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Die Herrschaft der Etrusker ist jedoch alles andere als ein einheitliches Reich  (regnum)  gewesen, es war im Gegenteil eine große Zahl etruskischer Herrengeschlechter mit ihren Klienten, untereinander vielfach verwandt, verschwägert und miteinander verbündet, gelegentlich auch verfeindet. Es war, wie die Ereignisse in Rom zeigten, eine sehr dünne Oberschicht, die im allgemeinen in der Bevölkerung keinen starken Rückhalt fand.

Es ist von vornherein klar, daß insbesondere der Gebrauch der etruskischen Sprache trennend wirken mußte. Wenn der Alte Cato behauptete:  In Tuscorum iure paene omnis Italia erat (Serv. ad Aen. XI 567), so ist das nur cum grano salis zu verstehen. Viel weiter war allerdings die Zone des etruskischen Fernhandels, der sich gerade auch in den transalpinen Gebieten neue Märkte erschließen konnte.

Eine derartige Ausbreitung der etruskischen Herrenschicht ist nur denkbar und möglich, wenn neben ihr eine breite Masse italischer Völker unter etruskischer Führung mitbeteiligt gewesen ist. In der Tat sind z. B. in Mantua neben den Etruskern auch Veneter und Umbrer, in Adria Veneter, in Spina Griechen als Mitbewohner bezeugt. In Felsina gab es ein starkes umbrisches Element. Nicht anders stand es mit Pompeji, in dem man nicht nur mit den Oskern, sondern auch, wenn auch in geringerem Umfange, mit Griechen rechnen muß. Selbst in der Toscana liegen die Dinge nicht viel anders. So ist etwa für das südetrurische Caere nicht nur ein etruskischer und griechischer Bevölkerungsteil, sondern auch eine lateinisch sprechende Bevölkerung bezeugt; waren doch gerade die Caeriten von den Römern als vortreffliche Dolmetscher des Etruskischen sehr geschätzt (Liv. X 4,9).

Für die staatliche Organisation der Etrusker ist der 12- Städtebund charakteristisch  (XIIpopuli Etruriae),  er findet sich nicht nur in der Stammlandschaft, sondern auch in der Po-Ebene und in Campanien wieder. Nicht unwahrscheinlich ist die Vermutung F. Altheims, daß dieser 12-Städtebund dem Ionischen Bunde der Hellenen in Kleinasien nachgebildet sei. Wie in lonien, so haben auch bei den Etruskern mehr als 12 Städte - angeblich nicht weniger als 17 - Anspruch auf die Zugehörigkeit zur Bundesorganisation erhoben, vielleicht sind sie nacheinander Mitglieder gewesen. Diese  XII populi Etruriae sind eine Art von Amphiktyonie, wie sie bei den Griechen, aber auch bei anderen Völkern (z. B. bei den Israeliten) bezeugt ist.

Die Bundesversammlungen fanden alljährlich im Frühling beim Heiligtum der Voltumna  (ad fanum Voltumnae)  statt; mit ihnen war ein Markt, ein Nationalfest  (panegyris),  mit sportlichen Spielen und Wettkämpfen verbunden. Die Parallele zu den griechischen Festen in Olympia oder Delphi liegt hier auf der Hand. An dem Heiligtum der Voltumna gab es einen Oberpriester für den gesamten Bund. An der Spitze der einzelnen Städte standen  lucumones,  angeblich gleichfalls 12 an der Zahl, das Wort wird mit  <reges>  erklärt (Serv. ad Aen. II 278; VIII 65, 475), von diesen stand einer dem gesamten Bunde vor. Dieser  lucumo  war also das, was bei den lonern der «König der loner»  (basileüs ton lonon)  gewesen ist. Wie man den praetor duodecim populorum Etruriae  der römischen Kaiserzeit erklären soll, ist ungewiß. Von den übrigen Beamten und Funktionären der Etrusker läßt sich wenig aussagen, da die etruskischen Titel  (zila, maru, pur)  nur vermutungsweise mit römischen oder griechischen Bezeichnungen  (pur  =  prytanis?) zur Deckung gebracht werden können. Eine überragende Stellung hatte der Adel inne, ihm unterstanden Scharen von Hörigen, aus denen sich das Heer rekrutierte. Waren die Eroberungen im Norden und Süden in Wahrheit Raubzüge mächtiger Adelsherren mit ihrem Anhang? Den Kern des Heeres stellten die schwerbewaffneten Hopliten; die Hoplitentaktik, den Kampf in der geschlossenen Phalanx, hatten die Etrusker den Griechen abgesehen - wahrscheinlich auf italischem Boden. Die Reiterei spielte keine Rolle, das Pferd diente, wie in archaischer Zeit bei den Griechen, als Bespannung für den Wagen, die etruskischen Streitwagen aber waren berühmt, sie finden sich gelegentlich in den Gräbern wie in Perugia und in Norcia.

