanern, bedrängten Lande Luft zu verschaffen. Dennoch war die Nichteinmischung Makedoniens ein schweres Versäumnis, das sich später nicht nur an den Makedonen, sondern auch an den Griechen sehr gerächt hat. Roms Position an der illyrischen Küste aber hatte ein schwaches Makedonien zur Voraussetzung. Eben dies sollte sich aber durch die Erfolge des Antigonos Doson in Griechenland in den folgenden Jahren grundlegend ändern. Seit der Schlacht bei Sellasia (222 v. Chr.), die mit einem glänzenden Siege der makedonischen Waffen über den König Kleomenes von Sparta endete, geriet der Achäische Bund ganz in das makedonische Fahrwasser, der makedonische König aber hatte den Gipfel seines Ansehens erklommen, weite Teile Griechenlands waren von ihm abhängig. Auch der Dynast Demetrios von Pharos begann seine Segel nach dem Winde zu drehen, er warf sich den Makedonen in die Arme und machte in kühnen Fahrten Jagd auf die italischen Handelsschiffe. Für Rom kam diese Entwicklung sehr wenig gelegen, stand man doch unmittelbar vor dem Ausbruch des Konflikts mit den Puniern wegen Sagunt. Zum
Glück für Rom war Antigonos Doson im Jahre 222/21 v. Chr. verstorben, sein Nachfolger, Philipp V., der Sohn des Demetrios II., sah sich in einen allgemeinen griechischen Krieg verwickelt (sog. Bundesgenossenkrieg), der jahrelang (220-217) in Griechenland Handel und Wandel lahmlegte und die Kräfte Makedoniens in Anspruch nahm.
Zehn Jahre nach dem Beginn des 1. Illyrischen Krieges, im Jahre 219, entsandte Rom die beiden Consuln L. Aemilius Paullus und M. Livius Salinator nach Illyrien. Sie standen an der Spitze eines größeren Heeres, das sich wahrscheinlich auf etwa 20000 Mann belief. Unmittelbar vor der Entsendung der Expedition hatte Hannibal mit der Belagerung Sagunts in Spanien begonnen (s. S. 71). Die Römer hatten es sehr eilig, in kürzester Frist waren die beiden Hauptstützpunkte des Demetrios, Dimale auf dem Festlande und die Insel Pharos, genommen, Demetrios selbst aber war bei Nacht und Nebel zu Philipp V. geflohen. Der Feldzug hatte nur wenige Monate gedauert, die Römer hatten ihren Einfluß in Illyrien neu zur Geltung gebracht.
Die römische Expansion in Oberitalien: Seit dem Einfall der Kelten, der zur Schlacht an der Allia (387) geführt hatte, schwebte über den Römern stets die keltische Gefahr aus Oberitalien. Allerdings bedeutete die Schlacht bei Sentinum (295) einen gewissen Ruhepunkt, und die Gründung der Kolonien Sena Gallica auf dem Gebiet der Senonen (285) und besonders von Ariminum (268) hatte die Lage an der Nordgrenze weitgehend gefestigt. Übrigens hatten sich die Kelten längst in der fruchtbaren oberitalienischen Tiefebene an ein seßhaftes Leben gewöhnt, sie waren nicht mehr die unruhigen, sich ewig auf der Wanderung befindenden Barbaren, als die man sie im 4. Jh. in Italien und später in Griechenland und Kleinasien (seit 278) kennengelernt hatte. Aber immer noch waren die keltischen Wanderungen nicht beendet, von jenseits der Alpen stießen immer wieder neue keltische Wogen nach
Italien vor und rissen die hier wohnenden Volksgenossen mit sich fort.
