Die Regierung des Caligula (37-41) hatte gezeigt, daß der Senat völlig hilflos einem Autokraten ausgeliefert war, solange dieser auf das Heer und insbesondere auf die Prätorianer zählen konnte. Außerdem hatte sich der Senat in sehr würdelosen Szenen vor dem Prinzeps gedemütigt. Das Ergebnis der knapp vierjährigen Regierung des Caligula war geradezu niederschmetternd. Der Staatsschatz des Tiberius war leer, die Bevölkerung Roms nagte am Hungertuch, und auch im Reich hatte der junge Prinzeps so manches Unheil angerichtet. Sehr zum Schaden des Imperiums hatte er verschiedene Provinzen in Klientelfürstentümer zurückverwandelt. Den Kindern des thrakischen Fürsten Kotys hatte er die Länder Thrakien, Pontos, das bosporanische Reich und Kleinarmenien gegeben, in Judäa hatte er Agrippa, einen Enkel des Herodes, zum König eingesetzt. Mit den Juden aber hatte er sich völlig überworfen; wir wundern uns nicht, wenn der jüdische Historiker Flavius Josephus die Ermordung des Caligula geradezu als Strafe Gottes an einem Verfolger der Juden bezeichnet hat. Den König Ptolemaios von Mauretanien hatte Caligula umbringen lassen, um sich in den Besitz seines Reiches zu setzen.
Die Ermordung Caligulas war eine Schicksalsstunde des römischen Prinzipats. Die amtierenden Consuln, Cn. Sentius Saturninus und Q. Pomponius Secundus, waren für die Wiederherstellung der res publica libera, andere Senatoren, und zwar die Mehrzahl, waren für die Einsetzung eines Prinzeps aus einem anderen Hause als dem julischen. Doch die Prätorianer hatten als Kaisermacher ihre Wahl bereits getroffen: sie war auf den nahezu fünfzigjährigen Oheim des Caligula mit Namen Claudius gefallen. Claudius galt als Sonderling, er hatte eine ganz untergeordnete Rolle am Hofe gespielt. Nachdem ihn die Prätorianer als Imperator begrüßt hatten, wurde er am 25. Januar 41 vom Senat als Prinzeps anerkannt. Den Prätorianern spendete er ein reiches Geldgeschenk (donativum), es war das erste, das ein Kaiser bei seiner Thronbesteigung in Rom gegeben hat. Claudius war ein Sohn des Drusus, des Stiefsohns des Augustus, und ein Bruder des Germanicus. Er nannte sich Ti. Claudius Caesar Augustus Germanicus. Seine 13jährige Regierung (41 54) war im ganzen ein Segen für das Reich. Eine besondere Neigung hatte der neue Prinzeps für die Rechtsprechung, auch für die Verwaltung des Imperiums zeigte er ein hohes Interesse, doch ist es unbekannt, wieweit die Entscheidungen im einzelnen auf ihn selbst oder aber auf seine Ratgeber zurückzuführen sind. Nach hellenistischen Vorbildern errichtete Claudius eine Art von Kabinettsregierung, die Geschäfte überließ er Freigelassenen, von denen der Kabinettssekretär (ab epistulis) Narcissus und der Finanzbeauftragte (a rationibus) Pallas die bedeutendsten waren. Ganz verhängnisvoll aber war die Abhängigkeit des Claudius von seinen Frauen; er war viermal verheiratet, die schlimmste war Valeria Messalina. Sie wurde von Narcissus aus dem Wege geräumt, als sie durch ihre Verbindung mit C. Silius eine Gefahr für das Leben des Prinzeps und für den Staat zu werden drohte (48 n. Chr.). Ihre Nachfolgerin wurde Julia Agrippina, die Tochter des Germanicus, die Nichte, des.Prinzeps. Sie beherrschte ihren Gatten vollständig und trat bald als Mitregentin auch nach außen hin in Erscheinung. Das Ziel der ehrgeizigen Agrippina war es, ihrem eigenen Sohn aus erster Ehe, Nero, die Nachfolge auf den Thron zu sichern. Während der Sohn des Claudius und der Messalina, Tiberius Claudius Germanicus (später Britannicus genannt), in den Hintergrund gedrängt wurde, häufte man alle möglichen Ehren auf Nero: er wurde, erst 13jährig, zum Consul designiert (51 n. Chr.), dazu erhielt er das imperium proconsulare und fand Eingang in die vier höchsten Priesterkollegien. Einen wertvollen Helfer ihrer Pläne hatte die Kaiserin in dem Prätorianerpräfekten Afranius Burrus; der Kampf des Narcissus für den Sohn des Claudius und der Messalina blieb ohne Erfolg. Um ganz sicher zu gehen, ließ Agrippina ihren Gatten, den Prinzeps, durch Gift aus dem Wege räumen. Sie bediente sich dabei der Hilfe eines griechischen Arztes, des Stertinius Xenophon aus Kos. Claudius starb am 13. Oktober 54 n. Chr. im Alter von 63 Jahren.
