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»Für mich selber suche ich keine Sicherheit,« entgegnete Prinz Johann stolz. »Die könnte ich von meinem Bruder mit einem Worte erlangen. Aber obwohl Ihr, de Bracy und Waldemar, so flink bei der Hand seid, mich im Stich zu lassen, so würde es mir doch keine Freude machen, Eure Köpfe über dem Tore von Clifford baumeln zu sehen. – Glaubt Ihr denn nicht, Fitzurse, der verschlagene Erzbischof werde Euch nicht, um mit Richard auf guten Fuß zu kommen, vom Altar selber wegreißen lassen? – Und habt Ihr, de Bracy, vergessen, daß zwischen hier und Hüll, von wo Ihr nach Flandern überfahren müßt, Robert Estoteville mit all seinen Leuten liegt? – Und daß Graf Esser seinen Anhang um sich schart? Wenn wir Ursache hatten, diese Truppen vor der Rückkehr Richards zu fürchten, so ist jetzt kein Zweifel mehr, zu welcher Partei sich die Anführer schlagen werden. Glaubt mir, Estoteville allein ist stark genug, Euch mit Eurer Freischar zum Teufel zu schicken.« Waldemar Fitzurse und de Bracy sahen einander verlegen an. »Nur einen Weg gibt es noch zur Sicherheit,« fuhr der Prinz fort, und sein Blick wurde finster wie die Mitternacht. – »Der, vor dem wir uns fürchten, reist allein. Man muß ihm in den Weg zu treten versuchen.«

»Aber mich laßt dabei aus dem Spiele,« fiel ihm de Bracy hastig ins Wort. »Ich bin sein Gefangener gewesen, und er hat mir Gnade gewährt. Kein Haar will ich ihm auf dem Haupte krümmen.«

»Wer spricht denn davon?« rief Prinz Johann mit erzwungenem Lachen. »Wird der Schelm nicht am Ende noch sagen, ich hätte im Sinne, Richard ermorden zu lassen! – Nein, ich denke nur an ein Gefängnis in Britannien oder in Österreich – das ist einerlei. – Dann bleibt es mit den Sachsen, wie es war, als wir unsern Plan faßten. – Wir gründeten unsern Plan damals auf die Hoffnung, daß Richard in Deutschland gefangen bleiben würde. – Ist doch auch unser Onkel Robert sein Leben lang im Schlosse Cardiffe gewesen und ist dort auch gestorben!«

»Ja, aber Euer Ahnherr Heinrich hat auch fester auf seinem Throne gesessen, als Eure Hoheit je sitzen wird,« erwiderte Fitzurse. »Das beste Gefängnis ist schon das, das der Totengräber baut. Kein Kerker ist so sicher wie der Friedhof. – Damit habe ich meine Meinung gesagt.«

»Gefängnis oder Grab!« rief de Bracy, »ich wasche meine Hände in Unschuld!«

»Schurke!« rief Prinz Johann. »Wollt Ihr etwa meinen Anschlag verraten?«

»Ein Verräter bin ich nie gewesen,« entgegnete de Bracy. »Auch darf mich niemand einen Schurken heißen.«

»Seid friedlich, Herr Ritter,« wandte sich Fitzurse ins Mittel. »Und Ihr, Hoheit, vergebt de Bracy die gewissenhaften Bedenken, ich werde sie ihm bald austreiben.«

»Dagegen vermag all Eure Beredtsamkeit nichts,« versetzte der Ritter.

»Wie, tapferer Moritz?« fuhr der schlaue Staatsmann fort. »Wie ein scheues Pferd prallt Ihr zurück, ehe Ihr Euch überhaupt genau angesehen habt, was Euch denn eigentlich solchen Schreck einjagt? – Dieser Richard – kaum ein Tag ist darüber vergangen, daß es Euer sehnlichster Wunsch war, ihm in der Schlacht zu begegnen – hundertmal habt Ihr das gesagt.«

»Ja, aber wie Ihr sagt, in der Schlacht – Mann gegen Mann! Niemals habe ich daran gedacht, ihn, wenn er allein ist, etwa im Walde, zu überfallen.«

»Wenn Euch davor bange ist,« versetzte Waldemar, »so seid Ihr kein echter Ritter. – Haben Lancelot vom See oder Sir Tristan ihren Ruhm in Schlachten erworben? Nein, sondern indem sie im Schatten ungekannter Wälder mit Riesen und Rittern kämpften.«

»Mag sein,« sagte de Bracy. »Aber weder Lancelot noch Tristan hätten den König Richard Löwenherz angegriffen, auch war es ihre Art nicht, mit einer Übermacht gegen einen einzelnen auszurücken.«

»Ihr seid von Sinnen, de Bracy! Was wird denn von Euch verlangt? Ihr seid ein besoldeter Hauptmann der Freischar, deren Schwerter sich Prinz Johann erkauft hat. Ihr kennt unsern Feind und Ihr erhebt Einwände – und dabei wißt Ihr doch, daß das Glück Euers Gönners, das Eurer Kameraden und Euer eigenes, ja Ehre und Leben eines jeden von uns auf dem Spiele stehen.«

