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»Und des Mutes, den sie bei Hastings gezeigt haben,« sagte Brian de Bois-Guilbert.

Während also die Höflinge des Prinzen seinem Beispiel folgten und jeder einzelne einen Pfeil des Spottes wider Cedric schoß, erglühte das Antlitz dieses Sachsen in Zorn und Grimm. Er warf wilde Blicke von einem zum andern, als ob es ihm bei den rasch aufeinanderfolgenden Beleidigungen nicht möglich sei, jedem einzelnen zu antworten. Er glich einem gereizten Stier, der, von seinen Peinigern umringt, nicht gleich aus ihrer Schar den herausfinden kann, an dem er sich rächen will. »Wie groß auch die Fehler meines Volkes sein mögen,« erwiderte er dann, »für einen Nichtswürdigen hätten sie den erklärt, der in seiner eigenen Halle beim kreisenden Becher einen friedlichen Gast – und das bin ich doch heute für Eure Hoheit – in solcher Weise behandelt hätte. Und was auch meine Väter bei Hastings für Unglück gehabt haben mögen,« setzte er hinzu, mit einem Blick auf Front-de-Boeuf und den Templer, »wer vor wenigen Stunden noch von der Lanze eines Sachsen aus dem Sattel geworfen wurde, sollte darüber lieber schweigen.«

»Meiner Treu, ein beißender Witz!« rief Prinz Johann. »Wie gefällt er Euch, Mylords? – Unsere sächsischen Untertanen nehmen zu an Geist und Kühnheit. Ich glaube, wir tun am besten daran, unsere Schiffe zu besteigen und nach der Normandie zurückzukehren.«

»Aus Furcht vor ihnen!« setzte Bracy lachend hinzu. »Brauchen wir doch nur zu unseren Speeren zu greifen, um diese Eber zu Paaren zu treiben.«

»Laßt ab von Euerm Gespött, ihr Herren Ritter,« sagte Fitzurse. »Es wäre wohlgetan, wenn Euer Hoheit dem edeln Cedric die Versicherung geben wollte, daß diese Scherzworte nicht darauf angelegt sind, ihn zu beleidigen. Sie mögen freilich im Ohre eines Fremden unsanft klingen.«

»Beleidigen!« rief Prinz Johann, indem er sogleich seine frühere Höflichkeit wieder annahm. »Wer wird mir zutrauen, daß ich es duldete, einen, der bei mir zu Gast ist, in meiner Gegenwart zu beleidigen? Hier fülle ich mein Glas und trinke auf das Wohl des edeln Cedric selber, da er auf die Gesundheit seines Sohnes nicht mittun will.«

Unter dem erheuchelten Beifall der Höflinge machte der Becher die Runde, aber der Sachse ließ sich keinen Sand in die Augen streuen. Wenn es ihm auch an Scharfsinn gebrach, so irrten sich doch alle, die des Glaubens waren, daß ihn diese leere Schmeichelei die Schmähungen vergessen lassen könnte. Er antwortete nicht, und als der Becher wieder beim Prinzen ankam, füllte ihn Johann abermals und rief: »Auf das Wohl des edeln Athelstane von Conningsburgh!«

Der dankte, und zum Beweis, daß er solche Ehre zu schätzen wisse, leerte er seinen gewaltigen Humpen mit einem Zuge.

»Und nun, Ihr Herren,« sagte der Prinz, den der Wein zu erhitzen begann, »haben wir unseren sächsischen Gästen Gerechtigkeit angedeihen lassen und erwarten nun, daß sie unsere Höflichkeit erwidern. – Würdiger Thane,« wandte er sich an Cedric, »nennt uns einen Normannen, dessen Name Euern Mund am wenigsten beflecken mag, und spült mit einem Becher Wein alle Bitternis hinunter, die noch auf Euern Lippen haften möchte.«

Bei diesen Worten des Prinzen war Fitzurse aufgestanden und hinter den Stuhl des Sachsen getreten. Er flüsterte ihm zu, er möge die Gelegenheit, die Mißstimmung zwischen beiden Stämmen beizulegen, nicht ungenützt vorüberlassen und jetzt den Namen des Prinzen nennen. Aber der Sachse achtete nicht auf diesen politischen Wink. Er füllte den Becher bis zum Rande und rief dem Prinzen zu:

»Eure Hoheit verlangt, ich soll einen Normannen nennen, der hier verdient, genannt zu werden. Das ist fürwahr nicht leicht. – Der Bedrückte soll ein Lob singen auf seinen Überwinder, während ihm doch alle Lasten der Knechtschaft schwer aufliegen. Doch will ich einen Normannen nennen, den ersten an Rang und Waffenruhm, den besten und edelsten seines Stammes. Falsch und ehrlos nenne ich die Lippen, die seinem wohlerworbenen Ruhme nicht Bescheid tun, und das will ich mit meinem Leben bekräftigen. – Und somit: es lebe Richard Löwenherz!«

