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»Bei meinem Rosenkranze,« sagte drinnen der Einsiedler, als er endlich das laute und wiederholte Klopfen Locksleys gehört hatte, »hier kommen mehrere verspätete Gäste auf einmal, und ich sähe es bei meiner Kapuze nicht gern, wenn sie uns über dieser Fidelität anträfen. Alle Menschen, Herr Faulpelz, haben ihre Feinde, und es gibt ihrer, die boshaft und niederträchtig genug wären, mir's als Völlerei und Sauferei auszulegen, daß ich einen müden Reisenden drei Stunden lang gastfrei bewirtet habe.«

»Niedrige Verleumder, ich wollte, ich könnte es ihnen heimzahlen!« erwiderte der Ritter. »Aber Ihr habt recht, heiliger Mann, jeder hat seine Feinde, und es gibt hierzulande manche, mit denen ich lieber durch das Gitter meines Helmes als von Angesicht zu Angesicht reden möchte.«

»Dann setzt nur Euern eisernen Kochtopf wieder auf, Freund Faulpelz,« sagte der Eremit, »ich räume derweil die Flaschen hier weg, deren Inhalt mir gar toll im Schädel spukt, und damit die draußen das Geräusch nicht hören, – ich fühle mich nämlich ein bißchen wacklig auf den Beinen – so stimmt mit ein in das Verschen, das ich anschlagen werde, auf die Worte kommts nicht an, die weiß ich selber kaum.« Und sogleich stimmte er mit Stentorstimme ein De profundis an, während er die Überbleibsel ihres Festmahles hinwegtrug. Der Ritter, der seinen Spaß daran hatte, legte derweil Helm und Rüstung an und stimmte ab und zu mit ein, wenn er vor lauter Lachen einmal dazu kam.

»Was für Satansmessen werden hier noch zu so später Stunde gesungen?« fragte eine Stimme von draußen.

»Der Himmel verzeihe dir, Wandersmann,« sagte der Eremit, der schon so viel getrunken hatte, daß er die ihm sonst wohlvertraute Stimme nicht erkannte. »Zieh deines Weges, wer du auch seiest, und störe mich nicht und meinen heiligen Bruder in unserer Andacht.«

»Toller Priester, mach auf!« rief wieder die Stimme von draußen. »Locksley ist's.«

»Dann ist alles gut und keine Gefahr zu fürchten,« sagte der Mönch zu seinem Gefährten.

»Aber wer ist das?« fragte der Ritter. »Mir liegt daran, das zu wissen.«

»Wer es ist?« entgegnete der Einsiedler. »Gut, Freund, sage ich Euch.«

»Aber wie heißt der Freund? Eure Freunde brauchen nicht auch die meinen zu sein.«

»Wie der Freund heißt?« erwiderte der Eremit. »Die Frage ist leichter gestellt als beantwortet. Ei, jetzt besinne ich mich, es ist derselbe Waldhüter, von dem ich Euch erzählt habe.«

»Ei, es mag wohl ein ebenso ehrlicher Waldhüter sein, wie du ein frommer Eremit bist. Aber mach nur auf, sonst stößt der Kerl die Tür aus den Angeln.«

Die Hunde, die entsetzlich gebellt hatten, schienen nun auch den Mann draußen an seiner Stimme zu erkennen, sie kratzten und winselten jetzt, als könnten sie es nicht erwarten, daß der Fremde hereinkäme. Der Eremit machte schnell auf, und Locksley mit seinen zwei Gefährten trat ein.

»Wer leistet dir hier so tolle Gesellschaft?« war die erste Frage des Yeoman.

»Ein Bruder meines Ordens,« erwiderte der Mönch. »Die ganze Nacht über haben wir in Andacht gebetet.«

»Er ist ein Mönch von der streitbaren Kirche, nicht wahr?« fragte Locksley. »Deren sind jetzt mehrere auf den Beinen. Ich sage dir, Bruder, du mußt zum Kampfstock greifen, wir brauchen jetzt jeden unserer lustigen Kumpane, ob geistlich oder weltlich.«

Während der Mönch seiner Aufforderung gemäß die Kutte ablegte und die Weidmannstracht anzog, hatte Locksley den Ritter beiseite genommen.

»Leugnet es nicht, Herr Ritter,« sagte er zu ihm, »Ihr seid derselbe, der in Ashby den Engländern zum Siege verholfen hat.«

»Und wenn Ihr recht habt, was folgt daraus?« versetzte der Ritter.

