Senat. Dieser aber ließ sich zu einer ungesetzlichen Handlung fortreißen, indem er das Provokationsrecht der Angeklagten einfach unter den Tisch fallen ließ. Bereits am 10. Dezember 63 sprach sich der Volkstribun Metellus Nepos gegen Cicero aus: er habe römische Bürger ohne Hinzuziehung eines ordentlichen Gerichts zum Tode verurteilen lassen. Als Cicero seine Schlußrede halten wollte, interzedierte der gleiche Metellus Nepos. Das war ein trüber Abschluß eines mit so vielen Hoffnungen begonnenen Consulats!
Die ersten Wochen des neuen Jahres (62) sahen den Untergang Catilinas. Tapfer kämpfend fiel er bei Pistoria, die Bewegung hatte ihren Führer verloren, das Problem aber, insbesondere die Schuldentilgung, war nicht gelöst. Im übrigen ist die catilinarische Verschwörung kein Ereignis ersten Ranges in der römischen Geschichte, erst Cicero hat sie durch seine Reden und Schriften dazu gemacht, und nicht ganz zu Unrecht spottete man in Rom über den übereifrigen Consul, dessen zweites Wort das ominöse «Omnia comperi» («Ich bin über alles im Bilde») gewesen war.
Im übrigen wurde das Jahr 62 überschattet von der bevorstehenden Rückkehr des Pompejus. Der Feldherr hatte sich durch seine Vertrauensmänner über die Vorgänge in Rom auf dem laufenden halten lassen. In Rom angelangt (Januar 61), hielt er sich zurück, am 28. und 29. September (der zweite Tag war sein 45. Geburtstag) feierte er seinen Triumph über Mithradates und die anderen Könige des Ostens. Die Soldaten nahmen daran nicht teil, Pompejus aber trug den angeblich von Alexander stammenden Mantel, den man unter den Schätzen des Mithradates gefunden hatte, ein Symbol für den Übergang der Weltherrschaft von den Makedonen auf die Römer. Vor seinem Triumphwagen schritten die vornehmen Gefangenen, wie es heißt, 324 an der Zahl, sie wurden bis auf einige wenige (Tigranes der Jüngere, Aristobul) wieder entlassen, nicht, wie es in Rom üblich war, getötet. Die Schwierigkeiten aber waren nach wie vor ungelöst; der Senat hatte immer noch nicht die Neuordnung Vorderasiens durch Pompejus bestätigt, ebensowenig war die Frage der Unterbringung und Versorgung der Veteranen beantwortet. Pompejus hatte in Rom eine Anzahl entschlossener Gegner, zu ihnen gehörten nicht allein der Jüngere Cato und Metellus Celer, sondern auch Lucullus und Metellus Creticus, die er sich beide zu persönlichen Feinden gemacht hatte. Mit Cicero hatte er dagegen eine amicitia geschlossen (Sommer 61). Die erste Kraftprobe, ein von dem Volkstribunen L. Flavius beantragtes Ackergesetz, scheiterte am Widerstand des Senats (60). Es kam zu einem peinlichen Auftritt zwischen dem Tribunen Flavius und dem Consul Metellus Celer, der sich in keiner Weise einschüchtern ließ und den Senat sogar in das Gefängnis berief, in das ihn der Volkstribun hatte einliefern lassen. Wie sollte es weitergehen? Im Juli des Jahres 60 kehrte Caesar aus Spanien zurück, er war seine Schulden los und strebte nach dem Consulat für das nächste Jahr. Mit Unterstützung des Crassus und Pompejus wurde er auch gewählt, aber die Optimaten hatten gleichfalls einen der Ihren, M. Calpurnius Bibulus, bei den Consulwahlen durchgedrückt. Das Bündnis zwischen den drei Machthabern Roms, abgeschlossen etwa in der Mitte des Jahres 60 (eine coitio), hat M. Porcius Cato (der Jüngere) als das Ende der res publica libera bezeichnet. In der Tat waren die drei Männer, zusammen mit ihren Klientelen in aller Welt, imstande, den Staat aus den Angeln zu heben. Der Leidtragende war zunächst der Senat, der von nun an, insbesondere durch gekaufte Volkstribunen, terrorisiert wurde. An dieser verhängnisvollen Entwicklung waren die maßgebenden Männer unter den Optimaten, auch Cicero, nicht schuldlos. Sie hatten alles getan, um Pompejus in das Lager der Gegner zu treiben, wenn er nicht völlig isoliert sein wollte.
