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»Tapferer Ritter,« sagte Locksley, »hätte uns nicht dein Mut und dein tapferer Arm zur Seite gestanden, so wäre unser Unternehmen gewiß mißglückt. Wenn du willst, so wähle dir von dieser Masse an Beute, was dir gefällt.«

»Ich nehme das Anerbieten so freimütig an, wie es getan ist,« antwortete der vom Fesselschloß. »Ich bitte Euch, daß ich über Moritz de Bracy nach Gefallen verfügen darf.«

»Der ist sowieso dein, und das ist ein Glück für ihn; denn sonst hätte der Tyrann die höchsten Zweige dieser Eiche geziert, und so viele deiner Freischärler, wie wir nur hätten fangen können, sollten wie Eicheln um ihn her hängen. – Aber er ist dein Gefangener, und deshalb ist er in Sicherheit, obgleich er mir den Vater erschlagen hat.«

»De Bracy,« sagte der Ritter, »Ihr seid frei – geht Eurer Wege! Er, dessen Gefangener Ihr seid, will für das Vergangene keine Rache an Euch nehmen. Doch hütet Euch für die Zukunft, sonst möchte es Euch übel ergehen. Moritz de Bracy, ich sage Euch, seid auf der Hut!« De Bracy verneigte sich tief, ohne zu antworten. Als er gehen wollte, stimmten die Beomen plötzlich ein Geschrei des Hohnes und der Verachtung an. Der stolze Ritter wandte sich um, blieb stehen, kreuzte die Arme, richtete sich hoch auf und rief: »Schweigt still, ihr kläffenden Köter! So durftet ihr nicht lärmen, als der Hirsch gehetzt wurde. De Bracy verachtet euern Spott, wie er euern Beifall verachten würde. Hinein in eure Büsche und Höhlen, Gesindel in Acht und Bann! Verhaltet euch still, wo von einem Ritter oder einem Edelmann eine Meile weit von euern Fuchslöchern auch nur gesprochen wird.« Dieser schlecht angebrachte Hohn hätte dem Ritter sicher einen Regen von Pfeilen zugezogen, wenn der Hauptmann die Beomen nicht daran gehindert hätte. Inzwischen hatte de Bracy eines der Pferde, die als ein Teil der Beute aufgezäumt herumstanden, ergriffen, schwang sich darauf und verschwand im Galopp in den Wald.

Als der Lärm, den dieser Auftritt verursacht hatte, wieder verstummt war, nahm der Hauptmann der Geächteten das reiche Jagdhorn und die Tasche, die er im Bogenschießen zu Ashby gewonnen hatte, von den Schultern.

»Edler Ritter,« sagte er zu dem vom Fesselschloß, »wenn Ihr es nicht verschmäht, ein Jagdhorn anzunehmen, das ich einst getragen habe, so nehmt das hier zum Andenken an mich, und wenn es Euch einmal hart ergeht, und Ihr bedrängt seid, so blast dieses Signaclass="underline" Wasa–hoa! und es wird Euch schnelle Hilfe werden.« Er setzte das Hörn an die Lippen und blies ein paarmal vor, bis der Ritter das Signal wiedergeben konnte.

»Dank für deine Gabe, kühner Yeoman,« sagte er dann. »Eine bessere Hilfe als die deine und der Deinen wünschte ich mir nie und wäre ich in der größten Gefahr. Darauf ließ er selber das Hörn laut erschallen.

»Ihr blast gut und rein,« sagte Locksley. »Wahrlich, Ihr versteht Euch auf das Weidwerk ebensogut wie auf den Krieg.– Ich meine, Ihr habt auch schon mal dem Wilde nachgestellt. Kameraden merkt euch dieses Signal. Es ist der Ruf des Ritters vom Fesselschloß. Wer ihn hört und nicht hineilt, ihm zu helfen, den will ich mit den Sehnen seines eigenen Bogens aus der Bande peitschen.«

»Lange lebe unser Hauptmann und der schwarze Ritter vom Fesselschloß!« riefen die Yeomen. Der Hauptmann fuhr nun fort, die Beute zu verteilen, was mit der größten Unparteilichkeit geschah. Ein Teil, der zehnte, wurde für die Kirche und die frommen Gebräuche zurückgelegt, ein Teil kam zu einer Art gemeinsamen Schatzes, ein Teil war für die Witwen und Weisen gefallener Kameraden bestimmt, und der Rest wurde unter die Geächteten verteilt nach Rang und Verdienst. In streitigen Fällen wurde die Entscheidung des Hauptmannes, der kategorisch sein Urteil fällte, mit Gehorsam aufgenommen. Der schwarze Ritter wunderte sich nicht wenig, daß Menschen, die jedem Gesetze Hohn sprachen, untereinander so einig und gerecht waren, und was er sah, erhöhte seine gute Meinung von der Gerechtigkeit und Urteilsfähigkeit des Anführers. Als ein jeder seinen Anteil erhalten hatte, schafften vier Beomen mit dem Schatzmeister den Teil, der für den Schatz bestimmt war, hinweg, während der Teil für die Kirche unangetastet liegen blieb.