»Dann halte ich Euch für einen Freund der schwächeren Partei.«

»Das zu sein, ist Pflicht jedes tapferen Ritters,« antwortete der schwarze Streiter. »Ich möchte nicht, daß Ihr mich für etwas anderes hieltet.«

»Wenn Ihr mir für meinen Zweck zu statten kommen wollt,« sagte der Yeoman, »so müßt Ihr nicht nur ein tapferer Ritter, sondern auch ein guter Engländer sein. Denn das, wovon ich jetzt mit Euch reden will, betrifft die Schuldigkeit jedes Ehrenmannes, vor allem jedes echten eingeborenen Engländers.«

»Ihr könnt zu keinem reden,« entgegnete der Ritter, »dem England und das Leben eines jeden Engländers mehr am Herzen lägen als mir.«

»Glaub's gern,« sagte der Weidmann. »Denn nie ist ein Land der Unterstützung aller derer, die es gut mit ihm meinen, bedürftiger gewesen. – Hört mich an. Ich will Euch ein Vorhaben mitteilen, woran Ihr Euch mit Ehren beteiligen könnt, wenn Ihr wirklich seid, was Ihr scheint. Eine Schar schändlicher Kerle, die sich die Masken ehrlicher Leute vorgebunden haben, haben einen englischen Edelherrn mit Namen Cedric der Sachse mitsamt seiner Tochter und seinem Freunde Athelstane von Conningsburgh gefangengenommen und nach dem festen Schlosse Torquilstone geschleppt. Ich frage Euch als guten Ritter und guten Engländer, wollt Ihr daran teilnehmen, sie zu befreien?«

»Schon mein Gelübde allein erheischt das,« antwortete der Ritter. »Nur möchte ich wissen, wer Ihr seid, der Ihr mich zum Beistand auffordert.«

»Ich bin,« erwiderte der Grünrock, »ein namenloser Mann, der ein Herz hat für sein Vaterland und seine Freunde. Mit diesem Bescheid müßt Ihr Euch fürs erste begnügen, zumal Ihr ja selber auch unerkannt bleiben wollt. Aber Ihr könnt glauben, wenn ich mein Wort gegeben habe, dann halte ich es ebenso, als ob ich goldene Sporen trüge.«

»Das glaube ich gern,« entgegnete der Ritter. »Es ist meine Gewohnheit, den Menschen nach seinem Gesicht zu beurteilen, und das Eure bekundet Entschlossenheit und Biedersinn, ich will daher nicht weiterfragen, sondern Euch Beistand leisten. Wenn das geschehen ist, so hoffe ich, werden wir einander besser kennen lernen und damit beide recht zufrieden sein.«

Inzwischen hatte sich der Mönch völlig als Yeoman umgekleidet, trug Schwert und Schild, Bogen und Pfeile und ein starkes Wehrgehänge über der Schulter. Er schritt mit den anderen zur Hütte hinaus, verschloß die Tür und legte den Schlüssel unter die Türschwelle.

Achtzehntes Kapitel

Während in dieser Weise schon an der Befreiung Cedrics und seiner Angehörigen gearbeitet wurde, schleppte die bewaffnete Schar ihre Gefangenen nach dem festen Platze, wo sie in Gewahrsam gebracht werden sollten. Aber die Finsternis brach zu schnell herein und die Pfade durch den Wald waren den verkappten Räubern nur wenig bekannt. Sie mußten daher oftmals haltmachen und auch mehrmals umkehren, um den richtigen Weg wiederzufinden. Erst als der sommerliche Morgen anbrach, kamen sie schneller von der Stelle, dann kehrte auch das Selbstvertrauen wieder. Zwischen den beiden Anführern der Räuberbande entspann sich nun folgendes Zwiegespräch:

»Es ist nun Zeit, daß Ihr uns verlaßt, Sir Moritz,« sagte der Templer zu Bracy. »Ihr müßt nun den zweiten Akt Eurer Mysterie spielen. Ihr wißt, Ihr sollt jetzt als befreiender Ritter auftreten.«

»Ich habe mirs anders überlegt,« antwortete de Bracy, »ich will Euch nicht eher verlassen, als bis ich meine Beute in Front-de-Boeufs Schlosse untergebracht und wohlgeborgen habe. Dort will ich in meiner wahren Gestalt vor Lady Rowena erscheinen, und sicher wird sie der Inbrunst meiner Liebe die Gewalttat, die ich mir habe zu schulden kommen lassen, zugute halten.«

»Und weshalb habt Ihr Euern Plan geändert?« fragte der Templer.

»Das geht Euch nichts an,« war die trockene Antwort.

»Ich hoffe, Herr Ritter,« erwiderte der Templer, »es hat Euch zu dieser Maßregel nicht das Mißtrauen bewogen, das Euch Fitzurse gegen mich eingeflößt hat?«

»Was ich denke, ist meine Sache,« sagte de Bracy, »das Sprichwort heißt, wenn ein Dieb den andern bemaust, hat der Teufel sein Gaudium. Was Sitte und Recht im Templerorden gelten, ist mir wohlbekannt, und ich will mich nicht um die schöne Beute betrügen lassen, um die ich soviel gewagt habe.«