Das erste historische Ereignis der römischen Geschichte ist die Etruskerherrschaft.  Über die gesamte frühere Entwicklung ist nur wenig bekannt, die spätere historische Überlieferung, beginnend mit Fabius Pictor, vor allem aber dargestellt durch die Annalistik, ist durch mehr als vier oder gar fünf Jahrhunderte von dem Ereignis der Vertreibung der römischen Könige getrennt, sie hat die Vorgänge überdies im einzelnen ausgeschmückt, so daß sie nicht als zuverlässig gelten kann. Viel wichtiger sind die Ergebnisse der modernen vor- und frühgeschichtlichen Forschung, aber diese erbringen für Rom nicht viel, und auch dies wenige ist noch in seiner Interpretation umstritten. Schon im 10. Jh. wird man aber mit Ansiedlungen auf dem Palatin rechnen können, auf dem Kapitol mag sich eine Kultstätte des Juppiter, auf dem Forum eine solche der Vesta befunden haben, auch die Verehrung des urrömischen Janus geht wohl in die früheste Zeit zurück. Schon im 10. Jh. sind in Rom griechische, vor allem kretische Fundstücke nachgewiesen, sie ordnen sich in die Beziehungen zwischen der mykenischen und der italischen Welt ein, die nie abgerissen sind.

Das Bild vom ältesten Rom hat die frühere Forschung außerordentlich vereinfacht, sie rechnete mit zwei voneinander getrennten Siedlungen, einer auf dem  Palatin  (nebst der Forumsnekropole), und einer zweiten, davon unabhängigen, auf dem Hügel des  Quirinal.  Die Bewohner der ersten Siedlung wurden mit den Latinern, die der zweiten mit dem oskischen Element, den Sabinern, in Verbindung gebracht; den ersteren wurden die Brandgräber auf dem Forum, den zweiten die Bestattungsgräber zugewiesen. Diese Auffassung, die im wesentlichen auf F. v. Duhn zurückzuführen ist, kann heute als überholt gelten, zumal wir wissen, daß Leichenverbrennung und Leichenbestattung in den verschiedenen Zivilisationen auch sonst nebeneinander existieren.

Die neuere Forschung rechnet dagegen nur mit  einer Siedlung, derjenigen auf dem Palatin als Urzelle, sie geht bis ins 10. Jh. v. Chr. zurück (H. Müller-Karpe). Bei dieser frühen Siedlung handelt es sich um primitive Hütten; erst im Laufe des 8. Jh. (nach Müller-Karpe) nimmt die Siedlung im Zuge ihrer Ausdehnung zum Esquilin und zum Quirinal hin gewisse städtische Züge an, sicherlich bedingt durch Einflüsse von außen

her, vielleicht von den Griechen Campaniens, von Cumae.

Über die innere und äußere Geschichte Roms in der ältesten Zeit (vor der Herrschaft etruskischer Könige) gibt es keine Überlieferung. Auf Grund der äußeren Entwicklung der Stadt, der sakralen Überlieferung und aus Rückschlüssen aus den in der Zeit der Republik vorhandenen Institutionen lassen sich jedoch gewisse Vermutungen anstellen. Sie sind natürlich im einzelnen von verschiedener Tragfähigkeit. Zunächst die äußere Entwicklung! An die Urzelle der Stadt, die sog. Palatinsstadt, schließen sich Erweiterungen des Stadtbildes an, die erste ist das Septimontium,  die zweite ist die Vierregionenstadt. Die Überlieferung über das Septimontium ist im einzelnen unsicher, fest steht jedoch, daß der Quirinal  nicht  miteingeschlossen war. Die große Wahrscheinlichkeit ist jedoch, daß dieses Septimontium eher eine  religiöse  als eine politische Gemeinschaft gewesen ist. Anders die Vierregionenstadt der städtischen Tribus der Suburaner, Palatiner, Esquiliner und Colliner. Um diese Vierregionenstadt war das Pomerium gezogen, das in seiner ursprünglichen Ausdehnung bis in die sullanische Zeit existiert hat. Es bezeichnete die Grenze für die stadtrömischen Magistrate, in späterer Zeit war es die Scheidelinie zwischen der Gewalt der Magistrate und der Promagistrate. Zu der Vierregionenstadt gehörten aber weder das Capitol noch der Aventinus, der vielmehr erst im 5. Jh. zur Stadt geschlagen worden ist. Erst durch die Errichtung der servianischen Mauer im Jahre 378/77, nach dem Keltenbrand, ist die Stadt Rom wesentlich vergrößert worden.