Выбрать главу

»Was würdet Ihr wohl tun, wenn uns 'n paar Kerle von Malvoisins Soldaten begegneten?«

»Wenn sie uns ein Hindernis in den Weg legten,« erwiderte der schwarze Ritter, »so wollte ich sie mit meiner Lanze an den Boden festnageln.«

»Und wenn es ihrer nu vier wären?«

»So täte ich dasselbe. Alle sollten sie daran glauben.«

»Und wenn sie ihrer nu sechs wären?« fuhr Wamba fort, »während wir bloß zwei sind. Würdet Ihr nicht in Locksleys Horn stoßen?«

»Ich sollte um Hilfe rufen?« rief der schwarze Ritter aus. »Nicht gegen ein ganzes Dutzend solchen Gesindels, das ein guter Ritter vor sich hertreiben kann wie der Wind die dürren Blätter.«

»Ei nu, so laßt mich doch mal das Horn näher betrachten,« sagte der Narr. »Es hat nen mächtigen Atem.«

Der Ritter nahm es ab und gab es seinem Gefährten, der es sich um den Hals hängte. »Tralala!« summte er. »Ich kann es so gut wie jeder andere.«

»Was soll das heißen, Schelm?« rief der Ritter. »Gib mir das Horn wieder.«

»Gemach, Herr Ritter,« antwortete Wamba. »Wenn Tapferkeit und Narrheit miteinanderreisen, so muß die Narrheit das Horn tragen, weil sie am besten blasen kann. Und da nu die Narrheit das Horn hat, so mag sich die Tapferkeit erheben und die Mähne schütteln, denn wenn ich mich nicht irre, so steckt da im Dickicht eine Bande, die uns auflauert.«

»Warum glaubst du das?« fragte der Ritter.

»Schon 'n paarmal habe ich eine Sturmhaube durch das Grün schimmern sehen. Wärens ehrliche Leute, so hielten sie sich auf geradem Wege.«

»Meiner Treu,« sagte der Ritter, »ich glaube, du hast recht.«

Im selben Augenblick flogen ihm aus dem verdächtigen Dickicht drei Pfeile gegen Haupt und Brust, von denen ihm einer gewiß ins Gehirn gedrungen wäre, hätte ihn nicht sein Visier aufgehalten. Die beiden anderen prallten an seinem Brustharnisch ab und an dem Schild, den er um den Nacken trug. Etwa ein halbes Dutzend Bewaffneter rannte ihm entgegen. Drei Lanzen trafen ihn und zersplitterten wie an einem Turm von Stahl. Selbst durch die Öffnung des Visiers sprühten die Augen des schwarzen Ritters Feuer. Mit unbeschreiblicher Majestät erhob er sich im Sattel und rief: »Was soll das heißen, Ihr Burschen?«

Die Männer antworteten ihm nicht, sie griffen ihn von allen Seiten an mit dem Rufe: »Stirb, Tyrann!«

»Ha! heiliger Georg! Ha! heiliger Eduard!« rief der schwarze Ritter und streckte mit jedem Ruf einen Mann zu Boden. »Haben wir hier Verräter?«

So tollkühn auch die Angreifer waren, sie wichen doch vor dem Arme zurück, der mit jedem Streiche den Tod gab, und schon schien es, als würde das Entsetzen, das von diesem einzigen ausging, den Sieg über alle diese Buben davontragen, da stürzte ein Ritter in blauer Rüstung, der sich bisher zurückgehalten hatte, mit der Lanze hervor und zielte nicht nach dem Ritter, sondern nach seinem Pferde, das edle Tier tödlich verwundend.

»Das war ein Schurkenstück!« rief der schwarze Ritter, als das Roß stürzte und seinen Reiter mit sich riß. An diesem Augenblick stieß Wamba laut ins Horn, denn der Überfall war bisher so blitzschnell verlaufen, daß er bis jetzt nicht Zeit dazu gefunden hatte.

Der unerwartete Schall jagte den Mördern einen solchen Schreck ein, daß sie noch einmal zurückwichen, indes Wamba trotz seiner unvollkommenen Bewaffnung ohne Zaudern dem Ritter auf die Beine half.

»Schämt Euch, ihr feigen Memmen!« rief der blaue Ritter aus. »Reißt Ihr schon vor dem leeren Schall eines Hornes aus, das ein Narr bläst?«

Von neuem fielen sie den Ritter an, dem nun nichts weiter übrig blieb, als sich mit dem Rücken an einen Baum zu lehnen und sich mit dem Schwerte zu verteidigen.

