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geformt worden, welche die weitere Geschichte Italiens bestimmen. Ohne die Annahme stärkerer Einwanderungen, auch von ganzen Volksteilen und Stämmen, wird man in der frühen Eisenzeit in Italien ebenso wenig auskommen wie im gleichzeitigen Griechenland. Es ist allerdings richtig, daß die einheimischen Volkselemente in der Apenninhalbinsel keineswegs verdrängt worden sind, aber die Leugnung jeglicher Zuwanderung größeren Umfanges von Norden her durch einen Teil der italienischen Forschung scheint nicht begründet. Auf jeden Fall sind die Jahrhunderte von 1200 bis 800 v. Chr. eine typische Übergangszeit; in ihr hat sich die Umschmelzung der italischen Bevölkerung durch das Hinzukommen transalpiner Einwanderer vollzogen. Der italische Kulturkreis ist in diesem Zeitalter aus dem mediterranen Kreise herausgelöst und an den nordischen angeschlossen worden - ein Ereignis von weittragenden historischen Folgen. Es ist zuzugeben, daß manche Indizien, die man durch die Zuwanderung der Nordstämme zu erklären versuchte, auch anders gedeutet werden können. Dies betrifft insbesondere die Leichenverbrennung, die seit der frühen Eisenzeit auf der Apenninhalbinsel nachzuweisen ist. Es ließe sich hier allenfalls an einen scharfen geistigen Bruch denken, der sich in der Veränderung der Bestattung zum Ausdruck brächte. Aber in Verbindung mit anderen Merkmalen ist die Erklärung durch Zuwanderung in diesem Fall wohl die richtige; das Nebeneinander verschiedener Zivilisationselemente hat an sich nichts Überraschendes.

Das Bild der Zivilisation der einzelnen Landschaften Italiens ist in der frühen Eisenzeit sehr bunt und verschiedenartig. Von Bologna bis Calabrien reicht die Zone der Villanova-Kultur, in Venetien blühen die Kulturen Este I-III, in Picenum existiert die Kultur der früheisenzeitlichen Grabfelder, in Apulien gibt es die Hügelgräber, in Sizilien befinden wir uns in der 3. und 4. sikulischen Periode, von denen die letztere bereits durch

griechische Ware charakterisiert wird.

Die Uneinheitlichkeit des zivilisatorischen Bildes ist sehr wahrscheinlich auf Einwanderungen oder zum mindesten auf das Einsickern größerer Volksgruppen zurückzuführen, und zwar aus dem Gebiet nördlich der Alpen und aus dem Lande jenseits der Adria.

Im Norden Italiens bezeichnet man die Übergangsperiode als die Proto-Villanova-Zeit (Villanova ist ein Dorf bei Bologna). Neben dem Proto-Villanova-Kreis steht der sog. latinischsabinischcampanische Kulturkreis, vor allem südlich des Tibers, aber mit Ausläufern bis in den äußersten Süden, bis hin nach Calabrien und Apulien. Charakteristisch für diesen Kreis sind die Brandgräber-Gruppen, wie sie auf dem Forum Romanum, in den Albanerbergen und im Faliskerlande erscheinen. Wir wissen nicht, wie sich diese Kulturen zu den Völkern von Latium und Campanien verhalten. Beziehungen zur Außenwelt sind wahrscheinlich, so gehören nach Ansicht namhafter Prähistoriker (G. v. Merhart) die Antennenschwerter in den nordbalkanischen Kreis, vielleicht sind sie auf dem Seeweg eingeführt worden. Beziehungen zu der mitteleuropäischen Bronzezeit zeigen Funde aus den ältesten Schichten von Cumae und Locri. Während sich diese Kulturelemente transalpinen Ursprungs in Mittelitalien organisch weiterentwickeln, sterben sie im Süden bald ab, ein Grund hierfür ist sicherlich das Auftreten der überlegenen griechischen Kultur im 8. Jh. v. Chr.

Die Villanova-Kultur und ihre Perioden:  Die Villanova Kultur, die für die zivilisatorische Entwicklung von Nord- und Mittelitalien eine große Bedeutung besitzt, wird in vier Perioden eingeteilt: 1. San Vitale-Savena (etwa 925-850), 2. Benacci I (850-750), 3. Benacci II (750-675), 4. Arnoaldi (675-525). Die Namen sind die von modernen Latifundienbesitzern. Alle Kulturen liegen nördlich des Apennin, sie stehen in enger Verbindung mit der Hallstatt-Kultur Mitteleuropas. An der