19. Caesars Consulat (59 v. Chr.) und die Eroberung Galliens (58-51 v. Chr.)
Mit dem l. Januar 59 v. Chr., dem Beginn von Caesars Consulat, nimmt in Rom ein neues Zeitalter seinen Anfang, und zwar nicht nur, weil der neue Consul eine Tätigkeit entfaltete, die sein Amtsjahr weit über das Maß des Üblichen hinausgehoben hat, sondern vor allem, weil sich der Senat mehr und mehr zur Kapitulation gezwungen sah. Gewiß gab es immer noch aufrechte Männer, welche die Idee des Freistaats mit allen Mitteln zu verteidigen versuchten wie der Jüngere Cato, aber zahlreiche Senatoren begannen zu resignieren, und die plebs urbana war sogar von Caesar begeistert, und zwar um so mehr, als der Ruhm des Feldherrn Pompejus allmählich verblaßte. Von allem Anfang an hat sich Caesar um die Sitte der Vorfahren mos maiorum) nur wenig gekümmert, er hat autoritär regiert, soweit ihm dies bei dem Widerstand des Senats möglich war. Wer sich ihm in den Weg stellte, wurde durch Terror gefügig gemacht. Etwa im März 59 ging die rogatio seines ersten Ackergesetzes durch, der Senat hatte zwar seine Zustimmung verweigert, die Comitien aber nahmen das Gesetz an. Sehr viel wichtiger aber war eine zweite lex agraria, welche die Aufteilung der campanischen Domänen vorsah, hat dieses Gesetz doch dem Consul eine bedeutende Gefolgschaft gesichert (Mai 59). Auch die Anordnungen des Pompejus in Vorderasien fanden endlich die Billigung des Senats. Dem Pompejus war Caesar auch sonst zu Willen: er schaffte ihm nicht nur den Vettius vom Halse, der angeblich einen Mordplan gegen Pompejus geschmiedet hatte, er vermählte ihm auch seine einzige Tochter Iulia. Eine Leistung ersten Ranges aber war die lex Iulia de repetundis, ein Gesetz, das die römische Provinzialverwaltung auf eine neue Grundlage gestellt hat. Die lex trat an die Stelle des sullanischen Gesetzes, noch in der Kaiserzeit war sie die Magna Charta der römischen
Administration. Caesar sorgte dafür, daß die Protokolle des Senats und der Comitien veröffentlicht wurden (acta senatus et populi Romani). Von weittragender Bedeutung aber war der Antrag des Volkstribunen P. Vatinius (Juni 59?), der Caesar nach Ablauf seines Amtsjahres das Diesseitige Gallien und Illyricum mit drei Legionen verlieh, und zwar auf die Zeit von fünf Jahren, was ungewöhnlich war. Der Senat aber fügte sogar noch das Jenseitige Gallien (Gallia Ulterior) mit einer weiteren Legion hinzu. Consuln für das Jahr 58 wurden A. Gabinius, der Günstling des Pompejus, und L. Calpurnius Piso, der Schwiegervater Caesars. Nach Ablauf seines Consulats blieb Caesar zunächst noch drei Monate, und zwar mit einem Heer, in der Nähe der Hauptstadt. Es galt, zwei Gegner des Triumvirats unschädlich zu machen: Cicero und M. Porcius Cato. Auf Cicero wurde der Volkstribun P. Clodius, ein skrupelloser Demagoge, losgelassen, der im übrigen mit dem Redner bitter verfeindet war. Clodius stellte den Antrag, daß diejenigen geächtet werden sollten, die römische Bürger in einem ungesetzlichen Verfahren hätten hinrichten lassen. Das aber ging auf Cicero. Als dieser bei Pompejus keine Hilfe fand, begab er sich freiwillig in die Verbannung, sein Vermögen wurde konfisziert. Der Jüngere Cato aber erhielt den Auftrag, das Königreich Cypern in eine römische Provinz umzuwandeln, eine Aufgabe, die Cato mit dem ihm eigenen rigorosen Pflichtgefühl erfüllt hat. Der letzte König von Cypern, Ptolemaios, wollte jedoch das Ende seiner Herrschaft nicht überleben und gab sich selbst den Tod (58).