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Gesamtheit. Wenn wir auch nicht wissen, mit welchem besonderen Ereignis die Zustimmung der Gesamtheit  (consensus universorum)  zu verbinden ist, so sollte doch diese ganz formlose allgemeine Zustimmung die fehlende rechtliche Grundlage seiner Ausnahmestellung irgendwie ersetzen (Ernst Meyer).

Am 13. Januar 27 erklärte der junge Caesar vor dem versammelten Senat, er habe die Absicht, die ihm anvertraute außerordentliche Gewalt niederzulegen und sich, erst 35jährig, ins Privatleben zurückzuziehen. Der Senat aber bat ihn kniefällig, dies nicht zu tun; man befürchtete den Wiederausbruch der Bürgerkriege mit ihren Schrecken und ihrer allgemeinen Unsicherheit. So ließ sich der Machthaber dazu bewegen, einen Teil der Allgewalt aus der Hand des Senats zurückzunehmen. Es war dies vor allem ein zehnjähriges proconsularisches Imperium. Die Provinzen des Reiches aber wurden zwischen dem jungen Caesar und dem Senat in der Weise geteilt, daß Spanien, Gallien und Syrien dem Caesar, die anderen Provinzen dem Senat zugewiesen wurden. Vor allem aber erhielt Caesar den Oberbefehl über den größten und wichtigsten Teil der bewaffneten Macht. Damit war das Reich zwischen dem Prinzeps und dem Senat aufgeteilt, aber kraft seiner erhöhten  auctoritas  vermochte der Prinzeps seine Befehle auch in den Senatsprovinzen ohne Schwierigkeit zur Geltung zu bringen, wie dies eine aus der Provinz Asia (Kyme) stammende Inschrift des Museums zu Leiden gezeigt hat. Immerhin standen den sieben Provinzen Caesars zehn senatorische gegenüber, aber das Zahlenverhältnis ist geeignet, das echte Machtverhältnis zu verschleiern. Wer wie Caesar der Sohn Gallien, Spanien, Syrien, dazu noch Ägypten besaß, der war der bei weitem mächtigste Mann im ganzen Reich, auch der Senat war von ihm abhängig.

Die Krönung der neuen Machtstellung brachte die Senatssitzung vom 16. Januar 27 v. Chr. Auf Antrag des Munatius Plancus verlieh der Senat dem Caesar den Namen

Augustus. Dieser Name gehört der religiösen Sphäre an, das Wort  Augustus,  «der Erhabene», kommt von  augere,  es hat den gleichen Stamm wie  augurium.  Der offizielle Name des Prinzeps lautete fortan:  Imperator Caesar divi filius Augustus. Den ImperatorTitel führte der Prinzeps in der Form des Pränomens schon seit dem Jahre 40 v. Chr. Das Cognomen seines Adoptivvaters verwandte er als Gentilnamen, auch die Form  «divi filius»  war ungewöhnlich. Der Augustus-Name aber war eine Neuschöpfung. Der Senat und das Volk priesen die Wiederherstellung der  res publica libera.  Bereits auf einer Münze, die Caesar der Sohn im Jahre 28 geprägt hatte, erscheint die Legende  libertatis populi Romani vindex.  Im Jahre 27 weihte der Senat dem Augustus einen Eichenkranz mit der Begründung:  quodpriscam illam et antiquam formam restituit, und Vellejus Paterculus (II 89, 4) spricht von  prisca illa et antiqua rei publicae forma revocata.  Auch Augustus hat dies behauptet, und so manche Forscher von Rang haben es ihm nachgesprochen. Andere aber sahen, mit besserem Recht, in der Neuordnung die entstehende Monarchie. Der Historiker muß, wenn irgendwo, hier zwischen Schein und Wirklichkeit zu unterscheiden versuchen. Äußerlich betrachtet, bedeutet das befristete  Imperium proconsulare  vom 13. Januar 27 über eine Anzahl wichtiger Provinzen nichts grundsätzlich Neues, wenn man sich der großen Kommanden des Pompejus erinnert (s. S. 171 ff.). Verändert aber war die Stellung des Augustus zu seinem jeweiligen Kollegen im Consulat. Kraft der erhöhten auctoritas  des Augustus, mit der niemand im ganzen Reich, auch nicht die jeweiligen Mitconsuln, zu konkurrieren vermochte, gab es jetzt praktisch einen ersten Consul neben einem zweiten; die Stellung des Amtsgenossen des Augustus, formell gleichberechtigt, war in Wirklichkeit die eines  collega minor.  Was aber sagt Augustus hierzu? «Seit dieser Zeit (13. Januar 27) habe ich an  auctoritas  alle überragt, an Amtsgewalt (potestas)  aber habe ich um kein Gran mehr besessen als die anderen, die auch ich im Amt zu Kollegen gehabt habe»  (Res gestae  c. 34, 3). Wenn sich Augustus auch mit diesem Satz zu dem Grundprinzip des republikanischen Staatsrechts, dem Prinzip der Kollegialität, bekannte, so hatten sich dennoch die Gewichte sehr zu seinen Gunsten verschoben. Wer vermochte nun noch etwas gegen den allmächtigen  duxpartium,  Augustus? In der Häufung der verschiedenen Ämter und Würden kündet sich eine neue Zeit und eine neue Staatsform an, das Prinzipat. Von größter Bedeutung ist bei dem allmählichen Aufbau des Prinzipats die  auctoritas  des Augustus geworden, allerdings nicht in dem Sinne, daß man in ihr eine staatsrechtlich feststehende Befugnis zu sehen hätte. Der Begriff war auch der republikanischen Gesellschaft nicht unbekannt, er wurde von Augustus aufgegriffen und als Grundlage seiner Prinzipatsstellung verwandt.

Ende Juni 23 v. Chr. legte Augustus das von ihm Jahr um Jahr bekleidete Consulat nieder. Dafür wurde ihm die  tribunicia potestas,  und zwar in ihrem vollen Umfange, übertragen. Sie wurde auf das ganze Reich ausgedehnt und als Reichsdatierung eingeführt, eine Neuerung, die ganz besonders sinnfällig den Bruch mit dem Althergebrachten erkennen läßt. Mit der Datierung nach den Jahren der tribunizischen Gewalt wird ein neues, und zwar ein monarchisches Element in den Staatsneubau eingefügt. Das Vorbild hierfür war die Datierung hellenistischer Könige, der Ptolemäer und der Attaliden. Die tribunizische Gewalt aber ist eine der großen tragenden Säulen des römischen Kaisertums, erst Gratian (gest. 383) hat auf sie verzichtet. Wichtig ist auch noch die Tatsache, daß im Jahre 23 das dem Augustus verliehene  Imperium proconsulare  durch zwei zusätzliche Bestimmungen ergänzt worden ist: das Imperium soll von nun an auch beim Überschreiten des stadtrömischen Pomeriums nicht mehr unterbrochen werden, außerdem soll es den Imperien der in den Provinzen amtierenden Statthalter übergeordnet sein. Mit anderen Worten: von nun an ist Augustus allen Statthaltern, auch jenen der senatorischen Provinzen, vorgesetzt, er ist Oberbefehlshaber der gesamten Wehrmacht des Reiches.