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Es kann als sicher gelten, daß diese drei verschiedenen Siedlungsformen nicht auf verschiedene völkische Elemente zurückzuführen sind, sie haben sich vielmehr auf Grund örtlicher Verschiedenheiten herausgebildet. Über die Bewohner läßt sich nur soviel sagen, daß sie der alpinen Rasse angehören. Von den drei Siedlungsarten sind die beiden ersten, die Pfahlbauten und die Moordörfer, auch im übrigen Europa verbreitet, allein die Terremare-Siedlungen sind eine Besonderheit Norditaliens. Der Begriff Terremare leitet sich her von  terra marna,  einem Dialektausdruck, der «fette Erde», «Komposterde» bedeutet; im übrigen nennen die italienischen Forscher diese Siedlungen auch «umwallte Pfahlbauten»

(palafitte arginate).

Bezeichnend für die Terremare-Hütten ist ihre Anlage auf einer Plattform, die ihrerseits auf Pfählen ruht. Es ist das Wahrscheinlichste, daß diese Siedlungen wegen der alljährlich wiederkehrenden Überschwemmungen angelegt worden sind, sie wurden von Wall und Graben umschlossen. Wohl das berühmteste Beispiel einer Terremare-Siedlung ist Castellazzo di Fontanellato, östlich von Piacenza, ferner Rovere di Caorso. Auf dem äußeren Bild der Terremare-Siedlung beruht die Hypothese, die manche Nachfolge gefunden hat, daß nämlich diese Siedlungen als Vorläufer des römischen Legionslagers anzusehen seien. Alles, was aus dem römischen Lager bekannt war, glaubte man in diesen Terremaren wiederzufinden, die Orientierung, den  sulcus primigenius, cardo  und  decumanus.  Es ist keine Frage, daß diese ingeniöse Verbindung reine Phantasie ist. Ein überzeugender Grund für die Entstehung und Herausbildung dieser eigentümlichen Siedlungen ist bisher nicht gefunden. Auch die von Leopold, von G. von Kaschnitz- Weinberg und anderen vorgetragene Vermutung, sie stünden mit der allmählichen Klimaverschlechterung in Italien in Zusammenhang, die sich insbesondere bei der Abholzung der Wälder am nördlichen Apennin bemerkbar gemacht habe, ist wenig wahrscheinlich.

Bemerkenswert ist die Veränderung der Bestattungssitten in der Po-Ebene in der Bronzezeit: anstatt des Begräbnisses findet sich jetzt die Verbrennung der Leichen. Eine derartige Änderung kann zwei Ursachen haben: sie kann auf einen scharfen inneren geistigen Bruch zurückzuführen sein, sie kann aber auch mit dem Kommen neuer Völker in Verbindung stehen, welche die neue Sitte mitgebracht haben. Friedhöfe mit Brandgräbern sind nun gerade in der Nähe von Terremare-Siedlungen gefunden worden; wenn die moderne Forschung ihre Zugehörigkeit zu diesen Siedlungen nicht für erwiesen hält, so scheint das Mißtrauen zu weit getrieben. Gehören aber diese Brandgräber zu den Terremaren, so würde man sie doch wohl auf transalpine Einwanderer zurückführen müssen (Pigorini). Die Frage, woher sie gekommen sind, bleibt offen, denkbar wäre als Heimat der Einwanderer etwa die Bodenseegegend oder die Ostschweiz. Gewisse Verbindungen mit Mitteleuropa sind auch sonst vorhanden, so kennt die Zivilisation der Terremaren bereits das Pferd, und zwar das gezähmte Pferd, das im altmediterranen Kulturkreise sonst unbekannt ist. Das zahme Pferd ist vielmehr im Donauraum und in Mitteleuropa zu Hause. Im übrigen erstrecken sich die Beziehungen über noch größere Entfernungen: auch Bernstein ist in den Terremaren gefunden worden, er stammt aus dem Samlande und ist auf dem Handelswege eingeführt worden, ebenso wie der Bernstein in den Gräbern der mykenischen Zeit in Griechenland.

