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Die griechischen Kolonien im Osten und Westen waren unter der maßgebenden Führung des hellenischen Adels gegründet worden. Die Adelsherrschaft ist auch weiterhin ein Kennzeichen des gesamten Westgriechentums, bis zum Aufkommen der Tyrannen, die in Sizilien (Leontinoi, Akragas) etwa um 600 v. Chr. die Zügel der Regierung in die Hand genommen haben. Die Hochblüte der Tyrannis aber fällt erst in die Zeit bald nach 500 v. Chr. Damals regierten Tyrannen wie Anaxilaos von Rhegion, Hippokrates von Gela, Gelon und Hieron von Syrakus.

Von den Städten des griechischen Mutterlandes ist es vor allem Korinth gewesen, das sich im Westen hervorragend zur Geltung gebracht hat. Durch die Insel Korkyra im Ionischen Meere hatte sich die mächtige Seestadt am Isthmus eine wichtige Zwischenstation nach Italien gesichert, überall im Westen finden sich korinthische Waren und korinthische Münzen, bis tief hinein in das 4. Jh. v. Chr.

Von großer Bedeutung ist auch die Gründung Massalias unweit der Rhonemündung durch die Phokaier aus Kleinasien (um 600). Massalia verfügte über ein unvergleichlich reiches Hinterland, die Stadt wurde dazu die Metropole zahlreicher Kolonien an der Küste der Seealpen (Nikaia/Nizza, Monoikos/Monaco, Antipolis/Antibes), sie konnte ihre Einflußsphäre entlang der südfranzösischen Küste sogar bis nach Iberien vorschieben. Hier sind vor allem Emporiai (Ampurias) und Rhode Kolonien Massalias. Bei den Ligurern und Kelten ist der Einfluß der aufblühenden Griechenstadt kaum zu überschätzen (Verwendung der griechischen Schrift durch die Helvetier), aber auch zu den italischen Völkerschaften unterhielt sie gute Beziehungen.

Bei ihrem Vordringen in den Westen fanden die Hellenen als Rivalen die Etrusker und die Karthager vor. Insbesondere der Vorstoß der Phokaier in das Westmeer rief die Gegenwirkung auf den Plan, um die Vorherrschaft auf Korsika kam es zu einer großen Seeschlacht bei Alalia (nach 540). Zwar behielten die Griechen die Oberhand über die vereinigten Flotten der Karthager und Etrusker, aber ihre Verluste waren so schwer, daß sie ihre Stützpunkte auf der Insel Korsika räumen mußten. So ist diese Schlacht ein Zeichen für die große Wende, die sich bald nach der Mitte des 6. Jh. anbahnt: das Griechentum, bisher in ständigem Ausgreifen, sieht sich in die Verteidigung gedrängt. Auch im Osten zeigt sich das gleiche Bild: im Jahre 547 war Sardes gefallen, die Hauptstadt des Lyderreiches; der Sieger, der Perserkönig Kyros II., war zur Annexion Ioniens geschritten, das von nun an einen Teil des persischen Weltreiches bildete.

Jedoch hatten zwei Jahrhunderte genügt, um Italien und den weiteren Westen an den Segnungen der griechischen Kultur reichen Anteil nehmen zu lassen. Durch die griechischen

Kolonien in Unteritalien und Sizilien ist den Italikern ein erster und bleibender Einblick in das Leben des griechischen Geistes geschenkt worden, überall erhoben sich Stätten des griechischen Heroenkultes, an vielen Orten Unteritaliens wurden die Gräber der homerischen Helden gezeigt. Auch das Orakelwesen erfuhr seine Ausprägung durch das Griechentum, wie das Orakel der cumäischen Sibylle, dieses ursprünglich wohl von den Oskern begründet. Für die  libri Sibyllini,  die unter den Tarquiniern nach Rom gelangten, gibt es Vorbilder in den griechischen Orakel sammlungen (Onomakritos unter den Peisistratiden in Athen). Auch ein Heraorakel hat in Cumae existiert. Übrigens standen die Tarquinier, wie so viele fremde Herrscher, in enger Verbindung mit dem delphischen Orakel in Griechenland. Die Griechen sind auf religiösem Gebiet vielfach die Lehrer der italischen Völker gewesen, und aus der Symbiose von Griechentum, Etruskertum und Italikertum hat sich die im einzelnen vielfach differenzierte Zivilisation des Alten Italien gebildet. Diese erste langdauernde Berührung zwischen Hellenentum und Italikertum ist auf keinem Gebiet spurlos untergegangen, sie hat reiche Frucht getragen und in gewisser Weise die Grundlagen zu einer einheitlichen Zivilisation der Apenninhalbinsel geschaffen.

