Выбрать главу

»Ein Traum ist das!« versetzte Rebekka.– »Ein Trugbild der Nacht! – Gewänne es Wirklichkeit, es könnte mich nicht locken! – Nimmer würde ich die Macht, die Ihr errungen hättet, mit Euch teilen!«

»Nimmer, Rebekka?« rief der Templer. »Wohlan! Versagst du mir die Liebe, so bleibt der Ehrgeiz mein! Beiden will ich nicht entsagen!«

»So sei Gott mir gnädig, denn menschliche Hilfe scheint nicht zu erhoffen,« sprach die Jüdin.

»So ist es,« erwiderte der Ritter. »Du bist stolz, aber an mir hast du darin einen dir Ebenbürtigen gefunden. Wenn ich mit gefällter Lanze in die Schranken reite, dann hält mich keine menschliche Rücksicht mehr ab, meine ganze Kraft zu zeigen. Dann denke an dein Schicksal – an den gräßlichen Tod, wie ihn nur die ärgsten Verbrecher gestorben sind. Verzehrt von den Flammen auf dem brennenden Holzstoße – verstreut die Asche in alle Winde – kein Stücklein bleibt zurück von dem holden Bilde, das einst lebte und sich regte! – Rebekka! Diese Vorstellungen vermag kein Weib zu ertragen – du mußt meinen Vorschlag annehmen!«

»Bois-Guilbert,« antwortete die Jüdin, »Ihr kennt das Herz des Weibes nicht, oder Ihr habt nur solche kennen gelernt, die ihre besseren Empfindungen verloren haben. Ich sage Euch, stolzer Templer, in Euern wildesten Schlachten habt Ihr nicht mehr Mut gezeigt, als das Weib offenbart, wenn es um Pflicht oder Liebe leiden muß. Ich bin ein Weib, verwöhnt und verzärtelt, und scheue die Gefahr und bin empfindlich gegen jeden Schmerz – aber wenn wir beide in die Schranken treten, du, um zu kämpfen, ich, um zu leiden – so sagt es mir ein fester Glaube: mein Mut wird den deinen überflügeln! – Lebe wohl! Ich verliere keines weiteren Wortes an Euch, die Zeit, die auf Erden noch der Tochter Jakobs vergönnt ist, muß anders verbracht werden. Sie muß den Tröster suchen, der zwar sein Antlitz von ihrem Volke abgewendet hat, der aber doch noch immer denen Gehör schenkt, die aufrichtig und wahrhaftig zu ihm beten.«

»So scheiden wir denn,« sagte Bois-Guilbert. »Wollte Gott, wir hätten einander nie getroffen, oder du wärst christlichen Glaubens oder edler Herkunft.«

»Die Fürsten Judas sind nicht mehr; niedergetreten sind sie wie abgemähtes Gras und vermischt mit dem Staube des Weges. Aber,« rief Rebekka, »es gibt noch viele unter den Juden, die ihren hohen Ahnen keine Schande machen, und zu denen soll die Tochter Isaaks gezählt werden. Fahret wohl! Ich beneide Euch nicht um Euern blutigen Ruhm, noch um Eure barbarische Abkunft von den Heiden des Nordens, noch um Euern Glauben, der immer auf Euern Lippen ist, doch nie in Euern Handlungen und Euerm Herzen wohnt!«

»Beim Himmel! Mich hält ein Zauber fest!« sprach Bois-Guilbert. »Schönes Wesen, so jung, so liebreizend, so ohne Todesfurcht, und doch verurteilt, in Schmach und Marter zu sterben! Wer sollte nicht um dich weinen! Die Träne, seit zwanzig Jahren meinem Auge fremd, jetzt rinnt sie, indem ich dich ansehe! Allein es muß sein! Nichts kann dein Leben retten. Du und ich, wir sind beide Werkzeuge eines unerbittlichen, unwiderstehlichen Schicksals, das uns mit sich reißt, wie zwei vortreffliche Schiffe im Sturm gegeneinanderstoßen und so untergehen. Vergib mir und laß uns wenigstens als Freunde scheiden. Vergebens habe ich deinen Entschluß bestürmt, und auch der meine steht so fest, wie die diamantenen Tafeln des Geschickes.«

»So legen die Menschen die Folgen ihrer wilden Leidenschaften dem Schicksal zur Last,« erwiderte Rebekka. »Doch ich vergebe dir, Bois-Guilbert, bist du gleich schuld an meinem frühen Tode – ich vergebe dir so bereitwillig, wie je das Schlachtopfer dem Henker vergab. Edle Gedanken schweben über deinem Gemüt, aber deine Seele gleicht dem Garten eines trägen Gärtners, Unkraut ist hoch aufgewuchert, und keine echte Blüte kann sich mehr entfalten.«

»Ja, ich bin, wie du mich geschildert hast, stolz, ungezügelt und wild. Diese Geistesstärke habe ich mir inmitten einer Schar von blöden Toren und listigen Heuchlern bewahrt, und so habe ich mich über sie emporgeschwungen. Von Jugend auf war ich ein Kind der Schlacht – hoch fliegen meine Pläne, unbeugsam und starrsinnig verfolge ich sie – so muß ich auch bleiben – stolz, unerschütterlich, unbeugsam und nimmer wankend! – Das will ich der Welt beweisen. – Lebe wohl!«

Und er ging hinaus.