Der äußere Anlaß für die keltischen Unruhen in Oberitalien war angeblich die Verteilung des Ager Gallicus in kleinen Landlosen an die römischen Bürger im Jahre 232 auf Antrag des Volkstribunen C. Flaminius. Durch diese Maßnahme sahen sich die angrenzenden Bojer in ihrer Existenz bedroht, sie dürften einen Feldzug der Römer in ihr Land befürchtet haben, sie trauten ihnen nicht über den Weg. Bojer und Insubrer schlossen sich zusammen, sie richteten einen Hilferuf an die jenseits der Alpen und im Gebiet der Rhone wohnenden Stammesgenossen, dazu wurden von ihnen die Gäsaten in Sold genommen. Auch die Römer trafen ihre Vorbereitungen, sie legten Vorräte an und führten die Truppen an die Nordgrenze, um gegen Überraschungen gewappnet zu sein. In der Zeit der beiderseitigen Vorbereitungen auf den entscheidenden Waffengang fällt der Ebro-Vertrag der Römer mit Hasdrubal im Jahre 226 (s. S. 70).
Zur Abwehr der keltischen Bedrohung schlossen die Römer Freundschaftsverträge mit den Venetern und sogar mit den Cenomanen, einem keltischen Volk zwischen der Etsch und der Adda. Wie hoch man jedoch die Gefahr aus dem Norden einschätzte, zeigt die Aufstellung des «Verzeichnisses der Wehrmänner» (formula togatorum). Alle römischen Bundesgenossen wurden angewiesen, die Listen ihrer waffenfähigen Bevölkerung zur Überprüfung nach Rom zu senden. Der Census des Jahres 225, wahrscheinlich der allererste, der in Italien abgehalten worden ist, liefert eines der wertvollsten Dokumente, die überhaupt aus der Geschichte der römischen Republik erhalten geblieben sind. Die Gesamtzahl der Wehrfähigen (togati bedeutet «Männer im Kriegsgewand») belief sich auf 700000 Mann zu Fuß und 70000 Reiter, eine ganz beträchtliche Streitmacht, die im gesamten Mittelmeerraum ihresgleichen nicht hatte. Man hat auf Grund dieser Zahlen die
Gesamtbevölkerung des damals unter römischer Hegemonie stehenden Italiens zu errechnen versucht und ist dabei auf etwa 2 1/2 Millionen Seelen gekommen.
Mit dem Anmarsch der Gäsaten aus der Rhönegegend kommt die keltische Woge in Bewegung. Die Gäsaten standen unter dem Befehl der beiden Könige Aneroestos und Konkolitanos, sie wurden durch Zuzüge der Taurisker, der Bojer und der Lingonen beträchtlich verstärkt. Die Römer stellten den Kelten zwei konsularische Heere entgegen, die aus je vier Legionen bestanden, mit einer Stärke von insgesamt 40000 Mann. In Rom erwartete man einen keltischen Vorstoß gegen das am meisten gefährdete Ariminum, die Kelten aber überschritten den Apennin (in der Gegend von Bologna?) und drangen in Etrurien ein. Bei Clusium, etwa 160 km vor Rom, stellte sich ihnen ein prätorisches römisches Heer entgegen, das aber von den Kelten geschlagen wurde. Die römische Niederlage blieb ohne Rückwirkung auf das Kriegsgeschehen, da die Kelten von Strategie zu wenig verstanden. Die Römer aber beorderten aus Sardinien den Consul C. Atilius Regulus herbei, er ging in Pisa an Land und nahm zusammen mit dem anderen Consul, L. Aemilius Papus, die Kelten in die Zange. Sie wurden bei Telamon (nördlich von Cosa) zum Kampfe gestellt und fast vollständig aufgerieben, nur der Reiterei war es gelungen, zu entkommen (225). Der eine König, Konkolitanos, geriet in römische Gefangenschaft, der andere, Aneroestos, verübte zusammen mit seinem Gefolge Selbstmord. Im ganzen sollen von den Kelten nicht weniger als 40000 Mann gefallen, weitere 10000 in römische Gefangenschaft geraten sein. Von den Römern war der Consul C. Atilius Regulus auf dem Schlachtfeld geblieben.