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Gegeben hier in der Diebeshöhle zur Stunde der Morgenandacht.

Aymer, Prior von Sankta Maria de Jorlvaux.

Nachschrift. Eure goldene Kette hat wahrlich nicht lange meinen Hals geziert, ein geächteter Wilddieb trägt sie jetzt um den Nacken, und die Pfeife, womit er seine Hunde ruft, hängt daran.« –

»Was sagt Ihr nun dazu, Konrad?« sagte der Großmeister. »Eine Diebeshöhle ist ein passender Aufenthalt für einen solchen Prior. Es ist nicht zu verwundern, daß ihn Gottes Zorn trifft! Aber was will er mit seiner zweiten Hexe von Endor sagen?«

Konrad kannte aus Erfahrung die Sprache der Galanterie besser als sein Ordensherr, er erklärte ihm den Sinn der Worte, aber der Großmeister schien mit der Erklärung nicht zufrieden. »Dahinter steckt mehr, Konrad,« sagte er. »Du kannst in deiner Einfalt nicht diesen Abgrund von Gottlosigteit durchschauen. Diese Rebekka von York war eine Schülerin jener Miriam, von der du auch schon gehört hast. Gib acht, der Jude wird es eingestehen.«

Er wandte sich an Isaak und fragte laut: »Deine Tochter wird also von Bois-Guilbert gefangen gehalten?«

»Jawohl, Hochwürden, und was ein armer Mann wie ich für ihre Freigabe bezahlen kann –«

»Schweig! Deine Tochter hat die Heilkunst ausgeübt?«

»Jawohl, Euer Gnaden! Ritter und Vasall, Knappe und Bauer segnen die Gabe, die ihr der Himmel verliehen hat. Manch einer kann bezeugen, daß er wieder gesund geworden ist durch ihre Kunst, als alle andere menschliche Hilfe nichts mehr vermochte. Der Segen des Gottes Jakobs ist bei ihr!«

Mit grimmigem Lächeln wandte sich Beaumanoir an Mont-Fitchet. Dann sagte er wieder zu dem Juden: »Deine Tochter hat ihre Kuren sicherlich durch Worte, Amulette und andere kabbalistische Mysterien ausgeübt?«

»Nein, verehrter und tapferer Ritter, nur durch einen Balsam von wunderbarer Heilkraft.«

»Von wem hat sie das Geheimnis?« fragte Beaumanoir.

»Miriam, eine weise Matrone meines Volkes,« erwiderte der Jude zaudernd, »hat es ihr hinterlassen.«

»Ha, falscher Jude!« herrschte ihn der Großmeister an. »Die Hexe Miriam war es, von deren Zaubereien in jedem Christenlande mit Abscheu gesprochen worden ist. Ihr Leib ist am Pfahl verbrannt worden, ihre Asche in alle vier Winde verstreut, und dasselbe Schicksal soll ihre Schülerin treffen! Ich will sie lehren die Streiter des heiligen Tempels bezaubern. Hierher, Knappe! wirf den Juden zum Tor hinaus! Schlage ihn tot, wenn er sich widersetzt oder zurückkehrt! Mit seiner Tochter wollen wir verfahren, wie es das Gesetz der Christen und unser heiliges Amt erheischt!«

Einunddreißigstes Kapitel

Albert Malvoisin, Präzeptor der Stiftung des Tempels zu Templestowe, war ein Bruder jenes Philipp von Malvoisin, der bereits in dieser Erzählung genannt worden ist, und wie dieser Baron eng mit Brian de Bois-Guilbert verbunden. Unter den ausschweifenden zügellosen Männern, deren der Orden der Templer nur zu viele in sich schloß, war Albert einer der schlimmsten, nur unterschied er sich von dem kühnen Bois-Guilbert dadurch, daß er es verstand, den Schleier der Heuchelei über seine Laster und seinen Ehrgeiz zu breiten. Nach außen hin trug er den Fanatismus zur Schau, den er innerlich verachtete. Wenn der Großmeister nicht so unerwartet gekommen wäre, so hätte er in Templestowe nichts gefunden, was eine Entartung der Manneszucht verraten hätte, und obwohl nun Albert überrascht worden war und in mancher Beziehung auch verraten war, so hatte er doch den Verweis seines Herrn mit so tiefer Ehrfurcht und Zerknirschung hingenommen und zeigte sich so sehr beflissen, zu bessern, was getadelt worden war, und hatte so rasch in die Gesellschaft, die zuvor noch der Wollust und der Völlerei ergeben gewesen war, einen Anschein der Zucht und asketischen Frömmigkeit gebracht, daß Lukas Beaumanoir von der Sittlichkeit des Präzeptors besser dachte, als bei dem ersten Eindruck der Stiftung. Aber diese günstige Meinung wurde durch die Nachricht, daß Albert eine Jüdin, die obendrein die Mätresse eines Templers zu sein schien, in dieses heilige Haus aufgenommen hatte, von neuem heftig erschüttelt.