Dreiundreißigstes Kapitel

Als sich der schwarze Ritter von den großmütigen Geächteten verabschiedet hatte, ritt er geradewegs nach einem kleinen, nicht fernen Kloster, Sankt Botolph genannt, wohin Gurth und Wamba nach dem Fall von Torquilstone den verwundeten Ivanhoe gebracht hatten. Was in der Zwischenzeit Wilfried und sein Befreier begannen, braucht nicht berichtet zu werden, es genügt die kurze Bemerkung, daß nach langen ernsthaften Beratungen mehrere Boten in verschiedenen Richtungen das Kloster verließen und daß sich am Morgen nach seiner Ankunft der schwarze Ritter schon wieder anschickte, in Wambas Gesellschaft, der ihm als Begleiter dienen sollte, seine Reise anzutreten.

»Wir wollen nach Conningsburgh,« sagte er, »dort wollen wir uns treffen. Dein Vater Cedric feiert dort das Leichenbegängnis seines edeln Vetters Athelstane. Ich finde dort deine edle sächsische Anverwandtschaft beieinander, Wilfried, und will sie besser kennen lernen als bisher. Dort sollst du mich aufsuchen und dich dann mit deinem Vater versöhnen.« Mit diesen Worten nahm er herzlich Abschied von Ivanhoe, der ihm die Hand küßte und ihm lange nachschaute.

Kurz nach der Morgenandacht begehrte Ivanhoe den Prior des Klosters zu sprechen. Der alte Mann kam eilig herbei und fragte besorgt nach Wilfrieds Befinden. »Es geht besser,« antwortete Ivanhoe, »als ich selber gehofft habe. Der Balsam hat Wunder getan. Fast ist mir, als könnte ich schon meine Rüstung tragen, und um so besser, denn die Gedanken, die mir das Herz bewegen, machen mir eine längere Untätigkeit zur unerträglichen Qual.«

»Davor sei Gott,« erwiderte der Priester, »daß der Sohn Cedrics des Sachsen dieses Kloster eher verlasse, als bis seine Wunden geheilt sind.«

»Ich würde auch kein Verlangen danach tragen, Euer gastfreundliches Dach zu verlassen, wenn ich mich nicht stark genug dazu fühlte und wenn es mich nicht triebe...«

»Und was kann Euch zu so schneller Abreise treiben?« fragte der Prior.

»Habt Ihr nie, ehrwürdiger Vater,« entgegnete Ivanhoe, »eine Ahnung nahenden Ungemachs verspürt, für die Ihr keinen Grund finden konntet? Ist nie Euer Gemüt verdüstert worden, wie die sonnige Landschaft von einer Wolke, die mit einem Gewitter drohte? – Meint Ihr nicht, daß man auf solche Antriebe achten soll wie auf den Wink eines Schutzgeistes bei bevorstehenden Gefahren?«

»Das will ich nicht bestreiten,« versetzte der Priester, indem er sich bekreuzte, »solche Ahnungen kamen und kommen vom Himmel, aber dann haben sie einen offenkundig guten Zweck. Ihr jedoch seid verwundet. Was soll es für Zweck haben, daß Ihr den Fußstapfen dessen folgt, dem Ihr doch nicht helfen könntet?«

»Ich bin stark genug,« erwiderte Ivanhoe. »Ich bitte Euch, gebt mir ein Pferd, das leichter geht, als mein Streitroß.«

Der Prior erfüllte seine Bitte und bald darauf schwang sich Ivanhoe in den Sattel und folgte, begleitet von seinem Knappen Gurth, der Spur des schwarzen Ritters in den Wald hinein.

Unterdessen zog der schwarze Ritter mit dem Narren Wamba seine Straße durch das Dickicht des Forstes, zuweilen sangen sie ein Lied, zuweilen plauderten sie lustig miteinander. So waren sie ein gutes Stück fürbaß geritten, da drängte sich Wamba, der schon ein Weilchen in das Gebüsch zu beiden Seiten des Weges hineingespäht hatte, plötzlich dichter an den Ritter heran und fragte: