Im September 66 begab sich Nero auf eine Kunstreise nach Griechenland, begleitet von einer großen Schar von Augustiani, jungen Männern, die von seiner Kunst begeistert waren, und von den Prätorianern unter Tigellinus. An verschiedenen Orten trat Nero als Kitharöde auf wie z. B. bei den aktischen Spielen zu Ehren des Augustus. Am 28. November des Jahres 67 erklärte Nero die Griechen für frei und ledig aller Abgaben. Seine Rede verewigt eine Inschrift von Akraiphia in Böotien. Der Senat, der auf die Provinz Achaia verzichten mußte, wurde mit Sardinien abgefunden. Im Herbst des Jahres 67 hatte Nero die Arbeiten an der Durchstechung der Landenge von Korinth mit dem ersten Spatenstich eröffnet. (Das Unternehmen ist dann durch die Ereignisse des Jahres 68 ins Stocken geraten und schließlich eingestellt worden.) Auf das Ersuchen seines Freigelassenen Heliokles mußte sich der Prinzeps zu Beginn des Jahres 68 zur Rückreise nach Rom bequemen, über Neapel kehrte er in die Hauptstadt zurück. Mehr als 1800 Siegeskränze hat Nero hier dem palatinischen Apollo, dem Beschützer der Musen, dargebracht. Als der Prinzeps im März 68 wieder in Neapel weilte, erreichte ihn die Nachricht, daß C. Iulius Vindex, der Statthalter der Gallia Lugdunensis, sich von ihm losgesagt habe. Servius Sulpicius Galba, der Legat des Diesseitigen Spanien, sowie die Statthalter von Lusitanien und Africa folgten seinem Beispiel. Zu einem rettenden Entschluß vermochte sich Nero nicht durchzuringen, überhaupt macht er in jenen Tagen den Eindruck eines völlig gebrochenen Mannes. Die Bevölkerung Roms wurde wegen des Ausbleibens der Getreideschiffe rebellisch, der Prinzeps sah sich von allen verlassen, auch von den Prätorianern. Der Präfekt Nymphidius Sabinus nahm sie durch ein Geldgeschenk (donativum) für Galba in Sold. Als der Senat den Prinzeps zum hostis erklärt hatte, blieb Nero nur noch der Selbstmord übrig (9. Juni 68). Im römischen Volk war Nero jedoch unvergessen, er galt als der große Freund der Plebs, die er mit der Devise «Panem et circenses» für sich gewonnen hatte. Noch auf den Contorniaten-Münzen des 4. Jh. n. Chr. erscheint der Kopf Neros.
So ruinös sich Neros Herrschaft in Rom ausgewirkt hat - in seiner Außenpolitik ist ein großzügiger Plan unverkennbar. Dabei muß es jedoch in der Schwebe bleiben, ob die außenpolitischen Pläne auf seine engsten Ratgeber, insbesondere auf Seneca und Burrus, zurückzuführen sind. Wieder war Armenien der neuralgische Punkt, hier kreuzte sich der Einfluß des Imperiums mit dem des Partherreiches. In der Person des Cn. Domitius Corbulo verfügte Rom über einen hervorragenden Feldherrn, dem die Neuordnung der Angelegenheiten des Orients zu verdanken ist. Nachdem die Römer zunächst den Prinzen Tigranes, einen Urenkel des Herodes von Judäa, zum armenischen König eingesetzt hatten (59), gewannen die Parther wieder die Oberhand (61), Tigranes mußte dem Tiridates, dem Bruder des Partherkönigs Vologaeses L, in Armenien weichen. Im Jahre 63 waren beide Großmächte zu einem Kompromiß bereit: Armenien wurde ein römischer Vasallenstaat unter einer parthischen Dynastie, Tiridates kam nach Rom und wurde hier von Nero in feierlicher Form mit dem Diadem gekrönt (66).
Bereits im Jahre 64 war auch das Königreich Pontos am Schwarzen Meer eine römische Provinz geworden. Mit den Hyrkanern am Kaspischen Meer schlossen die Römer ein Bündnis, ein Feldzug gegen die Albaner im Kaukasus war geplant. Es ist durchaus möglich, daß hierbei handelspolitische Erwägungen im Hintergrund gestanden haben, vielleicht haben die Römer versucht, Anschluß an die vom Südende des
Kaspischen Meeres nach Baktrien an den Oxus verlaufende Seidenstraße zu gewinnen. Auch eine Expedition nach Äthiopien hat Nero beabsichtigt. Ein Kommando von Prätorianern begab sich nilaufwärts, es sollte den Weg von Syene an der Südgrenze Ägyptens nach Meroe feststellen. Ob dieses Unternehmen mit der Förderung des Indienhandels durch Nero in Verbindung zu bringen ist, bleibt jedoch zweifelhaft.
Weit mehr als nur lokale Bedeutung hatte der im Jahre 66 in Palästina ausgebrochene jüdische Aufstand. Er entstand in Cäsarea, wo die Juden mit den Syrern und Griechen in Konflikt lagen. Von Cäsarea aus verbreitete sich die Bewegung im ganzen jüdischen Lande, der römische Statthalter von Syrien, C. Cestius Gallus, mußte von den Aufständischen eine Niederlage hinnehmen. Nero wußte sich nicht anders zu helfen, als daß er T. Flavius Vespasianus ein außerordentliches Kommando übertrug und ihn nach Palästina sandte. Drei Legionen und zahlreiche Auxilien kamen hier zum Einsatz. An die Stelle des Cestius Gallus trat C. Licinius Mucianus, ein hervorragender Diplomat, mit Vespasian eng befreundet. Die Befriedung des Landes machte nun schnelle Fortschritte, im Sommer 68 war Jerusalem eingekreist, die Belagerung der Stadt stand bevor, da traf die Nachricht vom Tode Neros ein.
Mit dem Tode des Kaisers Nero endet die julischclaudische Dynastie, von den Nachkommen des Augustus lebte niemand mehr. Auch noch in anderer Hinsicht ist Neros Tod ein tiefer Einschnitt: die alte aristokratische Führerschicht, die Trägerin des Staates und der Verwaltung seit den Tagen des Augustus, hatte abgewirtschaftet. Zu viele hatten sich durch ihre Servilität vor Nero kompromittiert, andere, und gerade die besten, hatten ihren Widerstand mit Hinrichtung und Verbannung büßen müssen. Es erhob sich die Frage, ob die römische Führungsschicht noch imstande war, jene Kräfte zur Verfügung zu stellen, die das Reich zu seiner Regierung bedurfte. Für das Volk und die Provinzen war das Zeitalter der Kaiser aus dem julischclaudischen Hause eine Zeit des Wohlstands und der Ruhe. Ganz besonders gilt dies von den Regierungen des Tiberius, des Claudius und von den ersten Jahren Neros. Die Idee des Prinzipats hatte die notwendige Zeit gefunden, im Denken der Zeitgenossen Wurzeln zu schlagen, selbst ein Autokrat wie Caligula und eine nicht weniger pathologische Figur wie Nero hatten die Idee des Prinzipats nicht zugrunde richten können, zu sehr war noch immer die Erinnerung an die schaurige Zeit der Bürgerkriege mit ihrem Blutvergießen lebendig. Bedenklich war freilich das Fehlen einer eigenen Initiative bei der höchsten Körperschaft des Reiches, dem römischen Senat. Der Senat hatte die Verbindung mit dem Heer, insbesondere auch mit den Prätorianern, verloren. Gerade das Militär aber war zu einer eigenen Größe im Imperium herangewachsen, sein Gewicht fiel bei allen Entscheidungen, insbesondere bei solchen hochpolitischer Natur, schwer in die Waagschale. Ein neuer Aspekt war die fortschreitende Provinzialisierung der Legionen und Auxilien, ein Vorgang, der das Eigengewicht der Provinzen, vor allem der Länder an der Rhein- und Donaugrenze, aber auch der Gebiete im Orient, beträchtlich erhöht hat. Zwischen Rom und den Provinzen ergaben sich mancherlei Spannungen, sie treten in den Vorgängen nach Neros Tod klar zutage. Im übrigen aber hat das Imperium kaum jemals so viele weit über dem Durchschnitt stehende militärische Führer gesehen wie in den Jahren nach Neros Tod. Es ist dies eine Erscheinung, die zum Vorrang des Militärs entscheidend beigetragen hat. Schließlich sind die Kämpfe um die Nachfolge des letzten Claudiers nur verständlich, wenn man weiß, daß die Sicherheit des Reiches von außen niemals bedroht gewesen ist. Das Imperium Romanum war zu einem Weltreich geworden, dessen Grenzen mit den Enden der zivilisierten Welt nahezu zusammenfielen. Und weit über die Stromgrenzen hinaus erstreckte sich der Einfluß des Reiches auf die benachbarten Völker: jenseits dieser
Völker liegen die «unsichtbaren Grenzen des römischen Kaiserreiches», von denen Ernst Kornemann gesprochen hat. Die Handelsverbindungen aber reichten noch weit darüber hinaus: bis hin nach Indien, wo Arikamedu (in der Nähe von Pondicherry) zahlreiche Funde aus der ersten Kaiserzeit aufzuweisen hat, bis tief hinein nach Äthiopien und bis zu den Nilsümpfen in der Nähe des Äquators. Im Norden fanden römische Händler den Weg zum fernen Samlande an der Ostseeküste. Ausgangspunkt war Carnuntum an der Donau (zwischen Wien und Preßburg), von hier führte die Fernhandelsstraße durch die Mährische Pforte nach Oberschlesien, durch Polen (Kaiisch) zum Goplosee und von dort zur Weichsel bis zu ihrer Mündung. Das Reich hatte einen riesigen Bedarf an Gütern aus aller Welt, der Friede der ersten Kaiserzeit war ein Segen für den Handel mit fernen Ländern, die den Römern in früherer Zeit nur in der Phantasie erreichbar gewesen waren.