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Die Ritter hörten dieses seltsame Schriftstück an und starrten sich dann stillschweigend an, als könnten sie gar nicht gescheit daraus werden. Bracy war der erste, der das Schweigen brach, indem er ein unmäßiges Gelächter anstimmte, in das der Templer mit etwas mehr Ruhe einfiel, während Front-de-Boeuf über ihre vorschnelle Lustigkeit ein wenig ungehalten schien. »Ihr tätet besser daran, meine Herren,« sagte er, »wenn ihr bedächtet, was wir in dieser Lage tun sollen, statt daß ihr so kreuzfidel seid, wo gar kein Grund dazu vorliegt.«

»Seit seinem letzten Sturze ist Front-de-Boeuf nicht wieder der alte geworden,« sagte de Bracy zu dem Templer, »der bloße Gedanke an eine Herausforderung jagt ihm Entsetzen ein, selbst wenn sie von einem Narren und einem Schweinehirten kommt.«

»Beim heiligen Michael!« versetzte Front-de-Boeuf, »ich wollte, Ihr würdet mit dieser Geschichte allein fertig, de Bracy. Diese Schufte würden nicht so unverschämt handeln, wenn sie nicht bedeutende Unterstützung hätten. In diesen Wäldern hausen viele Geächtete, die es auf mich abgesehen haben, weil ich scharf hinter ihrer Wilddieberei her bin. Als ich einmal einen Kerl, den ich auf frischer Tat ertappte, an das Geweih eines Hirsches binden ließ, der ihn in fünf Minuten totgebohrt hatte, da schwirrten mir gleich soviel Pfeile um die Ohren, wie in Ashby am Ziele vorbeiflogen. – Hierher, Bursche!« rief er seinem Diener zu. »Hast du jemand ausgeschickt, um zu sehen, durch welche gewappnete Macht diese hochfahrende Herausforderung unterstützt wird?«

»Es sind mindestens zweihundert Mann im Walde versammelt,« antwortete der Knappe.

»Das ist eine schöne Schweinerei,« sagte Front-de-Boeuf. »Das kommt davon, daß ich Euch mein Schloß für Eure Anschläge eingeräumt habe. Ihr könnt nichts geheimhalten, und nun habt Ihr mir dieses Wespennest auf den Hals gehetzt.«

»Ein Wespennest?« erwiderte de Bracy, »das sind ja nur Drohnen, die keinen Stachel haben, eine Horde von faulem Gesindel, das lieber im Walde haust und Wild stiehlt, als daß es sich von ihrer Hände Arbeit ernährt.«

»Schämt Euch, Herr Ritter,« sagte der Templer, »wir wollen unsere Leute zusammenrufen und über sie herfallen. Ein Ritter – nein, ein Bewaffneter schon nimmt es mit zwanzig von ihnen auf.«

»Ein Ritter ist genug und schon zuviel,« meinte de Bracy. »Ich schäme mich, daß ich meine Lanze gegen sie brauchen soll.«

»Gewiß,« entgegnete Front-de-Boeuf, »wenn es schwarze Sarazenen oder Mohren wären, Herr Templer, oder feige französische Bauern, mein sehr tapferer de Bracy, aber es sind englische Yeomen, denen wir an nichts überlegen sind als in Waffen und Pferden, und die nützen uns in den dichten Waldungen wenig. Wir sollen einen Ausfall machen, sagt Ihr, wir haben ja kaum Leute genug, um das Schloß zu verteidigen. Meine besten Mannen sind in York, auch Eure ganze Schar, de Bracy, ist dort, und wir haben keine zwanzig Mann außer denen, die an diesem tollen Streich teilgenommen haben.«

»Ihr fürchtet doch nicht etwa, daß sie eine Macht zusammenbringen und einen Sturm gegen das Schloß wagen könnten?« fragte der Templer.

»Das nicht, Sir Brian,« antwortete Front-de-Boeuf. »Die Räuber haben freilich einen kühnen Anführer, aber ohne Maschinen, Sturmleitern und erfahrene Hauptleute können sie gegen mein Schloß nichts ausrichten.«

»Schickt doch zu Euern Nachbarn,« riet der Templer, »die mögen ihre Leute zusammenrufen und zwei Rittern zu Hilfe kommen, die von einem Schweinehirten und einem Narren in dem freiherrlichen Schlosse des Reginald Front- de-Boeuf belagert werden.«

»Ihr scherzt, Herr Ritter,« antwortete Front-de-Boeuf. »Zu wem soll ich denn schicken? Malvoisin ist in York, da sind auch alle, auf die ich sonst rechnen könnte, und da sollte ich selber sein, wenn dieses verwünschte Possenspiel nicht wäre.«

