Выбрать главу

»Es wäre sehr schade,« sagte Mont-Fitchet, »wenn der Orden in ihm eines seiner tüchtigsten Mitglieder verlieren sollte. Zweihundert Sarazenen hat dieser Bois-Guilbert mit eigner Hand erschlagen.«

»Unser Bruder wird die Bande dieser Delila zerreißen,« sagte der Großmeister, »die schändliche Hexe selber aber soll wahrlich des Todes sterben!«

»Aber die Gesetze von England?« wandte der Präzeptor ein, der erfreut darüber war, daß sich der Zorn des Großmeisters von ihm und Bois-Guilbert abwandte, aber doch befürchtete, er könne in seinem Zorne zu weit gehen.

»Die Gesetze erlauben und befehlen jedem Richter,« erwiderte Beaumanoir, »innerhalb seines Bezirks Gerechtigkeit auszuüben. Jeder Baron kann in seinem Gebiete eine Hexe gefangen nehmen, prozessieren und verurteilen. Soll dies dem Großmeister des Tempels verboten sein? Nein! Wir wollen richten und verdammen! Von der Erde verschwinden soll die Hexe! Geht und richtet die Halle für die Gerichtssitzung her!«

Albert Malvoisin verneigte sich und ging, nicht um die Halle herzurichten, sondern um Bois-Guilbert aufzusuchen und ihn über den Vorfall zu unterrichten. »Sind das deine Vorsichtsmaßregeln?« rief Bois-Guilbert. »Hast du den alten Schwachtopf wissen lassen, daß Rebekka hier ist?«

»Es ist nicht meine Schuld,« erwiderte der Präzeptor. »Ich habe nichts außer acht gelassen, um dein Geheimnis zu verbergen, aber es ist an den Tag gekommen, ob durch den Teufel oder durch sonst wen, das kann nur der Teufel wissen! Aber ich habe es so gedreht, daß du sicher bist, wenn du die Jüdin aufgibst. Man hegt Mitleid mit dir und hält dich für ein Opfer ihrer Zauberkünste. Sie gilt für eine Hexe und soll als solche bestraft werden. Weder Ihr noch sonst jemand kann sie retten! Auch ich kann nichts zu ihren Gunsten versuchen. Ich habe mich schon zuviel in diesen Teufelstanz gemischt und habe keine Lust, wegen eines Stückes geschminkten Judenfleisches meine Präzeptorstelle zu verlieren oder gar aus dem Orden gestoßen zu werden. Du aber folge auch meinem Rate und gib diese Jagd nach einer wilden Gans auf und pürsche auf anderes Wild! Denke, welchen Rang du schon einnimmst und welche Zukunft dir winkt! Würdest du in deiner verkehrten Leidenschaft für Rebekka verharren, so gibst du dem Großmeister die Befugnis, dich zu verderben, und glaube mir, er wird nicht zaudern, es zu tun. Ihm ist bange um den Stab, den er in zitternden Händen hält, und er weiß, daß du die Hand danach ausstreckst.«

»Du hast recht, Malvoisin,« erwiderte Bois-Guilbert. »Ich will dem graubärtigen Eiferer keine Gewalt über mich geben. Und was Rebekka betrifft, sie hat es nicht um mich verdient, daß ich ihr Ehre und Rang hinopfere.«

»Tausend solcher Puppen mögen sterben,« sagte Albert, »ehe sich dein männlicher Schritt auf der Bahn der Ehre, die glänzend vor dir liegt, aufhalten läßt. Für jetzt müssen wir scheiden, denn man darf nicht wissen, daß wir uns im geheimen besprochen haben. Ich muß jetzt die Halle für die Gerichtssitzung herrichten.«

»So rasch?« fragte Bois-Guilbert.

»Ja,« versetzte der Präzeptor, »wenn der Richter das Urteil schon im voraus bestimmt hat, so geht der Prozeß schnell.«

Als Bois-Guilbert allein war, sprach er bei sich selber: »Rebekka, du kannst mir noch teuer zu stehen kommen. Aber noch einen Versuch zu deiner Rettung will ich anstellen, aber hüte dich, mir wieder mit Undank zu begegnen! Werde ich noch einmal zurückgewiesen, so soll meine Rache ebenso wild sein wie meine Liebe. Bois-Guilbert will nicht Leben und Ehre aufs Spiel setzen, um nur Verachtung und Vorwürfe zum Lohne zu erhalten.« –

Der Präzeptor hatte kaum die erforderlichen Weisungen erteilt, als Konrad Mont-Fitchet zu ihm kam und ihm meldete, daß nach dem Befehle des Großmeisters sofort der Jüdin der Prozeß gemacht werden sollte.

»Ein Wahn verblendet ihn,« sagte Malvoisin. »Wir haben viele jüdische Ärzte, die wunderbare Heilungen vollzogen haben, und man hat sie doch nicht für Zauberer gehalten. Sind denn hinreichende Gründe vorhanden, diese Rebekka als Hexe zu verdammen?«

»Die Gründe müssen verstärkt werden,« erwiderte Konrad. »Verstehst du mich?«

»Unter denen, die mit Bois-Guilbert hergekommen sind,« sagte Albert, »sind zwei Burschen, die ich gut kenne. Sie waren bei meinem Bruder in Dienst und kamen dann zu Front-de-Boeuf. Es ist möglich, daß sie etwas von den Zauberkünsten der Jüdin wissen.«

»Suche sie sogleich auf, und wenn sich ihr Gedächtnis durch ein paar Byzantiner auffrischen läßt, so laß es nicht daran fehlen.