»Ich habe Euch doch gesagt,« erwiderte de Bracy verdrießlich, »er hat mir das Leben geschenkt. Freilich, er hat mich von sich gewiesen und mich nicht in seinen Dienst nehmen wollen – ich bin ihm also weder Treue noch Gehorsam schuldig – aber ich werde doch nimmermehr Hand an ihn legen.«

»Das ist auch gar nicht vonnöten, Ihr braucht nur Ludwig Winkelbrand mit einem Dutzend Eurer Freischärler gegen ihn aussenden.«

»Ihr habt ja Meuchelmörder genug im Sold,« versetzte de Bracy. »Mit einem solchen Auftrag will ich keinen meiner Leute behelligen.«

»So eigensinnig seid Ihr, de Bracy,« fragte Prinz Johann, »und wollt Ihr mich verlassen, da Ihr mir doch so oft die Versicherung Eurer Anhänglichkeit gegeben habt?«

»Verlassen will ich Euch nicht,« antwortete de Bracy. »Ich will bei Euch bleiben und alles tun, was ein echter Ritter darf. Aber solche Straßenräubereien habe ich ein für allemal verschworen.«

»Waldemar, kommt her,« sagte Prinz Johann; »bin ich nicht ein unglücklicher Fürst? – Mein Vater, König Heinrich, brauchte nur einen Wink zu geben, daß ihm ein rebellischer Prinz ein Dorn im Auge sei – und sofort waren treue Diener zur Stelle. Das Blut des Thomas a Beckett – so heilig es auch war – ist über die Stufen seines eigenen Altars geflossen. Aber so treue und kühne Untergebene, wie sie ihm zur Verfügung standen, gibt es nicht mehr. Wohl hat Reginald Fitzurse einen Sohn hinterlassen, aber den Mut und die Treue, die ihn auszeichneten, hat er ihm nicht mit auf den Weg gegeben.«

»Er hat sie ihm vererbt!« rief Fitzurse. »Wohlan! Es geht einmal nicht anders! Ich selber will diesen gefahrvollen Anschlag in die Hand nehmen. Teuer freilich hat mein Vater den Namen eines treuen ergebenen und eifrigen Freundes erkaufen müssen, und doch war sein Beweis der Treue noch nichts gegen das, was ich unternehmen will, denn lieber wollt' ich gegen alle Heiligen im Kalender ankämpfen, als meine Lanze zücken gegen Richard mit dem Löwenherzen. – De Bracy, ich muß es Euch anheimgeben, den Mut der Zaghaften aufrecht zu erhalten und die Person unseres Prinzen zu beschützen. Wenn ich selbst Euch das mitteilen kann, was ich Euch in Bälde mitzuteilen hoffe, so wird binnen kurzem unser Unternehmen aller gefahrvollen Ungewißheit enthoben sein.«

»Page!« rief er dann, geh schnell in mein Haus, sage meinem Waffenmeister, er soll sich bereit halten, richte meinen Befehl aus, daß Stephan, Wethereal, Thoesby und die drei Speere von Spyinglaw auf der Stelle zu mir kommen sollen, auch Hugh Bardon, der Kundschafter, soll dabei sein. Und nun, mein Prinz, fahrt wohl, bis auf bessere Tage!« Mit diesen Worten ging er hinaus.

»Da geht er hin, meinen Bruder gefangen zu nehmen,« sagte Prinz Johann. »Mit einer Seelenruhe geht er an sein Wert, als wäre Richard ein sächsischer Franklin. – Ich denke doch, er wird sich nach unsern Befehlen richten und sich nicht an der Person Richards vergreifen. Beim Augenlichte unserer lieben Frauen, mein Befehl war klar und bestimmt ausgedrückt! Es ist allerdings möglich, daß er ihn nicht deutlich genug vernommen hat, denn ich stand da gerade am offenen Fenster. Aber mit größter Bestimmtheit habe ich ihm zu verstehen gegeben, daß ich gegen die Person Richards, gegen sein Leben, nichts unternommen haben will. Wehe Waldemar Fitzurse, wenn er gegen diesen Befehl verstößt!«

»Dann will ich lieber zu ihm gehen,« sagte de Bracy lächelnd, »und ihm den Willen Eurer Hoheit in deutlicher Form ausrichten, denn da ich davon selber nichts gehört habe, so hat wahrscheinlich auch Waldemar nichts davon gehört.«

»Nein, nein,« versetzte Prinz Johann ungeduldig. »Ich gebe Euch die Versicherung, er hat alles deutlich gehört. Für Euch habe ich überdies wichtige Geschäfte, Moritz; kommt her, ich will mich auf Euch stützen.« Und vertraulich lehnte er sich auf ihn, und so schritten sie in der Halle auf und ab, und mit dem Anschein innigsten Vertrauens fragte Prinz Johann: