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Grenze. Obwohl Antonius sich als umsichtiger Heerführer erwies, waren doch die Verluste durch die verfolgenden Parther und noch mehr durch die Unbilden der Witterung äußerst schwer, angeblich ist mehr als ein Drittel des stolzen Heeres zugrunde gegangen, darunter 22000 Veteranen, die überhaupt nicht wieder ersetzt werden konnten. Dazu kam, daß sich der junge Caesar weigerte, dem Antonius die geliehenen vier Legionen zurückzugeben: der kühle Rechner hatte den Rivalen abgeschrieben. Es waren nur wenige Schiffe und insgesamt nicht mehr als 2000 Soldaten, die Octavia ihrem Gatten auf dem Seewege von Italien aus zuführen wollte - Antonius aber gab ihr den gemessenen Befehl, wieder umzukehren, auf die Hilfssendung verzichtete er. Damit hatte er sich endgültig für Kleopatra und für den Osten entschieden. Der Feldzug nach Armenien, den Antonius im Jahre 34 unternahm, und die Gefangennahme des Artavasdes war nichts anderes als ein Racheakt gegenüber dem Verbündeten, den Antonius als den Hauptschuldigen an dem Mißerfolg des Partherkrieges betrachtete. In Alexandrien feierte Antonius einen glänzenden Triumph, den ersten, der jemals außerhalb Roms begangen worden ist. Dazu verteilte er mit freigebiger Hand kleinasiatische, syrische und libysche Gebiete an die Ptolemäerprinzen, er ließ Kleopatra zur «Königin der Könige», ihren Sohn von Caesar, Kaisarion, zum «König der Könige» proklamieren. Antonius hatte sich mehr und mehr vom römischen Wesen entfernt, er träumte von einem ptolemäischiranischen Großreich, das Kleopatra und ihre Kinder unter seiner Ägide regieren sollten.

Die Jahre von 42 v. Chr. an sind im Westen des Imperiums von großer Bedeutung für die Herausbildung der italischen Nation geworden. Nicht allein die Eingliederung der bisherigen Provinz Gallia Cisalpina in das römische Bürgerland (42 v. Chr.), vor allem auch die Schaffung einer wirklichen römischen Literatursprache durch Cicero, Caesar und durch die Dichter, insbesondere Lucretius und Catull, die sich damals in Italien erst richtig ausgewirkt hat, bedeutete einen großen Schritt vorwärts zur Entstehung eines römischitalischen Gemeinschaftsgefühls. Es ist dies eine geistige Entwicklung, die im augusteischen Zeitalter ihren Höhepunkt erreicht hat. Von Rom und Italien aus hat sie mehr oder weniger das gesamte Imperium, insbesondere aber die westlichen Provinzen, in ihren Bann geschlagen. Mit dem Vordringen des Romanismus aber verbindet sich eine ständig zunehmende Friedenssehnsucht: die Welt war der ewigen Bürgerkriege müde geworden, sie sehnte sich nach Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Im Jahre 36 hatte der junge Caesar zwar das Ende der Bürgerkriege verkündet und dies durch die Entlassung zahlreicher Veteranen unterstrichen, aber die Kämpfe waren noch keineswegs beendet, insbesondere die so lange vernachlässigte Sicherung der Nordostgrenze Italiens mußte endlich durch die Römer in Angriff genommen werden. Die Kriege des jungen Caesar in Illyricum, gegen die wehrhaften Völker der Japuden, Pannonier und Dalmater, in den Jahren von 35 bis 33 v. Chr., führten nicht nur zur Einnahme von Siscia (Sissek) am Zusammenfluß der Save und Kulpa, Caesar der Sohn stieß sogar selbst bis in die Gegend von Scodra (Skutari) vor. Mit der Befestigung Tergestes (Triest), dem Wiederaufbau Polas (Colonia Pietas lulia) wurde eine wertvolle Sicherung dieser lange vernachlässigten Grenze erreicht und einer künftigen Reichspolitik im Hinblick auf die Dreistromgrenze vorgearbeitet.