Die Kultur des sog. Apenninkreises - der Name stammt von Ugo Rellini -, früher unter dem Namen der Extraterramaricoli bekannt, ist mit der mittelitalischen und süditalischen Grottenkultur gleichbedeutend. Ihre Fundplätze reichen von Tarent bis Bologna, sie sind zumeist in der Nähe der Adria gelegen. Verbindungen zwischen dem Apenninkreis und dem Gebiet jenseits der Adria sind sehr wahrscheinlich, vor allem mit Thessalien und Mittelgriechenland. Demgegenüber betrachtet Rellini diese Kultur als eine einheimische, sie sei ohne wesentliche auswärtige Einflüsse aus der äneolithischen Kultur Italiens abzuleiten. Andere Forscher, unter ihnen G. von Kaschnitz-Weinberg, halten eine Einsickerung balkanischer Bevölkerungsteile von jenseits der Adria für wahrscheinlich. Wie dem nun auch sein mag - daß damals bereits Verbindungen, und zwar gerade auch Handelsverbindungen, zwischen der Ostküste Italiens und dem gegenüberliegenden Ufer der Adria existiert haben, darüber kann es kaum einen Zweifel geben. Auch Sizilien tritt in der sog. 2. sikulischen Periode in Beziehungen zur Außenwelt; von nordischen Einflüssen ist hier indes keine Rede, dafür finden sich aber

Berührungen mit der ägäischen Zivilisation, insbesondere mit dem mykenischen Kreise. Eine Reihe von Metallsachen wie Dolche, Schwerter, Lanzenspitzen haben mykenische Formen, anderseits findet sich Obsidian von den Liparischen Inseln auf Kreta, zu feinen Steinvasen verarbeitet. Etwas anders steht es mit Sardinien. Die Bronzezeit ist hier der Höhepunkt der Nuraghen-Kultur, mehrere Tausend dieser Wohntürme sind hier gefunden worden, dazu zahlreiche Schmelzöfen und Bronzedepots.

2. Italien im Zeitalter der Einwanderung der Italiker und Etrusker (etwa 1200-800

v. Chr.)

Die frühe Eisenzeit bringt für Italien ein neues Zeitalter, es ist die Zeit der Einwanderungen nicht nur der Italiker, sondern auch der Illyrer und der Etrusker. Das völkische Gesicht Italiens ist in dieser Periode entscheidend umgeprägt worden, ein Vorgang, der zu den entsprechenden Umschichtungen in Griechenland parallel verläuft: auch hier ist durch die Dorische Wanderung eine neue Welle indogermanischer Stämme nach Griechenland gekommen, die Dorer und die Nordwestgriechen, erst durch diese wurde die Indogermanisierung Griechenlands abgeschlossen.

Die Völkerbewegungen in Italien und in Hellas werden in der Forschung unter dem Begriff der Ägäischen Wanderung zusammengefaßt. In Wirklichkeit haben sie nicht nur die Ägäis, sondern einen viel größeren Raum in Mitleidenschaft gezogen; wahrscheinlich ist der Untergang des Hethiterreiches (kurz nach 1200 v. Chr.) diesen Völkerbewegungen zur Last zu legen, auf jeden Fall steht er mit ihnen in ursächlichem Zusammenhang. Die Wogen der Seevölker haben nicht nur Syrien und Palästina überflutet, auch Ägypten befand sich in tödlicher Gefahr, die aber durch die Siege des Pharao Ramses III. gebannt werden konnte. Über den Ursprung der Großen Wanderung sind heute nur Vermutungen möglich. Die Illyrer als diejenigen zu betrachten, die sie ausgelöst haben, empfiehlt sich nicht, wohl aber scheint der Raum nördlich der Balkanhalbinsel, möglicherweise die ungarische Tiefebene, das Erregungszentruni gewesen zu sein.

In der Apenninhalbinsel haben die Einwanderungen starke, tiefgreifende Veränderungen im Gefolge gehabt. In diesem Zeitalter sind hier die historischen Volks- und Stammesgruppen