»Um eine Zechine machen die Kerle ihre Mutter zu einer Hexe!«

Die gewaltige Schloßglocke hatte kaum die Mittagsstunde verkündet, da vernahm Rebekka auf der geheimen Treppe, die in ihr Gemach führte, Fußtritte. Sie hörte zu ihrer Erleichterung, daß es mehrere Männer sein müßten, denn nichts fürchtete sie so sehr, als wenn der stolze und wilde Templer allein zu ihr kam. Konrad und der Präzeptor traten herein, vier schwarz gekleidete Hellebardiere folgten ihnen. »Tochter eines verfluchten Stammes, folge uns!« sagte der Präzeptor.

»Wohin und wozu?« fragte Rebekka.

»Du hast nicht zu fragen, Mädchen, sondern zu gehorchen,« sagte Konrad. »Doch magst du wissen, daß du vor das Gericht des Großmeisters unseres heiligen Ordens kommst und Rechenschaft von deinen Sünden ablegen sollst.«

»Gelobt sei der Gott Abrahams!« rief Rebekka, die Hände faltend. »Ist auch mein Richter ein Feind meines Volkes, so klingt mir doch sein Name wie der eines Beschützers. Gern folge ich dir, nur laß mich rasch den Schleier über das Haupt breiten.« Mit feierlich gemessenen Schritten ging sie die Treppe hinab und durch einen langen Gang kamen sie in die Halle, in der der Großmeister zu Gericht sitzen wollte.

Am Ende dieses Raumes drängte sich eine Menge von Knappen und Neomen, die kaum Platz machten als Nebetta hindurchgeführt wurde. Wie sie durch das Gedränge zu ihrem Sitze schritt, ward ihr ein Blatt Papier in die Hand gedrückt. Sie nahm es an und hielt es fest, ohne nachzusehen, was es enthielt. Aber der Gedanke, in dieser Versammlung einen Freund zu haben, flößte ihr Mut ein, und sie hob den Kopf und sah sich um.

Der Gerichtshof, der über die unschuldige und Unglückliche Rebekka richten und urteilen sollte, saß auf dem erhöhten Teil der Halle, den man den Baldachin nannte, wie wir ihn bereits in Cedrics Hause geschildert haben. Auf einem erhöhten Sitz vor der Angeklagten saß der Großmeister des Ordens in weitem weißen Gewande, in der Hand den geheimnisvollen, mit den Sinnbildern des Ordens geschmückten Stab. Ihm zu Füßen stand ein Tisch, an dem zwei Schreiber saßen, die das Protokoll der Verhandlung zu führen hatten. Es waren Kaplane des Ordens, ihre schwarzen Kleider, ihre kahlen Köpfe und ihr steifes Wesen bildeten einen auffallenden Gegensatz zu dem kriegerischen Anstand der anwesenden Ritter. Vier Präzeptoren waren zur Stelle; sie saßen auf Plätzen, die ein wenig niedriger waren als der Sitz des Ordensmeisters. Die Sitze der Ritter waren wiederum niedriger als die der Präzeptoren und von diesen ebensoweit abgerückt, wie die der Präzeptoren vom Platze des Großmeisters. Hinter ihnen, aber noch immer auf dem erhabenen Teile des Raumes, standen die Knappen des Ordens in weniger vornehmen weißen Gewändern. Die ganze Versammlung machte einen sehr würdevollen Eindruck. Die Haltung der Ritter offenbarte neben dem militärischen Aussehen jene Feierlichkeit, die dem geistlichen Stande zukommt und die in Gegenwart des Großmeisters auf jeder Stirne thronte. Der niedriger gelegene Teil der Halle war voller Wachen und anderen Volkes, das die Schaulust hergetrieben hatte, um auf einen Blick einen Großmeister und eine jüdische Zauberin zu sehen. Größtenteils gehörten diese Leute in der oder jener Eigenschaft zum Orden und trugen daher schwarze Kleider, aber es waren auch Bauern der Umgegend da, denn es war Beaumanoirs Stolz, dieses Schauspiel so weit wie möglich vor der großen Öffentlichteit vollzogen zu sehen. Seine großen blauen Augen schienen sich zu erweitern, als er die Versammlung überschaute, und über dem Bewußtsein seiner Würde und über der Einbildung, daß er im Begriffe stehe, ein höchst verdienstvolles Werk zu tun, nahm sein Antlitz eine noch feierlichere Erhabenheit an, und mit einer tiefen weichen Stimme, deren Kraft im Alter noch nicht verloren hatte, stimmte er jenen Psalm an, den die Templer schon so oft gesungen hatten, ehe sie zum Kampfe mit irdischen Feinden gezogen waren. Hundert, im Chorgesang geübte Männerkehlen stimmten ein, und die langgehaltenen Töne schlugen an die gewölbte Decke der Halle und zogen zwischen den Pfeilern hin wie das donnernde und doch feierliche Rauschen eines gewaltigen Stromes.