Villanova-Kultur sind sicherlich mehrere völkische Elemente beteiligt, in erster Linie die Umbrer, aber auch die Etrusker. Die Kultur ist uns vor allem auf Grund von Grabfunden bekannt geworden. Leichenverbrennung und -bestattung existieren hier nebeneinander, das Zeichen einer typischen Übergangszeit. Die Verbrennung der Leichen findet sich vor allem in Bologna, in der Landschaft Toscana und in Latium; dabei werden die Aschenurnen in Erdlöchern geborgen, in sog.  pozzi.  Zu den tönernen und bronzenen Gefäßen, die als Aschenurnen dienen, kommen noch die Hausurnen. Die Leichenbestattung trifft man in der Toscana, in Umbrien, Latium, Campanien und Calabrien - es ist kein Zweifel, der Schwerpunkt liegt südlicher als bei den pozzo-Gräbern. In der Forumsnekropole von Rom liegen beide Arten der Bestattung nebeneinander, sie sind nahezu gleichzeitig. Bezeichnend für die Villanova-Kultur sind die reichen Funde von Metallsachen und von Keramik. Neben der Verwendung des Eisens bleibt die Verarbeitung von Bronze bestehen. In der Eisenbearbeitung und -verarbeitung sind später die Etrusker führend gewesen; das Eisen wurde in Toscana und auf der Insel Elba gewonnen. In den Gräbern finden sich gelegentlich auch zweirädrige Wagen, es sind Streit- oder Rennwagen, wie sie zur gleichen Zeit aus Griechenland und aus Thrakien bekannt sind.

Die historische Auswertung der Funde der Villanova-Kultur ist nicht einfach. Sicher ist, daß sich ihr Verbreitungsgebiet mehr oder weniger mit jenen Teilen Italiens deckt, die sich im Besitz der Italiker, d. h. der Latino-Falisker und der Umbro- Sabeller, befinden. Die Latino-Falisker bewohnen in historischer Zeit Latium und das sich nördlich daran anschließende kleine Faliskerland, die Umbro-Sabeller nicht nur Umbrien, sondern auch die Toscana (aus der sie später teilweise von den Etruskern verdrängt worden sind), das Sabinerland, Campanien bis hin nach Süditalien. Es ist jedoch nicht zulässig, die Italiker auf die beiden verschiedenen Gruppen der Villanova-Kultur in der

Weise zu verteilen, daß man die Fossa-Gräber (Bestattung) den Umbro-Sabellern, die Pozzo-Gräber (Verbrennung) den Latino- Faliskern zuweist. Diese Rechnung geht nicht auf, es gibt nämlich Pozzo-Gräber z. B. in der Toscana und in Bologna, von Latino-Faliskern ist hier aber nichts bekannt. Die Kulturen der frühen Eisenzeit Italiens, die Villanova-Kultur, die venetischen Kulturen Este I-III, die früheisenzeitlichen Grabfelder in Picenum und die Hügelgrabkultur in Apulien, sind früher in der Regel als die archäologische Hinterlassenschaft von Völkern gedeutet worden, die um 1000 v. Chr. den Boden Italiens betreten haben: der Italiker, der Illyrer und der Etrusker. Wie die Etrusker auf italischem Boden eine Verbindung mit der Vorbevölkerung, vor allem mit den Umbrern, eingegangen sind, so ist dies auch für die anderen zugewanderten Völker anzunehmen. Fremde und einheimische Volkselemente haben sich in Italien miteinander verbunden, wobei das Erbe der fremden Völker, insbesondere in der Sprache und in den Ortsnamen, sichtbar wird.

Von den Fremden haben zuerst die  Italiker  den Boden der Apenninhalbinsel erreicht, sehr wahrscheinlich von Norden her. Nach V. Pisani ginge das Lateinische teilweise mit dem Gälischen zusammen, das Osko-Umbrische mit dem Äolischen, daher müsse die zweite Gruppe der Italiker aus dem Osten eingewandert sein. Diese Auffassung bleibt jedoch vorerst nur eine Hypothese. Die tiefgreifenden Verschiedenheiten zwischen den Dialekten der beiden Gruppen der Italiker, den Latino- Faliskern und den Osko-Umbrern, zwingen zu der Annahme, daß die Teilung der Italiker sich bereits außerhalb der Apenninhalbinsel vollzogen haben muß. Den beiden Gruppen der Italiker sind die illyrischen Stämme (im Süden der Halbinsel) und die Veneter (im Nordosten Italiens) gefolgt.

Auf Grund der antiken Überlieferung und der Ergebnisse der modernen Vergleichenden Sprachwissenschaft ist die Verwandtschaft der Völker auf der sallentinischen Halbinsel, d.

h. in Calabrien, mit den Illyrern jenseits der Adria einwandfrei nachgewiesen. Als illyrisch haben zu gelten die Messapier, Sallentiner, Japyger, Pödikuler und Peuketier. Zu der antiken Überlieferung paßt das Ortsnamenmaterial, das diesseits und jenseits der Adria gleichartige Bildungen aufweist. Ein Teil der modernen Forschung tritt jedoch für eine sehr viel weitere Verbreitung des illyrischen Elements in Italien ein. Man glaubte Illyrer nicht nur im Bereich der Umbro-Sabeller, sondern auch in Latium, in Ligurien, in Gallia Cisalpina zu finden. Auch die Veneter galten als Illyrer, eine Ansicht, die Krähe inzwischen allerdings längst revidiert hat. Dieser Panillyrismus, der auch in der griechischen Geschichte sein Spiel getrieben hat, kann heute wohl als überwunden gelten, wir brauchen uns im einzelnen mit ihm nicht mehr zu befassen.