»Wenn wir nur bald etwas von unserm fröhlichen Kaplan hörten,« sagte Locksley. »Es ist sonst nicht seine Art, bei Mahlzeiten und Beuteverteilungen zu fehlen. Er muß diesen Zehnten, der bei unserer glücklichen Unternehmung herausgekommen ist, wegschaffen. Ich habe auch hier in der Nähe einen heiligen Bruder und möchte gern, daß mir der Mönch helfe, damit ich richtig mit ihm umgehe. Es wird ihm doch nichts zugestoßen sein?«

»Das täte mir leid,« sagte der Ritter. »Ich bin ihm noch Dank schuldig für seine Gastfreundschaft und für die vergnügte Nacht, die er mir in seiner Zelle bereitet hat. Wir wollen in die Trümmer des Schlosses gehen, vielleicht finden wir eine Spur von ihm.«

Während er noch so sprach, erscholl lauter Jubel und verkündete die Ankunft dessen, um den sie so in Sorge waren. Sie erkannten den Mönch an seiner Stentorstimme, denn sie hörten ihn schon lange, ehe sie seine robuste Gestalt sahen.

»Platz, brave Gesellen!« rief er. »Platz für euern heiligen Bruder und seinen Gefangenen! – Ruft noch einmal Willkommen! – Ich komme, edler Hauptmann, wie ein Adler mit der Beute in den Klauen.« Unter allgemeinem Gelächter drängte er sich durch den Kreis. Fn der einen Hand hielt er seinen wuchtigen Streitkolben, in der andern ein Halfterband, an dessen Ende der unglückliche Isaak von York gebunden war, der, von Kummer und Schrecken gebrochen, von dem Priester dahergeschleppt wurde.

»Fröhlicher Priester,« sagte der Hauptmann, »du hast heute morgen eine feuchte Messe gehalten, wennschon es noch früh an der Stunde ist. Wen bringst du uns da?«

»Einen Gefangenen, den ich selber mit Schwert und Lanze gemacht habe,« versetzte der Mönch von Copmanhurst, »mit Bogen und Streitkolben. Aus arger Gefangenschaft habe ich ihn erlöst. Sprich, Jude! Habe ich dich nicht vom Satan befreit? Habe ich dich nicht den Glauben, das Pater und das Ave gelehrt? – Habe ich dir nicht die ganze Nacht zugetrunken und dich in den Mysterien unterrichtet?«

»Um Gottes willen,« jammerte der Jude. »Will mich denn niemand aus der Gewalt dieses verrückten – ich wollte sagen, heiligen Mannes befreien?«

»Was, Itzig?« rief der Mönch mit drohender Gebärde. »Willst du etwa widerrufen? Denke daran, wenn du in deinen vorigen Unglauben verfällst, so bist du, wenn du auch nicht so zart bist wie ein Spanferkel – ich wollt', ich hätte eins zum Frühstück – doch nicht zu zähe, daß man dich nicht schmoren könnte. Sei vernünftig, Jude, und sprich nach, was ich sage: Ave Maria!«

»Nein! keine Entweihung, toller Priester!« sagte Locksley. »Latz uns lieber wissen, wo du diesen Gefangenen aufgegabelt hast.«

»Beim heiligen Dunstan!« sagte der Mönch. »Dort, wo ich nach besserm Funde suchte. In den Keller bin ich gestiegen, weil ich hatte retten wollen, was unten ist. Ein Becher gebrannten Weines mit Gewürz ist zwar der Abendtrunk eines Kaisers, mir aber erschien es unnütz, daß so viel Wein auf einmal verbrannt werden sollte, und ich ergriff einen Schlauch mit Sekt und wollte noch mehr von der Sorte suchen, da entdeckte ich eine stark versicherte Tür. Aha, dachte ich: hier haben wir erst den richtigen auserlesenen Wein, und der Schelm von Kellermeister, den wir gerade gestört haben, hat den Schlüssel stecken lassen. Ich eile hinein und finde nichts wie verrostete Ketten und diesen Hund von einem Juden, der sich mir ohne weiteres auf Gnade oder Ungnade ergeben hat. Durch einen schäumenden Becher Sekt habe ich ihn erst ein wenig auf die Beine gebracht. Eben wollte ich meinen Gefangenen wegschleppen, da gab es einen furchtbaren Krach, ein Turm stürzte ein und der Ausweg war uns verschüttet, wir hörten das Donnergepolter, ich gab jeden Gedanken an das Leben auf, und da ich es für eine Unehre hielt, mit einem Juden zusammen ins Jenseits einzuziehen, so erhob ich meinen Streitknüttel und wollte ihm schon den Schädel einschlagen, aber sein graues Haar dauerte mich, und ich hielt es für christlicher, meine geistlichen Waffen an ihm zu erproben. So versuchte ich, ihn zu bekehren. Es gelang, der Same fiel auf fruchtbares Land. Aber der Kopf ist mir ganz wüst von dem vielen Reden über die Mysterien – denn die paar Schluck Sekt haben nichts zu sagen, und so war ich völlig erschöpft, als mich Gilbert und Willibald fanden – sie wissen, in was für einer Verfassung.«