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»Das Sprichwort bewahrheitet sich,« mischte sich Wamba ins Gespräch, wenn auch ein wenig schüchterner als sonst. »Wenn die Katz weg ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch rum.«

»Ei, Wamba,« sagte Richard, »bist du auch noch da? Lange habe ich deine Stimme nicht gehört, schon glaubte ich, du hättest Reißaus genommen.«

»Ich und Reißaus nehmen?« erwiderte der Narr. »Da liegt die Trophäe meines Schwertes, das gute Pferd, dem ich gern wieder auf die Beine hölfe, wenn ich statt seiner seinen Herrn hinlegen könnte. Freilich, im Anfang wich ich zurück, weil ein Narrenwams einen Lanzenstich nicht so gut abhält wie ein Harnisch von Stahl. Aber wenn ich auch nicht viel gefochten hab, so hab ich doch desto besser geblasen.«

»Und zu gutem Zwecke, wackerer Wamba!« sagte der König. »Dein guter Dienst soll dir nicht vergessen werden.«

»Confiteor, confiteor!« rief eine Stimme dicht beim König. »Mein Latein reicht nicht weiter, ich bekenne meinen Hochverrat und bitte um Verzeihung, ehe ich zum Tode geführt werde.«

Richard sah sich um und erblickte den lustigen Mönch, der ihm zu Füßen lag und seinen Rosenkranz betete, während sein Streitknüttel, der im Gefecht nicht müßig gewesen war, neben ihm am Boden lag. Sein Gesicht hatte den Ausdruck tiefster Zerknirschung angenommen, aber in diesen Schein demütigster Reue mischte sich ein Zug von Spott, der nur zu deutlich verriet, daß seine Furcht und seine Reue erheuchelt waren.

»Warum so trostlos, toller Priester?« fragte Richard. »Fürchtest du, dein Diöcesar könnte erfahren, wie treu du dem heiligen Dunstan und der heiligen Jungfrau dienst? Richard von England verrät keine Geheimnisse, die über der Flasche ausgeplaudert wurden.«

»Das ist es nicht, mein gnädiger Monarch,« versetzte der Eremit, der in den Sagen von Robin Hood unter dem Namen des Bruders Tuck bekannt ist. »Nicht den Krummstab fürchte ich, sondern das Zepter, weil meine verwegene Hand das Ohr des Gesalbten des Herrn berührt hat.«

»Hahaha!« lachte Richard. »Daher weht der Wind. – den Puff hätte ich vergessen, wenngleich mir das Ohr einen ganzen Tag danach gesaust hat. Aber wenn der Schlag gut gegeben wurde, so wurde er auch gut erwidert, oder wenn du glaubst, daß ich dir etwas noch schuldig bin, so kannst du noch einen Faustschlag bekommen.«

»Nein, nein!« rief Bruder Tuck. – »Ich habe ihn mit Wucher zurückerhalten. Möchte Eure Majestät alle Schuldner so gut bezahlen.«

»Könnte ich es mit Faustschlägen,« sagte Richard, »so sollten sie nicht über eine leere Schatzkammer klagen. Doch sprich, mein ehrlicher Mönch, wäre es nicht viel besser, für die Kirche und für dich selber, ich erlaubte dir, die Kutte auszuziehen und in meine Garde als Yeoman einzutreten?«

»Mein König,« versetzte der Mönch, »ich danke Euch untertänigst, aber Ihr würdet meine Entschuldigung gelten lassen, wenn Ihr wüßtet, wie sehr mir das Laster der Faulheit in den Gliedern steckt. Der heilige Dunstan – sei er uns gnädig – steht ruhig in seiner Zelle, wenn ich auch zuweilen über der Pürsch auf einen feisten Rehbock ganz vergesse, ihm seine Abendandacht darzubringen. Manchmal komme ich über Nacht auch gar nicht nach Hause, und Sankt Dunstan zieht nie ein schiefes Gesicht darüber, er ist ein so ruhiger und friedlicher Herr, wie nur je einer aus Holz geschnitzt wurde. Wäre ich nun aber als Yeoman bei meinem König, so wäre zwar die Ehre groß, sehr groß, aber wenn ich einmal abseits ginge, um eine Witwe zu trösten oder um ein Wild zu schießen, so hieß es gleich: wo steckt der Hund von einem Priester? wo treibt sich der verwünschte Tuck herum? – Mein guter König, ich bitte Euch, laßt mich, wo Ihr mich gefunden habt, oder so Ihr Eure Mildtätigkeit bis auf mich erstrecken wollt, so seht mich an als den armen Mönch von Copmanhurst, der eine kleine Gabe mit Dank annehmen wird.«