Als Albert vor dem Großmeister erschien, sprach er ihn im Tone ungewöhnlichen Ernstes an. »In diesem Hause, das dem heiligen Dienste des Ordens der Templer geweiht ist, befindet sich ein jüdisches Mädchen, das ein Ordensbruder mit Euerm Wissen hergebracht hat.«

Albert Malvoisin war in tiefster Bestürzung. Er hatte die unglückliche Rebekka in einem abgelegenen Teile des Hauses untergebracht und alle Vorkehrungen getroffen, daß ihr Aufenthalt unentdeckt bliebe. Er las in Beaumanoirs Blick sein und Bois-Guilberts Urteil, falls es ihm nicht gelingen sollte, den ausbrechenden Sturm abzuwenden.

»Weshalb verstummt Ihr?« fuhr der Großmeister fort.

»Ist es mir gestattet zu reden?« entgegnete der Präzeptor in unterwürfigem Tone. Er wollte aber durch diese Frage nur Zeit gewinnen, um sich zu fassen.

»Es ist Euch erlaubt. Sprecht und redet! Wie kommt es denn, daß Ihr einem der Brüder erlaubt habt, eine Geliebte, obendrein eine Jüdin, eine Zauberin, in dieses heilige Haus zu bringen, das dadurch geschändet und entweiht wird?«

»Eine jüdische Zauberin!« wiederholte Albert Malvoisin. »Mögen uns alle guten Geister davor beschützen!«

»Eine jüdische Zauberin, Bruder! Könnt Ihr es leugnen, daß sich Rebekka, die Tochter des schändlichen Wucherers Isaak von York, die Schülerin der verbrecherischen Miriam, eben jetzt – eine Schande ist es, es sagen zu müssen, es denken zu müssen! – hier in Euerm Präzeptorium befindet?« »Hochwürdiger Vater,« antwortete Albert, »Eure Weisheit hat die Nacht von meinem Verstande genommen. Es hat mich selber gewundert, daß ein so tapferer Ritter wie Bois- Guilbert so sehr von diesem Weibe bezaubert worden ist! Ich habe sie nur in dieses Haus aufgenommen, um einer wachsenden Vertraulichkeit, die vielleicht sonst zu dem Falle unseres tapferen und frommen Bruders geführt hätte, einen Riegel vorzuschieben.«

»Ist es bis jetzt noch zu nichts zwischen beiden gekommen, was gegen das Gelübde wäre?«

»Wie? Unter diesem Hause?« versetzte Malvoisin, sich bekreuzend. »Möge die heilige Magdalena das verhüten! Habe ich gefehlt, indem ich sie hier aufnahm, so geschah es nur in der irrigen Hoffnung, die unsinnige Neigung meines Bruders zu der Jüdin zu bekämpfen. Erschien mir doch seine Leidenschaft so wild und unnatürlich, daß ich sie nur einer Art Wahnsinn zuschreiben konnte, der mehr durch Mitleid als durch Vorwürfe zu heilen sei. Da nun aber die Weisheit Eurer Hochwürden entdeckt hat, daß diese jüdische Buhlerin eine Zauberin ist, so läßt sich ja freilich die verliebte Narrheit des Ritters völlig begreifen.«

»Freilich wohl!« sprach Beaumanoir. »Es kann sein, daß unser Bruder Bois-Guilbert mehr Mitleid als strenge Bestrafung verdient und daß er durch unsere Ermahnungen und durch Gebete von seinem Wahnwitz abgebracht und zu seinen Brüdern zurückgeführt werden kann.«