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»Was kannst du von mir haben wollen, wenn es nicht mein Reichtum ist?« entgegnete Rebekka. »Wir können nichts miteinander gemein haben, du bist ein Christ, ich bin eine Jüdin. Deine Kirche wie meine Synagoge sind gegen eine solche Verbindung.«

»Da hast du recht,« versetzte der Templer lachend. »Eine Jüdin heiraten? Despardieur! – Nicht, wenn sie die Königin von Saba wäre. Und wisse überdies, holde Tochter Zions, wenn mir der allerchristlichste König selber seine allerchristlichste Tochter anböte, und ganz Languedoc zur Mitgift, ich könnte sie doch nicht heiraten. Es ist gegen mein Gelübde, ein Mädchen anders als nur per amour zu lieben – und so will ich dich auch lieben, denn ich bin ein Templer – siehst du das heilige Kreuz des Ordens?«

»Darfst du dich bei solcher Gelegenheit darauf berufen?« sagte Rebekka.

»Wenn ich es tue, was gehts dich an?« versetzte der Templer. »Du glaubst ja doch nicht an das gebenedeite Zeichen unserer Erlösung.«

»Ich glaube, was mich meine Väter lehrten. Verzeihe mir Gott, wenn mein Glaube irrig ist. Was aber, Herr Ritter, ist Euer Glaube, da Ihr ohne Bedenken das Heiligste anruft, wo Ihr doch eben im Begriffe steht, Euer heiligstes Gelübde als Ritter und Diener der Religion zu brechen?«

»Du predigst allerliebst, Tochter Sirachs,« erwiderte der Templer, »nur bleibst du infolge deiner jüdischen Vorurteile ohne Verständnis für die ausgedehnten Freiheiten, die wir haben. Eine Ehe freilich wäre ein unverzeihliches Verbrechen für einen Templer, aber für alle die kleinen Liebestorheiten, die ich zu begehen Lust hätte, erhalte ich sofort Absolution. Du, Rebekka, bist die Gefangene, die ich mir mit Bogen und Speer gemacht habe, nach dem Gesetz der Völker meinem Willen unterworfen. Und nicht einen Zoll breit will ich von meinem Rechte zurücktreten, und nichts soll mich hindern, mir mit Gewalt zu nehmen, was meinen Bitten und der Notwendigkeit versagt wird.«

»Zurück!« rief Rebekka. »Zurück! Und höre mich, ehe du eine solche Todsünde begehst. Meine Kraft wirst du leicht brechen, denn Gott hat das Weib schwach erschaffen und es dem Edelsinne des Mannes überlassen, es zu beschützen. Aber deine Schändlichkeit will ich, Templer, von einem Ende Europas bis zum andern verkünden lassen. Der Aberglaube deiner Brüder soll mir verschaffen, was ich von deiner Barmherzigkeit nicht erreichen kann. – Jedes Präzeptorium, jedes Kapitel deines Ordens soll erfahren, daß du dich wie ein Ketzer mit einer Jüdin vergangen hast, und wer dein Verbrechen nicht verabscheut, der soll dich für verflucht halten, weil du das Kreuz, das du trägst, so tief erniedrigt hast, daß du einer Jüdin nachgegangen bist.«

»Dein Verstand ist kühn,« entgegnete der Templer, denn er wußte wohl, daß sie die Wahrheit sagte und daß die Bestimmungen seines Ordens Vergehen wie eines, das er jetzt vorhatte, mit den strengsten Strafen belegte, ja daß bisweilen Ausstoßung erfolgt war, »du bist sehr klug – aber deine Klage muß laut ertönen, wenn sie jenseits der eisernen Mauern dieses Schlosses vernommen werden soll. Hier verklingt ungehört jede Klage und jedes Hilfegeschrei.– Eins allein kann dich retten, Rebekka, unterwirf dich deinem Schicksal, nimm unsere Religion an, und du sollst ein Leben führen, daß sich manche Dame an Schönheit und Pracht mit der Geliebten des besten Streiters unter den Templern nicht soll messen können.«

»Mich meinem Schicksal unterwerfen?« antwortete Rebekka. »Und heiliger Himmel, welchem Schicksal! Deine Religion annehmen? Was kann das für eine Religion sein, zu der sich ein so abscheulicher Mensch bekennt! Du, der beste Streiter unter den Templern? Erbärmlicher Ritter! Meineidiger Priester! Ich verachte dich und biete dir Trotz!« Der Gott Abrahams hat seiner Tochter einen Ausweg gezeigt aus diesem Abgrund der Schande!«

Mit diesen Worten riß sie das Gitterfenster auf, das auf den Söller hinausführte, und war im Nu an den Rand der Brustwehr getreten, und nicht der geringste Schutz lag zwischen ihr und der gähnenden Tiefe. Nicht im mindesten gefaßt auf einen so jähen und verzweifelten Entschluß, hatte Bois-Guilbert weder Zeit, sie daran zu hindern, noch sie aufzuhalten. Als er sich ihr nähern wollte, rief sie:

»Bleibe, wo du stehst, stolzer Templer, oder wenn du willst, tritt herzu! Einen Schritt nur – und ich werfe mich in den Abgrund. Eher soll mein Leib an den Steinen des Schloßhofes zerschmettern und alle menschliche Form verlieren, ehe er deiner Gewalttätigkeit zum Opfer fallen soll!« Sie faltete die Hände und hob sie zum Himmel empor, als wolle sie Gnade für ihre Seele erflehen, ehe sie den tödlichen Sprung täte. Der Templer zauderte, und sein kühner Starrsinn, der im Unglück nie versagte, noch sich je von Mitleid hatte beugen lassen, schmolz in Bewunderung ihrer Seelenstärke.

»Komm herunter, unbesonnenes Mädchen,« sagte er, »ich schwöre dir bei Erde, Meer und Himmel, ich will dir kein Leid tun.«

»Ich mag dir nicht trauen,« erwiderte Rebekka, »du hast mich gelehrt, wie hoch ich die Tugenden deines Ordens zu veranschlagen habe.«

»Du tust mir unrecht,« sagte der Templer, »und so schwöre ich dir denn bei dem Namen, den ich trage, bei dem Kreuz auf meiner Brust, bei dem Schwert an meiner Seite, bei dem alten Wappen meiner Väter: ich will dir nicht das mindeste zuleide tun. Töte dich nicht, wenn nicht um deiner selbst willen, so doch um deines Vaters willen, ich will sein Freund sein, denn in diesem Schlosse bedarf er eines mächtigen Schutzes.«

»Ach!« seufzte Rebekka. »Das weiß ich nur zu gut. – Darf ich dir trauen?«

»Man soll mein Wappen umdrehen und mein Name soll entehrt sein,« sagte Bois-Guilbert, »wenn du noch Ursache haben sollst, über mich zu klagen. Wohl habe ich gegen manches Gesetz und manchen Befehl verstoßen, aber mein Wort habe ich noch nie gebrochen.«

»Wohl, ich will dir trauen,« antwortete Rebekka, »aber nur so weit,« und sie kam von dem Söller herab, blieb aber in dem Mauerausschnitt stehen. »Hier,« sagte sie, »will ich stehen. Du bleibe an deinem Fleck. Wenn du versuchst, die Entfernung zwischen uns auch nur um einen Schritt zu verringern, so sollst du sehen, daß ein jüdisches Mädchen eher ihre Seele Gott anvertraut, als ihre Ehre einem Templer.« Der hohe und feste Entschluß gab der ausdrucksvollen Schönheit ihres Angesichts, ihren Blicken und ihrem ganzen Wesen eine fast übermenschliche Erhabenheit. Ihr Blick war nicht angstvoll, noch war ihre Wange bleich aus Furcht vor einem so raschen und entsetzlichen Ende, sondern das Bewußtsein, daß ihr Schicksal in ihrer Hand lag, verlieh ihren Wangen höhere Farbe und ihren Augen lichteren Glanz. So stolz und mutig Bois-Guilbert auch war, so mußte er sich doch gestehen, daß er eine so herrliche und majestätische Schönheit noch nie gesehen hatte.

»Laß Friede zwischen uns sein, Rebekka!« sagte er.

»Friede, so du es willst,« entgegnete sie, aber dieser Raum bleibt zwischen uns.«

»Du hast mich nicht länger zu fürchten.«

»Ich fürchte dich auch nicht, und dem danke ich es, der diesen Turm so hoch gebaut hat, daß, wer sich hier herunterstürzt, den Tod findet. Dank ihm und dem Gotte Israels, ich fürchte dich nicht.«

»Du tust mir unrecht,« wiederholte der Templer. »Bei Erde, Himmel und Meer, du tust mir unrecht. Von Natur bin ich nicht hart, selbstsüchtig und grausam, wie du mich in diesem Augenblick geschaut hast, ein Weib hat mich dazu gemacht, ein Weib hat mich gelehrt grausam zu sein, und ich bin wieder grausam gewesen, aber nicht gegen solche, wie du eine bist. Ich habe mich vom Leben und seinen Banden getrennt. – Meine Mannheit soll mir kein Weib sänftigen, und häusliches Glück soll mir nicht lachen. Meine alten Tage will ich an keiner heimischen Stätte in Ruhe verleben – einsam bleiben wird mein Grab, und keine Nachkommenschaft wird den Namen Bois-Guilbert in künftige Geschlechter hinübertragen. Das Recht der Unabhängigkeit und Selbständigkeit habe ich zu den Füßen meiner Oberen niedergelegt. Ein Leibeigener in allem, wenn auch nicht dem Namen nach, kann der Templer weder Land noch Gut besitzen, er lebt, bewegt sich und atmet nur nach dem Willen eines anderen.«