Der blaue Ritter wartete einen Augenblick ab, wo sein Gegner hart bedrängt war, und galoppierte heran, um ihn mit der Lanze an den Baum zu nageln. Aber Wamba vereitelte sein Vorhaben. Durch Gewandtheit ersetzte der Narr, was ihm an Kraft fehlte, und da die Bande es auf den schwarzen Ritter abgesehen hatte, so wurde der Narr fast gar nicht beachtet. Er hielt nun den drohenden Ansturm des blauen Ritters ab, indem er dessen Pferde mit seinem krummen Säbel die Knie zerschnitt. Roß und Reiter stürzten, dennoch war der Schwarze in der größten Bedrängnis, da ihm mehrere bis an die Zähne bewaffnete Kerle hart zusetzten und ihn die Kräfte zu verlassen drohten. Da streckte plötzlich ein Pfeil mit den Federn einer wilden Gans den furchtbarsten der Angreifer zu Boden. Gleichzeitig brach, von Locksley und dem lustigen Mönch geführt, eine Schar Yeomen aus dem Walde hervor, und binnen kurzem waren die Feinde vernichtet und lagen teils tot, teils verwundet am Boden. Der schwarze Ritter dankte seinen Helfern mit einer Hoheit, die sie in seinem Wesen bisher nicht gefunden hatten.

»Es liegt mir viel daran,« sagte er dann, zu wissen, wer meine unberufenen Feinde sind. »Wamba, öffne dem blauen Ritter das Visier. Er scheint der Anführer zu sein.«

Wamba tat, wie ihm geheißen, und der schwarze Ritter sah graue Locken und ein Antlitz, das er nicht unter solchen Umständen zu schauen erwartet hatte. »Waldemar Fitzurse!« rief er. »Was hat einen Mann Euern Ranges – was hat Euch, der Ihr Euch sonst so würdig betruget, zu einer so schändlichen Tat bewegen können? – Tretet beiseite, Ihr Herren, ich muß allein mit diesem Manne reden. – Nun, Waldemar Fitzurse, sprecht die Wahrheit! Wer hat Euch zu dieser verräterischen Tat abgesandt?«

»Euers Vaters Sohn,« antwortete Waldemar, »der damit Euern Ungehorsam gegen Euern Vater hat strafen wollen.«

Richards Augen glühten vor Zorn, aber seine bessere Natur gewann die Oberhand, er drückte die Hand gegen seine Stirn und sah einen Augenblick dem am Boden liegenden Baron ins Gesicht, darin Beschämung und Stolz miteinander rangen.

»Fleht Ihr nicht um Euer Leben, Waldemar?« fragte der König.

»Wer im Rachen des Löwen liegt, weiß, daß es umsonst ist,« antwortete Fitzurse.

»So nehmt es unerfleht,« sagte Richard. »Der Löwe nährt sich nicht von vorgeworfenen Kadavern. Nehmt Euer Leben, jedoch unter der Bedingung, daß Ihr in drei Tagen England verlaßt und Eure Schande in Euerm normännischen Schlosse verbergt, auch nie den Namen Johann von Anjou im Verein mit Eurer Freveltat nennt. Werdet Ihr nach der angegebenen Frist noch in England betroffen, so sterbt Ihr. Wenn Ihr das Geringste gegen die Ehre meines Hauses äußert, dann beim heiligen Georg! der Altar selber soll Euch keine Zuflucht gewähren! An den Zinnen Euers eigenen Schlosses laß ich Euch den Raben zum Fraße aufhängen! – Gebt dem Ritter da ein Pferd, Locksley, denn wie ich sehe, haben Eure Yeomen die ledig herumlaufenden Tiere eingefangen – und laßt ihn ungehindert von dannen reiten!«

»Wenn ich nicht Eurer Stimme gehorchen müßte,« erwiderte der Yeoman, »so würde ich dem Schurken einen Pfeil nachsenden, der ihm eine weite Reise ersparen sollte.«

»In deiner Brust schlägt ein englisches Herz,« sagte der schwarze Ritter, »und du hast recht, wenn du fühlst, daß du mir gehorchen mußt. – Ich bin Richard von England.«

Diese Worte waren mit einer Hoheit gesprochen, die dem hervorragenden Charakter des Löwenherzigen entsprach. Die Yeomen fielen vor ihm nieder, brachten ihm ihre Huldigung dar und baten um Vergebung ihrer kühnen Taten.

»Steht auf, meine Freunde,« sprach Richard in gnädigem Tone, »was Ihr in Forst und Flur Böses getan haben mögt, Ihr habt es wieder gut gemacht durch die treuen Dienste, die Ihr meinen bedrängten Untertanen vor den Mauern von Torquilstone geleistet habt, und durch die Hilfe, die Ihr heute Euerm Monarchen gebracht habt. Steht auf, meine Untertanen, und seid in Zukunft brave Leute. Und Ihr, Locksley ...«

»Nennt mich nicht mehr Locksley, sondern lernt mich, mein Fürst, bei meinem wahren Namen kennen, den, wie ich fürchte, das Gerücht nur zu weit verbreitet hat. Ich bin Robin Hood vom Sherwoodswalde.«

»König der Geächteten und Fürst guter Gesellen,« sprach der König. »Wer sollte einen Namen nicht kennen, der selbst bis nach Palästina gedrungen ist? Doch sei getrost, guter Robin, was auch in den unruhigen Zeiten, die unsere Abwesenheit hervorgerufen hat, verübt worden sein mag, keine Tat soll dir von mir zu Ungunsten ausgelegt werden.«