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Die Grundlage der Oberaufsicht des Prinzeps über die Gesamtverwaltung des Reiches bildete das  Imperium proconsulare maius  vom Juni 23 v. Chr. (s. S. 221). Der Prinzeps war damit allen Magistraten, auch den Consuln in Rom und den Proconsuln in den Provinzen, vorgesetzt, selbstverständlich erst recht seinen eigenen Beauftragten, insbesondere den  legati Augusti pro praetore,  welche die kaiserlichen Provinzen verwalteten. Unterstellt waren ihm auch die in Rom eingesetzten Sonderbeauftragten, die  curatores  und vor allem auch der Stadtpräfekt  (praefectus urbi).  In dem letzteren hat man geradezu den Vertreter des Prinzeps in der Hauptstadt zu sehen. Das Amt war offenbar nach dem Vorbild hellenistischer Institutionen geschaffen worden. Es erscheint in Rom zum ersten Male im Jahre 26 v. Chr., nach der Abreise des Augustus auf den spanischen Kriegsschauplatz. Messalla Corvinus dankte aber bereits nach fünf Tagen wieder ab, mit der Begründung, der Magistrat vertrage sich nicht mit den bürgerlichen Grundrechten. In der Tat ist das Amt des Stadtpräfekten 10 Jahre lang nicht wieder besetzt worden, erst im Jahre 16 v. Chr. übernahm es Statilius Taurus; unter Tiberius, der ja die meiste Zeit von Rom abwesend war, bekleidete es L. Calpurnius Piso. Das Wesen der Stadtpräfektur bestand ursprünglich in der Vertretung des vorübergehend abwesenden Prinzeps, aus dieser Funktion ist ein ständiges Amt erwachsen. Die wichtigste Befugnis des Stadtpräfekten war die Kriminalgerichtsbarkeit, hierfür besaß er das  Ius gladii.  Im 2. Jh. n. Chr. sind hierzu noch Befugnisse zivilrechtlicher Art hinzugetreten. Schon unter Augustus erstreckte sich sein Amtsbereich nicht allein auf Rom, sondern auf ganz Italien. Seinem Befehl gehorchten die drei  cohortes urbanae,  die Sicherheitspolizei der Reichshauptstadt. Seit dem Jahre 6 n. Chr. wurden ihm auch die  cohortes vigilum  unterstellt. Im übrigen erscheint der Magistrat in zivilem Gewand, in der Toga, was nicht ohne Bedeutung ist. Die Einsetzung des Stadtpräfekten aber ist eine Neuerung des ersten Prinzeps. Mommsens Versuch, das Amt mit republikanischen Magistraten in Verbindung zu bringen, im besonderen mit dem von den Consuln bei ihrer Abwesenheit in Rom zurückgelassenen Präfekten, überzeugt nicht. Auf jeden Fall aber ist die Institution von Augustus umgebildet und mit neuem Leben erfüllt worden.

Im übrigen hat der Prinzeps eine Anzahl von Spezialaufgaben selbst übernommen wie die  cura annonae  im Jahre 22 v. Chr. anläßlich einer Hungersnot, die  cura viarum  in ganz Italien im Jahre 20 v. Chr., die  cura operum locorumque publicorum  im Jahre 11 v. Chr. und andere. Von diesen Sonderaufgaben war die Getreidebeschaffung besonders wichtig, für sie fungierte ein vom Prinzeps bestellter praefectus annonae  aus dem Ritterstand.

Die wichtigste Neuerung in der Verwaltung Italiens war die Einteilung des Landes in elf Regionen, ihre Beschreibung liegt im 3. Buch der <Naturgeschichte> des Älteren Plinius vor. Der Zweck dieser Einteilung ist jedoch unbekannt. Die Munizipien Italiens waren Körperschaften mit eigener Verwaltung. Erst in trajanischer Zeit erscheinen gelegentlich Kommissare (curatores),  eine Maßnahme, die insbesondere wegen der finanziellen Mißwirtschaft in manchen Gemeinden notwendig geworden war. Zu den kaiserlichen  curatores  traten seit Hadrian richterliche Beamte  (iuridici)  zur Schlichtung von Vormundschafts- und Fideikommißangelegenheiten, dazu aber auch zur Beilegung von Streitigkeiten, die wegen der Besetzung des Duumvirats, des höchsten munizipalen Magistrats, entstanden waren. Im ganzen bezeichnet die erste Kaiserzeit eine hohe Blüte des italischen Städtewesens. Die Gemeinden waren zumeist recht wohlhabend, an den öffentlichen Bauten haben sie sich mit Eifer beteiligt, Stiftungen reicher Mitbürger waren die Regel. In den Munizipien erhoben sich Rathäuser, Bibliotheken und Schulen, der Zivilisation dienten die kostspieligen Wasserleitungen (Aquädukte), das Straßennetz Italiens wurde ständig verbessert, und der Handel nahm, begünstigt durch die lange Friedenszeit, einen bedeutenden Aufschwung.

