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Der steigende Wohlstand brachte es mit sich, daß auch sehr viele Ungebildete zu großem Vermögen gelangten. In der  Cena Trimalchionis  hat Petronius Arbiter (in neronischer Zeit) die Gestalt eines solchen Neureichen in unübertrefflicher Weise gezeichnet. Vieles mag um der komischen Wirkung willen übertrieben sein, manche Züge aber wirken so originell, daß sie schwerlich frei erfunden sein können. Auch die Gesellschaft der Kaiserzeit konnte auf die Sklaven nicht verzichten, sie waren um einen Preis von 200 bis 500 Denaren leicht zu erwerben. Sie wurden nicht nur in der Industrie und Manufaktur, sondern vor allem auch als Haussklaven beschäftigt. Mehrere Dutzend Sklaven waren in einem Haushalt der römischen Kaiserzeit keine Seltenheit, die Angehörigen des Mittelstandes pflegten sich dagegen mit einem oder zwei Sklaven zu begnügen. Schon im 2. Jh. n. Chr. nahm aber die Zahl der Sklaven bedeutend ab, sie wurden daher viel teurer und waren für die Bürger kaum noch erschwinglich. Im Gegensatz zur römischen Republik spielte die Sklaverei in der Kaiserzeit wirtschaftlich keine große Rolle mehr; diese Epoche als die Zeit der < Sklavenhaltergesellschaft) zu bezeichnen, ist eine arge Übertreibung. Auch die gesellschaftliche Stellung der römischen

Frau hatte sich verändert. Die Mädchen aus vornehmer Familie wurden zumeist sehr früh verheiratet, vielfach schon im Alter von 14 oder 15 Jahren. Dabei war der Wille der Eltern ausschlaggebend. Ehescheidungen waren nicht selten, es gab Frauen, die nicht nur zweimal, sondern sogar vier- oder fünfmal verheiratet waren. Als Gattin nahm die Frau der höheren Stände an allen gesellschaftlichen Veranstaltungen teil, sogar den grausamen Gladiatorenspielen durfte sie zusehen, wenn auch in eigenen Zuschauerblocks. Die Kaiser Claudius und Nero hatten den Zeitgenossen alles andere als gute Beispiele gegeben, Claudius war viermal verheiratet gewesen, zuletzt mit seiner Nichte (Agrippina Minor), wofür er besonderen Dispens benötigt hatte. Nero hatte unter stillschweigender Duldung des Seneca und Burrus eine regelrechte Mätressenwirtschaft geführt. Ernsterer Natur war Neros Verbindung mit der jungen Schauspielerin Acte, einer Freigelassenen aus der Provinz Asia. Er überschüttete sie mit Geschenken, so daß sie schließlich an verschiedenen Orten Italiens (in Puteoli und Velitrae), aber auch in Sardinien über Besitzungen verfügte, auf der Insel sogar über Ziegeleien, die durch Stempel mit ihrem Namen nachgewiesen sind. Anders war die Haltung des Kaisers Hadrian. Dieser hat es grundsätzlich abgelehnt, sich scheiden zu lassen, obwohl seine Ehe mit Sabina unglücklich war. Er wollte aber an höchster Stelle im Reich kein schlechtes Beispiel geben. Zahlreiche Angehörige des Mittelstandes und des unteren Bürgertums lebten in eheähnlichen Verbindungen, juristisch als Concubinat bezeichnet. Das Zusammenleben mit Frauen aus dem Stande der Freigelassenen oder der Sklaven war weit verbreitet. Sogar der Kaiser Vespasian hat in vorgerücktem Alter mit einer Freigelassenen zusammengelebt, woran niemand Anstoß genommen hat. Außerdem gab es zahllose illegitime eheliche Verbindungen der Soldaten, denen es grundsätzlich verboten war, vor Ablauf der Dienstzeit eine gesetzliche Ehe (matrimonium iustum)  einzugehen. Seit der Zeit des Kaisers

Claudius erscheinen die Militärdiplome, durch die den entlassenen Soldaten das  ius conubii  mit einer peregrinen Frau zugestanden wird. Im ganzen aber war die Gesellschaft der Kaiserzeit, was Ehe und Familie anbetrifft, vielfach labil. Dabei mag das extrem juristische Denken der Römer und das Fehlen fester religiöser Bindungen eine Rolle gespielt haben. Sehr scharf war die Trennungslinie zwischen Bürgern und Nichtbürgern  (peregrini),  ein Zustand, der letzten Endes erst durch das Edikt des Kaisers Caracalla (212 n. Chr.) beseitigt worden ist. Während die ersten Principes mit der Verleihung des Bürgerrechts an Peregrine sehr sparsam umgegangen sind, wurde dies seit Claudius anders. In den westlichen Provinzen des Reiches bildete gelegentlich die Verleihung des latinischen Rechts  (ius Latii)  eine Vorstufe für die Zuteilung des römischen Bürgerrechts. Auf Grund des latinischen Rechts erhielten die obersten Beamten der Munizipien  (duoviri)  automatisch das römische Bürgerrecht, später auch die Mitglieder des Gemeinderats  (decuriones).  Im Osten wurde das römische Bürgerrecht zumeist nur an Angehörige der obersten Schicht vergeben. In Ägypten konnte das römische Bürgerrecht nur erlangen, wer zuvor in den Besitz des Bürgerrechts von Alexandrien gelangt war. Mit dem Besitz der  civitas Romana waren beträchtliche Vorteile juristischer und persönlicher Natur verbunden. Vor allem hatten die römischen Bürger das Recht, an den Kaiser zu appellieren, während die Nichtbürger dem  ius gladii  des Statthalters unterstanden. Die Untertanen mußten außerdem gewisse Tribute entrichten, vor allem die Kopfsteuer. Natürlich gab es oft Schwierigkeiten, da der Besitz des Bürgerrechts nicht immer mit Sicherheit bewiesen werden konnte.

Die Bevölkerung des Reiches hatte eine ausgesprochen ständische Gliederung. Für die beiden obersten Stände, den Senatoren- und den Ritterstand, war ein hoher Zensus vorgeschrieben, 250000 Denare für die Senatoren, 100000

Denare für die Ritter. In den Munizipien und Kolonien existierte gleichfalls eine sozial gehobene Schicht, der  ordo decurionum, dessen Angehörige ebenfalls ein Vermögen nachzuweisen hatten. Senatoren, Ritter und Notabein der Munizipien und Kolonien bildeten die Schicht der  honestiores.  Viel tiefer als sie und die große Zahl der römischen Bürger standen die Kategorien der Peregrinen, der Freigelassenen und der Sklaven. Unter den Freigelassenen haben es manche zu beträchtlichem Vermögen gebracht, sie erscheinen vielfach als Gewerbetreibende, aber auch als Angestellte in privatem Dienst, selbst am Hofe des Prinzeps haben sie wichtige Stellungen inne. Mit ihrem ehemaligen Patronus fühlten sich die Freigelassenen durch Bande der Pietät verbunden, die auch in der Kaiserzeit sorgfältig beachtet wurden. Es war für einen Freigelassenen verpönt, gegen seinen ehemaligen Herrn einen Prozeß anzustrengen; er war vielmehr verpflichtet, dem Herrn beizuspringen, wenn dieser in Not geriet.