Der Briefwechsel zwischen den beiden Triumvirn hatte seit dem Ende des Jahres 34 eine schärfere Note angenommen, es entwickelte sich eine regelrechte Streitschriftenliteratur, an deren Abfassung sich die Freunde des Antonius und des jungen Caesar beteiligten. Antonius brauchte die italischen Rekruten, die ihm von dem jungen Caesar hartnäckig verweigert wurden. Verschärft wurde die Lage noch dadurch, daß das 2. Triumvirat, wie es scheint, am 31. Dezember 33 v. Chr. ablief. Antonius erklärte sich zum Rücktritt bereit, falls sein Gerosse im Triumvirat das gleiche tue. Darauf aber wollte sich der junge Caesar nicht einlassen. Die beiden Consuln des Jahres 32, C. Sosius und Cn. Domitius Ahenobarbus, waren Freunde des Antonius. Der junge Caesar wollte die Opposition im eigenen Haus nicht dulden, er vertrieb die beiden Consuln mitsamt 300 Senatoren aus Rom. Die meisten von ihnen wandten sich zu Antonius, sie begaben sich nach Ephesos und bildeten hier einen Gegensenat, wie seinerzeit die Pompejaner in Thessalonike (S. 192). Antonius war bereits dabei, die Flotte und die Vasallenfürsten des Ostens zu mobilisieren, im Mai oder Juni des Jahres 32 sandte er von Athen aus seiner Gattin Octavia den Scheidebrief. Der junge Caesar aber hatte durch Überläufer aus dem anderen Lager Kunde von dem Testament des Antonius erhalten, das dieser bei den Vestalinnen in Rom hinterlegt hatte. Gegen alles Recht erzwang Caesar die Herausgabe des Schriftstücks, es erwies sich propagandistisch von unschätzbarem Wert. Denn das Testament enthielt nicht nur die Erklärung, daß Kaisarion der rechtmäßige Sohn des Diktators Caesar sei, auch die Kinder des Antonius und der Kleopatra waren mit Legaten bedacht, und was das Wichtigste war: Antonius verfügte, daß er nach seinem Tode an der Seite der Kleopatra in Alexandrien beigesetzt werden sollte. Deutlicher konnte die Abkehr des Triumvirn von allem römischen Wesen der Mitwelt nicht dokumentiert werden! Der junge Caesar hielt nun alle Trümpfe in seiner Hand. Er verpflichtete die gesamte Bevölkerung Italiens und der westlichen Provinzen (Galliae, Hispaniae, Africa, Sicilia, Sardinia) durch einen besonderen Gefolgschaftseid. Dieser Treueid ist die Grundlage der Führerstellung des jungen Caesar im Kampf gegen seinen Rivalen Antonius. Der Eid war um so wichtiger, als die rechtliche Stellung des jungen Caesar im Jahre 32 umstritten war. Senat und Volk erklärten an Kleopatra (nicht an Antonius) den Krieg, der junge Caesar vollzog auf dem Marsfeld die alten feierlichen Riten der Kriegserklärung, wie sie das römische Fetialrecht vorschrieb. Dem Antonius aber wurden alle Ämter aberkannt, sein Name wurde aus den amtlichen Urkunden gestrichen. Zwischen ihm und seinem Gegner vollzog sich die Auseinandersetzung in der Form einer privaten Fehde (inimicitiae),  Antonius antwortete darauf mit dem Treueid der Bevölkerung des Ostens. Außerdem verpflichtete er sich, zwei Monate nach errungenem Sieg die Gewalt in die Hände von Senat und Volk zurückzugeben. In der strategischen Vorbereitung und Durchführung des Krieges ließ er sich jedoch schwere Fehler zuschulden kommen. So verzichtete er von vornherein auf eine Offensive gegen Italien, er nahm vielmehr eine weit auseinandergezogene Defensivstellung ein, die sich von Korkyra über Ambrakia bis nach Kyrene erstreckte. Sie widersprach einem elementaren Grundsatz der Strategie. In der Bucht von Ambrakia versammelte Antonius den Hauptteil seiner Flotte, insgesamt 500 zumeist, schwere Kriegsschiffe, sie wurden von der Streitmacht Caesars unter dem Befehl des M. Vipsanius Agrippa blockiert. Als die Lebensmittel immer knapper wurden und die Zahl der Überläufer immer größer, sah sich Antonius gezwungen, den Durchbruch durch die Seeblockade zu versuchen, in der Absicht, später den Krieg von Ägypten aus weiterzuführen. In der Seeschlacht des ersten Tages (2. September 31 v. Chr.) behielt Agrippa die Oberhand. Kleopatra aber war es gelungen zu entkommen, und mit ihr entfloh Antonius, seine Flotte kehrte ohne den Führer in den Golf von Actium zurück. Flotte und Landheer des Antonius kapitulierten, nachdem der junge Caesar den Soldaten entsprechende Zugeständnisse, vor allem für ihre Versorgung, gemacht hatte. Der Krieg war damit entschieden. Antonius versuchte vergeblich, die Cyrenaica zu behaupten, seine Truppen gingen zu Cornelius Gallus, dem Feldherrn des jungen Caesar, über. Dieser selbst hatte zunächst nach Italien zurückkehren müssen, da dort Unruhen durch die Veteranen entstanden waren. Im Frühjahr 30 rückte er durch Syrien und Palästina gegen die Ostgrenze Ägyptens vor, am 1. August kam es zu einem letzten Reitertreffen vor den Toren Alexandriens. Auf die irrtümliche Nachricht von dem Selbstmord Kleopatras gab sich Antonius den Tod. Kleopatra fiel in die Hände des jungen Caesar, sie starb am 12. August 30 v. Chr. den Tod durch den Schlangenbiß, der ihr nach dem Glauben der Ägypter die Unsterblichkeit verlieh, neun Tage nach der Einnahme der Hauptstadt durch den jungen Caesar. Antyllus, der Sohn des Antonius von der Fulvia, mußte auf Befehl des Caesar ebenso sterben wie Kaisarion, weil der Erbe des toten Diktators in ihm einen unerwünschten Rivalen erblickte. Die Kinder des Antonius und der Kleopatra wurden in das Haus der Octavia in Rom aufgenommen. Kleopatra Selene heiratete später den König Juba II. von Mauretanien. Mit den Kindern aus dieser Ehe (Ptolemaios von Mauretanien und Drusilla) ist das Ptolemäergeschlecht auch in der weiblichen Linie ausgestorben.