Einen großen Anteil an dem entstehenden Wohlstand hatten die  Provinzen.  Eine unendliche Fülle von Inschriften, Papyri und Münzen steht als Zeugnis für das kulturelle und wirtschaftliche Leben im Imperium Romanum der Kaiserzeit zur Verfügung. Dazu kommen, freilich aus späterer Zeit, die Briefe des Jüngeren Plinius, insbesondere das 10. Buch seiner Korrespondenz, die er als Statthalter der Provinz  Bithynia et Pontus  mit dem Kaiser Trajan geführt hat (110-112 oder 111 113 n. Chr.). Auch die Schriften des gebildeten Griechen Plutarch und die Reden des Dion Chrysostomos von Prusa sind sehr wertvolle Quellen für den Geist der römischen Administration der frühen Kaiserzeit. Das große Triebrad in der Verwaltung aber war der Prinzeps selbst. Schon im Jahre 27 v. Chr. waren die Länder Spanien, Gallien und Syrien in seine unmittelbare Verwaltung gekommen, das Imperium des Prinzeps über diese Provinzen wurde später alle fünf oder zehn Jahre verlängert. Das südliche Spanien (die Provinz Baetica) und das südliche Gallien (Gallia Narbonensis) übergab Augustus dem Senat, dafür erhielt er Illyricum, eine besonders gefährdete Provinz, die übrigens schon sein Adoptivvater Caesar besessen hatte. Beim Tode des ersten Prinzeps waren alle wichtigen Außenprovinzen in seiner persönlichen Verwaltung. Der Senat aber verfügte im Jahre 14 n. Chr. über folgende Provinzen: Baetica, Gallia Narbonensis, Sicilia, Macedonia, Achaia, Creta et Cyrene, Bithynia et Pontus, Asia, Cyprus, Africa (später Africa Proconsularis genannt). Gebiete, die während der Kaiserzeit neu erworben worden sind, kamen grundsätzlich unter die Administration des Prinzeps. An der Spitze der Verwaltung der senatorischen Provinzen standen Promagistrate, Consulare oder Praetorier, und zwar war ein Intervall von mindestens fünf Jahren zwischen Magistratur und Promagistratur vorgesehen, für die consularischen Provinzen betrug es sogar zehn Jahre. Alle Statthalter hießen offiziell proconsules,  doch führten allein die Verwalter von Asia und

Africa zwölf Fasces, die übrigen nur sechs. Den Statthaltern unterstellt waren die Legaten, sie waren für die Rechtsprechung in den Gerichtssprengeln  (conventus iuridici)  zuständig. Dem erpresserischen System der republikanischen Verwaltung schob Augustus dadurch einen Riegel vor, daß er für die Statthalter erstmals ein festes Gehalt, und zwar ein sehr hohes, festsetzte. Die consularischen Statthalter erhielten l Million Sesterzen. Im ganzen war die Verwaltung des Augustus und seiner ersten Nachfolger sicherlich viel gesünder und auch wirkungsvoller als jene der ausgehenden Republik. Die Provinzen, früher vielfach die Ausbeutungsobjekte der römischen Nobiles, erfreuten sich der kaiserlichen Fürsorge, Mißwirtschaft wurde nicht geduldet. Im übrigen dauerte die Amtszeit der Statthalter der Senatsprovinzen grundsätzlich nur ein einziges Jahr, doch sind zahlreiche Verlängerungen vorgekommen. Im übrigen hatte auch die Tätigkeit der  legati Augusti pro praetore  in den kaiserlichen Provinzen gewisse republikanische Vorbilder; hatte doch z. B. Pompejus im Jahre 55 für Spanien Legaten bestellt, er selbst war in Rom geblieben. Unter dem ersten Prinzeps waren die Legaten Consulare oder Praetorier, sie führten ohne Rücksicht auf ihren persönlichen Rang 5 Fasces. Die Amtsdauer der Legaten war an und für sich unbegrenzt, sie dauerte in der Regel mehrere Jahre. Wer  legatus Augusti pro praetore  wurde, betrachtete dies als den Höhepunkt seiner senatorischen Laufbahn, doch galt auch das Proconsulat von Asia und von Africa als eine sehr hohe Ehrenstellung. Von der Verwaltung der Statthalter ausgenommen waren die freien Städte  (civitates liberae),  aber die finanzielle Misere der Städte, vor allem auch im griechischen Osten, zwang die kaiserliche Verwaltung schon im Verlauf des 1. Jh. n. Chr. zu wiederholten Eingriffen, die sich im 2. Jh. n. Chr. noch vermehrten. Theoretisch beruhte das Verhältnis dieser Gemeinden zum Reich auf einem Vertrag (foedus),  dieser hatte jedoch in den meisten Fällen kaum noch irgendeine praktische Bedeutung. Im allgemeinen haben sich die