Prinz Johann, der seinen eigenen Namen zu hören erwartet hatte, erstarrte, als er so plötzlich den Namen seines Bruders vernahm, dem er so schweres Unrecht zugefügt hatte. Mechanisch führte er den Becher zum Munde und setzte ihn schnell wieder ab, um zu beobachten, wie sich die Gesellschaft bei diesem Trinkspruche, auf den Bescheid zu tun ebenso heikel war, als ihm nicht zu entsprechen, benehmen würde. Mehrere alte und gewandte Höflinge machten es ebenso wie der Prinz, hoben den Becher und stellten ihn wieder hin. Einige, die edleren Sinnes waren, riefen: »Lang lebe König Richard, und möge er bald wiederkehren!« Nur wenige – darunter Front-de-Boeuf und der Templer – starrten in finsterem Unmut ihre Becher an, ohne sie zu berühren. Cedric weidete sich eine Weile an seinem Siege. Dann wandte er sich an seinen Gefährten. »Auf, edler Athelstane!« sagte er. »Wir haben nun dem Prinzen Johann alle Höflichkeit vergolten, wer mehr von unseren rauhen, sächsischen Sitten wissen will, der möge uns aufsuchen im Hause unserer Väter. Wir haben nun genug gesehen von königlichem Schmause und normannischer Höflichkeit.« Mit diesen Worten stand er auf und ging hinaus, und Athelstane und mehrere Gäste, die mit den Sachsen verwandt waren, folgten ihm.

»Bei den Gebeinen des heiligen Thomas!« sagte Prinz Johann. »Die sächsischen Bauernlümmel nehmen uns die besten Gäste mit weg und ziehen im Triumph ab.«

»Conclamatum est, poculatum est,« sagte Prior Aymer, »wir haben gelärmt und gezecht. – Nun ist es Zeit zum Aufbruch.«

»Der Mönch hat in dieser Nacht eine süße Beichte vor, darum hat er es so eilig,« sagte Bracy.

»Das ist nicht der Fall, Herr Ritter,« erwiderte der Abt. »Ich muß aber zusehen, daß ich heute noch ein paar Meilen von meiner Rückreise hinter mich bringen kann.«

»Sie brechen auf,« flüsterte der Prinz seinem Ratgeber Fitzurse zu, »ihre Angst greift den Ereignissen vor, und dieser feige Prior ist der erste, der von mir abfällt.«

»Seid ohne Sorge, Mylord,« versetzte Waldemar Fitzurse, »ich will ihm klar machen, daß wir ihn in York noch einmal sprechen müssen. – Herr Prior,« wandte er sich an Aymer, »ich habe zuvor noch ein paar Worte unter vier Augen mit Euch zu reden.«

Die übrigen Gäste waren nun fast alle gegangen, bis auf die, die zum Gefolge des Prinzen gehörten oder erklärte Anhänger seiner Partei waren.

»Dies ist also der Erfolg Eurer Ratschläge,« sagte der Prinz, den Blick voll Zorn auf Fitzurse heftend. »An meinem eigenen Tische bietet mir ein besoffener Sachse Trotz, und beim bloßen Namen meines Bruders fliehen die Leute vor mir, wie vor einem Aussätzigen.«

»Geduld, Sir,« entgegnete Fitzurse. »Ich könnte diese Bezichtigung Euch zurückgeben und Euern grenzenlosen Leichtsinn tadeln, der meine Pläne vereitelt hat. Doch jetzt ist keine Zeit zu Vorwürfen. Bracy und ich werden ohne Säumen zu diesen Memmen gehen und sie davon überzeugen, daß sie schon zu weit gegangen sind, um jetzt noch zurücktreten zu können.«

»Das wird vergebens sein,« sagte der Prinz, indem er mit großen Schritten heftig auf und nieder ging und mehr zu sich selber sprach. »Das wird nichts fruchten. Sie haben ie schreibende Hand an der Wand gesehen, sie haben die Fußstapfen des Löwen im Sande gesehen, sie haben sein Brüllen durch den Wald schallen hören – nichts kann ihnen wieder Mut verleihen.«

»Wollte nur Gott,« sagte Fitzurse zu Bracy, »daß ihm selbst neuer Mut zu verleihen wäre! – Beim bloßen Namen seines Bruders kriegt er das Fieber. Wie unglücklich sind doch die Räte eines Prinzen, dem es zum Guten wie zum Bösen an Kraft und Energie gebricht.«

Dreizehntes Kapitel

Eine Spinne kann nicht mit größerer Sorgfalt ihr zerrissenes Netz ausbessern, als Waldemar Fitzurse jetzt all seine Geschicklichkeit aufbot, um die zerschlissenen Maschen des Staatsstreiches Johanns wieder zusammenzubringen. Nur wenige waren aus Laune auf seiner Seite, aus Anhänglichkeit an ihn selbst niemand. Fitzurse hatte daher nur das eine Mittel, den Wankenden zu zeigen, was für Vorteile ihnen in Zukunft erwachsen würden, und sie an die bereits genossenen Vorteile zu erinnern. Den jungen, lebenslustigen Edelleuten stellte er uneingeschränkte Freiheit und zügellose Lustbarkeiten in Aussicht; den Ehrgeizigen versprach er Macht und Würden, den Habgierigen Reichtum und weite Besitzungen. Die Anführer der Söldner erhielten Geldgeschenke – in ihren Augen ein zugkräftiges Mittel, dem kein anderes an Wirkung gleichkam.