Auch in der Außenpolitik war für Claudius der erste Prinzeps, Augustus, das leuchtende Vorbild. Wie dieser so hat auch Claudius eine im wesentlichen defensive Politik verfolgt. Nur in einem Punkt ist er über das von Augustus Erreichte hinausgegangen: es ist die Eroberung des südlichen Britannien, die im Jahre 43 beginnt. Nicht weniger als vier Legionen nebst den entsprechenden Hilfstruppen wurden jenseits des Kanals eingesetzt. Schon im ersten Jahre fiel Camulodunum (Colchester), worauf der Prinzeps dem Lande einen sehr kurzen Besuch abstattete und in Rom einen feierlichen Triumph beging (44). Im übrigen sind die römischen Heere nicht weit über die Themse nach Norden vorgedrungen, erst unter Nero wurde die Grenze der römischen Provinz etwa auf die Linie Deva (Chester) - Lindum (Lincoln) in Mittelengland vorgeschoben. Auf seine Eroberung war Claudius sehr stolz, Inschriften sprechen davon, daß er nicht weniger als 11 britannische Könige bezwungen habe. Auch in Mauretanien, am anderen Ende der römischen Welt, mußte Claudius, hier ganz gegen seinen Willen, einen Krieg führen, der bereits unter Caligula begonnen hatte.
Zum erstenmal hat ein römisches Heer (unter der Führung des C. Suetonius Paulinus) das Atlasgebirge überschritten und ist bis zum Flusse Gir vorgedrungen (41). In den Jahren 44 und 45 kämpften die Römer hier unter dem Kommando des späteren Kaisers Galba. Größere Veränderungen gab es auch an der Donaugrenze. Hier hat Claudius den Klientelstaat Noricum in eine Provinz umgewandelt. Die Städte der neuen Provinz zeigen eine fortschreitende Romanisierung. Für den italischen Handel, insbesondere von Aquileja aus, bot die Provinz Noricum ein weites Hinterland. Italische Kaufleute fanden den Weg über die mittlere Donau bis tief hinein in das freie Germanien. Auch an der unteren Donau wurde reiner Tisch gemacht. Nach der Umwandlung des Vasallenstaates Thrakien in eine römische Provinz (44) gehörte alles Land südlich der Donau unmittelbar zum Imperium. Die Provinzen Achaia und Macedonia kamen in die Verwaltung des Senats, während Mösien eine kaiserliche Provinz wurde. Die Ruhe an der unteren Donau war jedoch nur eine vorübergehende Erscheinung; in dem weiten Gebiet zwischen den Karpaten und dem Don waren lebhafte Völkerbewegungen im Gange, die bald auch das Imperium in Mitleidenschaft ziehen sollten. In Germanien erscheint seit Claudius als Zentrum der Reichsverteidigung die Stadt Mainz (Mogontiacum). Hier hatte schon Caligula ein Vorfeld am Taunus geschaffen (Kastell Hofheim). In der Zeit des Claudius kam es zu Kämpfen mit den Chatten, sie überrannten die römischen Außenposten und mußten von Pomponius Secundus zurückgewiesen werden (50).