4. Der Höhepunkt der Etruskerherrschaft (etwa 550-500 v. Chr.)

Ein Teil der Forschung (F. Schachermeyr) rechnet mit zwei etruskischen Einwanderungswellen, von denen die erste um 1000, die zweite, bedeutendere, um 800 v. Chr. angesetzt wird. Wenn neuerdings diese Zahlen sehr viel weiter herabgerückt werden, so ist dies ebensowenig zu billigen wie die Ansicht A. Piganiols, wonach die Etrusker gar erst  nach  den Griechen in Italien erschienen wären.

Fragt man nach den Gründen, welche die Etrusker in den Westen geführt haben, so ist es immer noch das Wahrscheinlichste, daß es die Erzlagerstätten auf Elba und in der Toscana gewesen sind. Die Besetzung der Landschaft hat sich übrigens erst allmählich vollzogen. Zuerst setzten sich die Einwanderer an der Küste, in Populonia, und auf Elba fest, ebenso aber auch im Süden, in Tarquinii. Von hier aus drangen sie nach und nach in das Innere der Landschaft vor, nach Vetulonia, Volaterrae, Arretium, Clusium und Volsinii am Bolsenersee. Schon am Ende des 7. Jh. kann die Etruskisierung der Landschaft in dem Sinne als abgeschlossen gelten, daß von nun an in allen wichtigen Gemeinden die führende Schicht durch die Fremden gestellt wird, die sich im übrigen vielfach mit den Umbrern und anderen verbunden haben. Die große Masse der etruskischen Inschriften stammt aus dem Binnenlande, aus Clusium (Chiusi) und aus Perusia (Perugia). Nach der Besetzung Toscanas setzte sich die Expansion nach Norden und nach Süden hin weiter fort. Der Apennin wurde überschritten, um 525 Felsina (in der Nähe Bolognas) gegründet. Eine wichtige etruskische Metropole befand sich in der Nähe von Marzabotto, die vor allem durch die schachbrettartige Anlage der Straßen bekannt geworden ist. In der weiten fruchtbaren Ebene des Po fanden die Eroberer offenbar nur geringen Widerstand, sie sollen hier angeblich 12 Städte gegründet haben, von denen aber nur Mantua und Melpum in den Quellen genannt werden. Wenn Livius (V 33,10) behauptet, die Etrusker hätten die ganze Po-Ebene bis hin zu den Alpen unter ihre Kontrolle gebracht (mit Ausnahme Venetiens), so ist dies sicherlich übertrieben. Im Westen ist wohl der Ticinus die äußerste Grenze gewesen (L. Banti) ; Funde in Piemont, in Nizza und an anderen Stellen erklären sich wohl besser durch Handelsbeziehungen. Etrusker wohnten auch in den Hafenstädten Adria und Spina an der Po-Mündung, aber sie waren hier nur  ein  Bevölkerungsteil neben anderen. Spina ist durch die großartigen Funde in seiner Nekropole in den immer noch andauernden Ausgrabungen (seit 1922 und dann wieder seit 1953) als eine Vermittlerin zwischen dem griechischen und dem italischen Markt bekannt geworden.

Der Ausdehnung nach Norden entspricht die Expansion der Etrusker nach dem Süden. Hier haben sich etruskische Herren in Latium festgesetzt, der Name der Stadt Rom stammt von dem etruskischen Geschlecht der  Ruma;  auch Pompeji ist von ihnen erreicht worden, so fand sich unter den Stabianer Thermen ein typisch etruskisches Kammergrab, unter dem Tempel des Apollon auf dem Forum wurden etruskische Inschriften gefunden. Neben Pompeji gehörten auch Capua, Acerrae, Nola, Nocera, Surrentum und andere Städte zur Einflußzone der Etrusker, die gerade in Campanien (wie z. B. in Cumae) mit dem Griechentum in freundliche und feindliche Berührung gekommen sind.