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»Wamba!« drang er in ihn, »du hast 'n Schwert, dein Herz war immer besser auf 'm Posten als dein Verstand – wir sind allerdings bloß unser zwei – aber ein plötzlicher Überfall von entschlossenen Männern kann viel tun. Komm mit mir!«

»Wohin? und wozu?«

»Cedric befreien!«

»Du hast ja seinen Dienst quittiert.«

»Das hat nur solange gegolten, wie er nicht in Not war,« versetzte Gurth. »Komm mit mir.«

Eben wollte der Narr seiner Aufforderung folgen, da erschien eine dritte Person auf dem Platze, die die beiden bleiben hieß. Der Kleidung und den Waffen nach, die er trug, mußte Wamba glauben, es sei einer von den Räubern, die seinen Herrn überfallen hätten. Aber er hatte erstens keine Maske, und zweitens war er an dem prachtvollen Gehänge, das er um die Schulter trug und an dem ein kostbares Jagdhorn hing, trotz der herrschenden Dunkelheit mit Sicherheit zu erkennen, es war niemand anders als Locksley, der Yeoman, der im Bogenschießen zu Ashby den Preis davongetragen hatte. »Was hat das zu bedeuten?« fragte er. »Was redet ihr hier von Plündern, Berauben und Gefangennehmen?

»An ihren Kitteln kannst du sie erkennen, hier ganz in der Nähe,« antwortete Wamba, »sieh zu, ob's nicht die Kittel von deinen Kindern sind, denn sie ähneln deinem eigenen Wams wie eine Schote der anderen.«

»Darüber werde ich mir sogleich Gewißheit verschaffen,« erwiderte Locksley. »Und ich befehle euch, geht nicht von der Stelle, bis ich wieder da bin. Richtet euch nach mir, es soll nicht zu euerm und euers Herrn Schaden sein. – Aber wartet, ich muß diesen Kerlen so ähnlich wie nur möglich sein.«

Mit diesen Worten nahm er das Gehänge mit dem Jagdhorn ab, löste die Feder vom Hute, gab alles dem Narren, zog eine Maske aus der Tasche und ging dann auf Kundschaft indem er ihnen noch einmal ans Herz legte, daß sie warten sollten, bis er zurückgekehrt sei.

»Sollen wir bleiben, Gurth, oder sollen wir uns aus dem Staube machen?« flüsterte Wamba. »Nach meinem Narrenverstande hat der Kerl alles Diebsgerät so flink bei der Hand, daß er unmöglich eine ehrliche Haut sein kann.«

»Und mags der Teufel selber sein,« versetzte Gurth, »wir können die Sache nicht schlimmer machen, wenn wir warten. Ist's einer von den anderen, dann hat er jetzt schon längst Alarm gemacht und 's hilft uns sowieso nichts mehr; ob wir fechten oder ausreißen, kommt auf eins raus.«

Nach wenigen Minuten kehrte der Yeoman zurück. »Freund Gurth,« sagte er, »ich bin mitten unter den Kerlen gewesen und habe herausbekommen, zu wem sie gehören und wohin sie ziehen. Meiner Meinung nach werden sie gegen das Leben der Gefangenen nichts unternehmen. Es wäre der reine Wahnwitz, wenn wir drei sie angreifen wollten, denn es sind geübte Kriegsmannen, und sie haben Wachen ausgestellt, die Lärm schlagen, sobald sich irgend etwas nähert. Aber ich nehme es auf mich, binnen kurzem eine Schar zusammen zu haben, die ihnen heimleuchten soll, und wenn sie noch so sehr auf der Hut sind. Ihr seid beide Diener, und zwar treue Diener Cedrics des Sachsen, der stets die Rechte der Engländer vertritt. Nun sollen ihm englische Arme in der Not zu Hilfe kommen. Vorwärts denn! und kommt mit mir.«

Mit langen Schritten ging er durch den Wald, und Gurth und Wamba eilten hinterdrein. Wamba vermochte nicht lange zu schweigen. Er betrachtete die Jagdtasche und das Horn, die der Fremde wieder an sich genommen hatte, und sagte:

»Den Pfeil, der diesen schönen Preis gewonnen hat, hab ich fliegen sehen, sollt ich meinen, und es ist noch gar nicht mal so lange her.«

»Meine ehrlichen Freunde,« sagte der Yeoman, »wer oder was ich bin, tut nichts zur Sache; wenn ich euern Herrn befreie, so habt ihr Ursache, mich für euern besten Freund zu halten. Ob man mich nun unter dem oder jenem Namen erkannt und ob ich meinen Bogen besser spanne als ein Viehhändler, oder ob ich lieber im Mondlicht umherstreife als im Sonnenlicht – das sind alles Dinge, die euch gar nichts angehen, also kümmert euch auch nicht darum.« »Wir haben schon die Köpfe im Rachen des Löwen,« flüsterte Wamba dem Schweinehirten leise zu, »wir wollen sie wieder rausziehen, sobald es geht.«