»Ich verstehe dich,« antwortete der König. »Es soll dem heiligen Mönch verstattet sein, in jeder Jagdzeit drei Böcke zu schießen, und wenn dir dies,« setzte er hinzu, »nicht eine Entschuldigung gibt, ihrer dreißig zu schießen, so bin ich kein christlicher Ritter und König.«

»Euer Majestät mag versichert sein,« erwiderte der Mönch, »mit der Gunst des heiligen Dunstan will ich schon Mittel und Wege finden, Eure gütige Gabe zu vervielfachen.«

»Daran zweifle ich nicht, guter Bruder,« versetzte der König. »Und da Wildbret eine trockene Speise ist, so soll dir unser Kellermeister jährlich ein Faß Malvoisir, eine Butte Sekt und drei Oxhoft vom besten Biere senden – wenn damit dein Durst noch nicht gestillt ist, so muht du an unsern Hof kommen und dich mit unserem Mundschenk bekannt machen.«

»Und was bekommt der heilige Dunstan?«

»Eine Kappe, eine Stola und ein Altartuch. Doch wir dürfen unsern Scherz nicht zu weit treiben, sonst möchte Gott uns dafür strafen, daß wir mehr an unsere Narrheiten gedacht haben, statt ihm zu dienen und ihm Ehre anzutun.«

Der Mönch verneigte sich tief und zog sich zurück.

Gleichzeitig erschienen zwei neue Ankömmlinge auf dem Schauplatz.

Vierunddreißigstes Kapitel

Die neuen Ankömmlinge waren Wilfried von Ivanhoe auf dem Klepper des Priors von Botolph und Gurth, der ihm auf des Ritters eignem Streitrosse folgte. Ivanhoes Erstaunen war ohne Grenzen, als er seinen Herrn mit Blut bespritzt und sechs oder sieben blutige Leichname auf dem kleinen Grasplatze liegen sah, wo das Gefecht stattgefunden hatte; nicht weniger wunderte er sich darüber, daß den König viele Waldgesellen umgaben, die Geächtete zu sein schienen, und darum ein gefährliches Gefolge für einen Fürsten waren. Er wußte nicht, ob er den König als den irrenden schwarzen Ritter anreden sollte, oder nicht. Richard bemerkte seine Verlegenheit.

»Fürchte nichts, Wilfried,« sprach er, »wenn du Richard Plantagenet als solchen anredest; du findest ihn in der Gesellschaft treuer englischer Herzen, obgleich sie hier warmes englisches Blut vergossen haben.«

»Herr Wilfried von Ivanhoe,« sprach der tapfere Hauptmann, »meine Versicherungen können der unsers Königs nicht mehr Gewicht geben, indessen kann ich wohl mit dem Stolz der Menschen, die viel gelitten haben, sagen, daß er keine treueren Untertanen hat, wie die, so jetzt um ihn stehen.«

»Ich zweifle nicht daran, tapfrer Mann,« erwiderte Wilfried, »weil du darunter bist. Doch was bedeuten diese Spuren von Tod und Gefahr, die Erschlagenen und die blutige Rüstung meines Königs?«

»Das war Verrat, Ivanhoe,« sprach Richard: »doch, Dank sei den braven Männern, er hat seinen Lohn gefunden. Aber jetzt fällt mir ein, daß du selbst ein Verräter bist, ein sehr ungehorsamer Verräter,« fuhr er lächelnd fort; »denn lautete nicht Unser ausdrücklicher Befehl, daß du in St. Botolphs Abtei bleiben solltest, bis deine Wunde völlig geheilt?«

»Sie ist geheilt,« sagte Ivanhoe; »und nur noch unbedeutend, wie der Stich einer Haarnadel. Aber, mein edler Fürst, warum ängstigt Ihr die Herzen Eurer treuen Untertanen, indem Ihr Euer Leben auf einsamen Reisen und wilden Abenteuern aussetzt, als hätte es nicht mehr Wert, als das eines irrenden Ritters, der auf Erden nichts hat, wie Lanze und Schwert?«

»Richard Plantagenet,« antwortete der König, »begehrt nicht mehr Ruhm, als ihm seine gute Lanze und sein Schwert verschaffen können, und ist stolzer auf ein Abenteuer, das er mit seinem guten Arm und seinem guten Schwert bestanden hat, als auf ein Heer von Hunderttausenden, das er zur Schlacht führt.«

»Aber Euer Königreich, Herr,« sprach Ivanhoe, »dem Bürgerkrieg und Auflösung drohen, Eure Untertanen, die jedem Unglück preisgegeben sind, wenn sie ihren König in solchen Gefahren verlieren, in die Ihr Euch täglich zu Euerm Vergnügen stürzt, und denen Ihr eben mit Not entkommen seid.«