»So schickt doch nach York und laßt unsere Leute zurücklaufen,« sagte de Bracy; »wenn die Feinde beim Anblick meiner Fahne und meiner Freischar nicht Reißaus nehmen so will ich sie die kühnsten Räuber nennen, die je in einem Walde den Bogen gespannt haben.«

»Und wer soll eine Botschaft überbringen?« versetzte Front-de-Boeuf. »Sie werden jeden Pfad besetzt halten und jeden Boten abfangen und durchsuchen. Aber da fällt mir etwas ein,« setzte er hinzu. – Herr Templer, Ihr könnt gut lesen und schreiben – wenn wir nur das Schreibzeug finden könnten, das mein Kaplan gehabt hat, er ist vorige Weihnachten gestorben ...«

»Mit Verlaub,« sagte der noch der Befehle harrende Knappe, »ich glaube, die alte Barbara hat das Schreibzeug aus Liebe zu ihrem Beichtvater aufgehoben.«

»So geh und hole es,« sagte Front-de-Boeuf, »und dann werdet Ihr, Herr Templer, diese kühne Herausforderung beantworten.«

»Das möcht ich lieber mit der Schärfe des Schwertes als mit der Feder tun,« erwiderte Bois-Guilbert, »doch geschehe was Ihr wollt.«

Er setzte sich nieder und schrieb auf französisch folgenden Brief:

»Sir Reginald Front-de-Boeuf und seine ritterlichen Verbündeten nehmen keine Herausforderung von Sklaven, Leibeigenen und Flüchtlingen an. Wenn der Mann, der sich der schwarze Ritter nennt, wirklich einigen Anspruch auf die Ehre der Ritterschaft erheben kann, so sollte er wissen, daß sein derzeitiges Bündnis entehrend für ihn ist und daß er infolgedessen kein Recht hat, von Männern aus edelm Blute Rechenschaft zu fordern. Was die Gefangenen betrifft, so ersuchen wir Euch, Ihr mögt ihnen aus christlicher Barmherzigkeit einen Diener der Kirche senden, der ihre Beichte entgegennehmen und sie zum Tode bereiten kann, denn es ist unser fester Vorsatz, sie heute vormittag noch zu töten und ihre Köpfe auf den Zinnen unseres Schlosses aufzupflanzen, damit jedermann erfahre, wie wenig Achtung wir denen zollen, die ihnen zu Hilfe kommen wollten. Deshalb ersuchen wir Euch, schickt ihnen einen Priester, der sie mit Gott versöhne, das wäre der letzte irdische Dienst, den ihr ihnen erweisen könntet.«

Dieser Brief wurde zusammengefaltet und einem Knappen übergeben, der ihn dann dem Manne gab, der die Herausforderung gebracht hatte und der noch draußen wartete.

Der Sendbote kehrte in das Hauptquartier der Verbündeten zurück, das sich jetzt unter einem alten Eichbaum, drei Bogenschüsse vom Schloß entfernt, befand. Hier warteten Wamba und Gurth mit ihren Bundesgenossen, dem schwarzen Ritter und Locksley, ungeduldig auf eine Antwort. In der Runde war mancher Yeoman zu schauen, dem man am Weidmannsrock und an den wetterharten Zügen das Handwerk ansah. Schon waren über zweihundert beisammen, und immer kamen ihrer noch mehr. Die Anführer trugen zum Zeichen nur eine Feder auf dem Hute – im übrigen waren sie – Hut, Waffen und Kleidung – ebenso angetan wie alle anderen. Neben dieser Bande hatte sich noch eine Macht zusammengefunden, die noch irregulärer und noch schlechter bewaffnet war, nämlich die sächsischen Einwohner der nächsten Stadt und viele Leibeigene und Diener von Cedrics ausgedehnten Besitzungen, die alle erschienen waren, um ihn zu befreien. Fast alle waren mit solchen Waffen ausgerüstet, wie sie im Notfalle oftmals zu Werkzeugen des Krieges werden, als Eberspießen, Dreschflegeln, Sensen und dergleichen; denn die Normannen wandten die übliche Vorsichtsmaßregel des Eroberers an, den Besiegten den Gebrauch der Waffen zu verbieten. Infolgedessen waren die Belagerer weniger furchtbar, als sie sonst bei ihrer Überzahl und ihrem Eifer für die gute Sache den Belagerten hätten werden können. Den Anführern dieses buntscheckigen Haufens wurde nun das Schreiben des Templers übergeben.