»Still!« sagte Gurth, »kränk ihn nicht durch deine Mätzchen, ich weiß schon, es wird alles gut gehen.«

Siebzehntes Kapitel

Cedrics Diener mochten etwa drei Stunden lang mit ihrem geheimnisvollen Führer gegangen sein, als sie auf eine kleine Lichtung kamen, in deren Mitte eine riesengroße Eiche ihre vielverschlungenen Äste nach allen Seiten ausbreitete. Unter diesem Baume lagen vier bis fünf Yeomen im Grase, und einer ging als Schildwache im Mondlicht hin und her. Als der Posten Schritte hörte, gab er sofort Alarm. Die Schlafenden fuhren empor und spannten blitzschnell die Bogen. Sechs Pfeile lagen auf der Sehne und waren nach dem Fleck gerichtet, von wo die drei Wanderer kamen. Aber sogleich erkannten die Schützen ihren Anführer und empfingen ihn in Ehrfurcht und voller Freude.

»Wo ist Miller?« war Locksleys erste Frage.

»Auf der Straße nach Rotherham.«

»Wieviel hat er mit?«

»Ihrer sechs, und er hat Aussicht auf gute Beute, wenn es dem heiligen Nikolaus so gefällt.«

»Fromm gesprochen,« sagte Locksley. »Und wo ist Allan-a-Dale?«

»Nach Watling-Street zu, er lauert dem Prior von Jorlvaux auf.«

»Das ist brav, und wo ist der Mönch?«

»In seiner Zelle.«

»So will ich dorthin,« sagte Locksley. »Ihr aber geht auseinander und sucht eure Gefährten. Schart euch zusammen, soweit es geht. Wir sind einem Wilde auf der Spur, das eine derbe Hatz verlangt. Bei Tagesanbruch will ich wieder da sein. Wartet,« setzte er hinzu, »bald hätte ich das Wichtigste vergessen. Zwei von euch müssen sogleich nach Torquilstone, Front-de-Boeufs Schloß. Eine Schar von Bravos, die sich wie unsereins in Masken getan hat, bringt eben eine Menge Gefangener dorthin. Habt genau acht auf sie. Wenn sie das Schloß erreichen, ehe wir unsere Truppen versammelt haben, so ist es Ehrensache für uns, ein Gericht an ihnen zu vollziehen, und wir werden schon dazu Mittel und Wege finden. – Habt deshalb scharf acht auf sie und schickt den flinkfüßigsten von euch aus, den Yeomen ringsherum die Kunde zu überbringen.«

Sie versicherten ihn ihres unbedingten Gehorsams und machten sich geschwind auf ihre verschiedenen Wege. Inzwischen begab sich der Anführer mit seinen zwei Gefährten, die nun mit großer Achtung, obwohl nicht ohne Furcht, den Grünrock betrachteten, nach der Kapelle von Copmanhurst. Als sie die freie, vom Monde beleuchtete Lichtung erreichten und die in ihrem Verfall noch ehrwürdige Kapelle und die rauhe, zu asketischer Frommheit wie geschaffene Einsiedelei vor sich sahen, flüsterte Wamba seinem Gefährten zu:

»Wenn das die Behausung eines Spitzbuben ist, so bewahrheitet sich wieder mal das alte Sprichwort: Je näher bei der Kirche, desto weiter von Gott, und bei meiner Schellenkappe!« setzte er hinzu, »ich glaube wahrlich, es ist so, hör bloß, was sie in der Einsiedelei da drin für'n tollen Choral singen.« In der Tat sangen der Anachoret und der schwarze Ritter mit aller Stärke ihrer gewaltigen Lungen ein altes Trinklied mit dem Refrain: Komm! reich mir den braunen Krug her – Dummes Mädel! Dummes Mädel!

»Hm!« schmunzelte Wamba, in den Kehrreim einstimmend, »das ist gar kein übler Singsang. Aber im Namen aller Heiligen, wer hätte sich's träumen lassen, um Mitternacht ein solches Lied aus einer Einsiedlerzelle zu vernehmen?«

»Ei, das ist gar nicht so verwunderlich,« versetzte Gurth. »Der fidele Mönch von Copmanhurst ist weit bekannt, die Hälfte von all dem Wild, das in diesem Forste gemaust wird, rechnet man auf ihn. Der Waldhüter soll auch schon Beschwerde gegen ihn geführt haben, und der Eremit wird Kutte und Kapuze ablegen müssen, wenn er die Ordensregeln nicht besser innehält.«